2.1.1 Finanzbehörde

 

Rz. 2

Zu beteiligen ist die nach §§ 387390 AO sachlich und örtlich zuständige Finanzbehörde i. S. v. § 386 Abs. 1 AO, die das Ermittlungsverfahren selbstständig durchgeführt und abgeschlossen hat.[1] Hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren geführt, so ist zu beteiligen die "sonst zuständige" Finanzbehörde i. S. v. § 402 Abs. 1 AO, die Trägerin der im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren bestehenden Beteiligungsrechte[2] ist.

Die Steuer- bzw. Zollfahndung[3] hat dagegen kein besonderes Beteiligungsrecht im gerichtlichen Steuerstrafverfahren[4], ihre Amtsträger kommen aber als Zeugen in Betracht.[5]

Eine Vernehmung als Sachverständige scheidet dagegen grundsätzlich aus, da das Gericht das Recht selbst anzuwenden hat.[6]

 

Rz. 2a

Die Finanzbehörde hat die gesetzlich eingeräumten Rechte als Organ der Rechtspflege auszuüben. Das Beteiligungsrecht besteht kraft Gesetzes. Das Gericht hat die Rechtspflicht, die Beteiligung zu ermöglichen. Ihm ist insoweit kein Ermessensspielraum eingeräumt.[7] Auf die Auswahl des die Rechtsstellung ausübenden Amtsträgers hat weder die Staatsanwaltschaft noch das Gericht Einfluss. Seine Bestimmung erfolgt im Rahmen der Organisationsgewalt der Finanzbehörde. Er braucht keine Befähigung zum Richteramt zu haben, es kann sich also um einen Vertreter des gehobenen Dienstes handeln.[8]

 

Rz. 2b

Für die Auslegung des § 407 AO und damit der Gestaltung der finanzbehördlichen Rechtsstellung im strafgerichtlichen Verfahren ist zu beachten, dass die Finanzbehörde ursprünglich Nebenkläger[9] im Verfahren war[10] und nach den Entwürfen diese Stellung behalten sollte.[11] Allerdings verfügt die Finanzbehörde nach dem aktuellen Strafprozessrecht nicht über die für einen Nebenkläger üblichen Rechte. Daher ist sie als Nebenbeteiligte eigener Art zu betrachten.[12] Damit gelten für sie nicht die besonderen strafprozessualen Rechte des Nebenklägers aus der StPO. Vielmehr sind für die Finanzbehörde die besonderen Regelungen der AO anwendbar, sowie die allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren i. S. d. § 385 Abs. 1 AO.

§ 397 StPO kann für die Inhaltsbestimmung grundsätzlich insoweit entsprechend angewendet werden mit dem Unterschied, dass

  • die Finanzbehörde kein Antragsrecht hat. Sie hat lediglich die Befugnis, Anregungen und Empfehlungen zu geben sowie Bedenken zu äußern.
  • die Finanzbehörde kein Rechtsmittel einlegen kann.

Hierfür ist allein die Staatsanwaltschaft zuständig.

 

Rz. 2c

Die Finanzbehörde hat ein gesetzliches Mitwirkungsrecht. Die Finanzbehörde hat nach der AO keine Pflicht zur Beteiligung.[13] Weder das Gericht noch der Angeschuldigte bzw. Angeklagte haben einen Rechtsanspruch darauf, dass sich die Finanzbehörde beteiligt. Umgekehrt besteht kein Anspruch des Angeklagten – oder eines Nebenbeteiligten – auf Ausschließung des Vertreters der Finanzbehörde wegen der Besorgnis der Befangenheit.[14] Ein solcher wird auch nicht durch behördeninterne Anweisungen begründet. In der Folge begründet die Abwesenheit eines Vertreters der Finanzbehörde, sofern ihm die Beteiligung ermöglicht worden ist, in der Hauptverhandlung keinen Revisionsgrund.

 

Rz. 2d

Der Amtsträger der Finanzbehörde kann auch als Zeuge durch das Gericht vernommen werden. Hier gilt grundsätzlich die gleiche Rechtslage wie für den Staatsanwalt.[15] Das dienstliche Anwesenheitsrecht hindert seine Ausschließung als Zeuge. Da für die Finanzbehörde nach der AO aber keine Anwesenheitspflicht besteht, muss während der Vernehmung des Amtsträgers allerdings kein zweiter Sitzungsvertreter der Finanzbehörde anwesend sein.[16] Hält das Gericht im Hinblick auf die Zeugenstellung die dauernde Anwesenheit des Amtsträgers bei der Verhandlung für nicht zweckdienlich, muss es einvernehmlich mit der Finanzbehörde eine abweichende Vertretungsregelung erwirken.[17]

Die Vernehmung des Vertreters der Finanzbehörde als Zeuge darf, ebenso wie die Vernehmung von Bediensteten der Fahndung, nur dessen tatsächliche Wahrnehmungen betreffen. Insoweit ergeben sich keine Besonderheiten im Vergleich zu den allgemeinen Regeln bei der Vernehmung von Zeugen.[18] Insbesondere ist der Vertreter der Finanzbehörde kein Sachverständiger, soweit die steuerrechtliche Einschätzung des Falls betroffen ist, noch soll er eine steuerstrafrechtliche Würdigung vornehmen. Die rechtliche Würdigung des Falls, sowohl in steuerlicher als auch in steuerstrafrechtlicher Hinsicht, obliegt allein dem entscheidenden Gericht.[19] Werden Bedienstete der Fahndung vernommen, ist dies ebenfalls zulässig, soweit die Befragung dem Ergebnis der tatsächlichen Feststellungen dient.[20] Gleiches gilt für die in der Praxis häufige Vernehmung von Bediensteten der Betriebsprüfung. Das Ergebnis der Befragung muss durch den Tatrichter in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vollständig eigenständig geprüft und das Ergebnis nachvollziehbar im Urteil dargelegt werden.[21] Eine reine Bezugnahme im Urteil auf den Fahndungsbericht oder das steuerliche Ergebnis der Betriebsprüfung reicht nicht aus.[22]

 

Rz. 2e

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