Rz. 25

Der Durchsuchungsbeschluss berechtigt die Fahndung zum Betreten der im Beschluss genannten Räumlichkeiten sowie zur Suche nach für den Beweisvorwurf erheblichem Material. Zu Beginn der Durchsuchung ist dem Betroffenen eine Ausfertigung des Beschlusses zu überlassen.[1] Wird anstelle des Beschuldigten eine andere Person angetroffen oder handelt es sich um eine Durchsuchung bei einem Dritten, so erhält dieser ebenfalls einen Beschluss. Dieser muss trotz § 30 AO die vollständige Begründung enthalten, da spätestens bei einer gerichtlichen Kontrolle der Durchsuchung eine Auseinandersetzung der Beschwerdeinstanz mit der Frage erfolgen muss, ob die Durchsuchungsanordnung die Grundrechte des Betroffenen in zureichender Weise beachtet hat.[2] Der Betroffene (auch der Beschuldigte als Gewahrsamsinhaber) hat während der Durchsuchung ein Anwesenheitsrecht.[3] Versucht er, dieses zu missbrauchen, indem er die Maßnahmen behindert, kann er bis zu deren Abschluss als Störer vorübergehend festgenommen werden, § 164 StPO. Verteidiger und Steuerberater haben zwar grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf Anwesenheit. Ihre Anwesenheit trägt aber nicht selten zur Deeskalation der Durchsuchungssituation bei und sollte nur unter den Voraussetzungen des § 164 StPO unterbunden werden. Eine allgemeine Telefonsperre besteht während der Durchsuchung nicht.[4] Insbesondere dem Beschuldigten muss gestattet werden, einen Verteidiger anzurufen.[5] Eine Telefonbenutzung zwecks Verdunkelungshandlungen kann aber nach § 164 StPO unterbunden werden. Die Praxis von Durchsuchungsbeamten, die Vermittlung herzustellen und den Beschuldigten nicht allein telefonieren zu lassen, ist nicht zu beanstanden. Allerdings muss der Beschuldigte bei einem Telefonat mit einem Verteidiger die Gelegenheit erhalten, dies ungehört von der Fahndung durchzuführen.[6] Als Durchsuchungszeugen sind, soweit nicht der Ermittlungsrichter oder ein Staatsanwalt (bei selbstständigem Verfahren der Finanzbehörde ein Beamter der Bußgeld- und Strafsachenstelle) an der Durchsuchung teilnimmt, ein Gemeindebeamter oder zwei Gemeindemitglieder hinzuzuziehen, § 105 Abs. 2 StPO. Der Beschuldigte kann allerdings auf die Hinzuziehung von Zeugen verzichten.[7] Dies ist jedoch in der Regel untunlich, da die Zeugen im Nachhinein auch die Rechtmäßigkeit der Diensthandlungen bestätigen und damit zur Aufklärung späterer Vorwürfe beitragen können.[8] Nach überwiegender Ansicht ist § 105 Abs. 2 StPO keine bloße Ordnungsvorschrift, sondern wesentliche Förmlichkeit der Durchsuchung.[9] Bei einem Verstoß gegen § 105 Abs. 2 StPO ist damit die Durchsuchung rechtswidrig; ein Verwertungsverbot für die bei einer solchen Durchsuchung beschlagnahmten Beweismittel besteht jedoch nicht.[10] Die Durchsuchung wird mit dem vorbehaltlosen Verlassen des Durchsuchungsorts beendet, der Durchsuchungsbeschluss verbraucht sich insoweit. Eine weitere Durchsuchung erfordert eine erneute Anordnung. Unter der Voraussetzung, dass ein bestimmtes Beweismittel nur durch mehrmaliges Durchsuchen sichergestellt werden kann, ist jedoch auch ein sog. Dauerdurchsuchungsbeschluss zulässig. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn Kassenabschläge mehrerer aufeinanderfolgender Tage beweiserheblich sind.[11]

Die Durchsuchung der Person kann ebenfalls vom Gericht abgeordnet werden. Sie dient in erster Linie dem Auffinden von Gegenständen geringer Größe, beispielsweise USB-Sticks. Sie ist grundsätzlich durchzuführen von einer Person gleichen Geschlechts oder von einem Arzt, § 81d StPO.[12]

Nach Abschluss der Maßnahme ist dem Betroffenen auf Verlangen eine sog. Durchsuchungsbescheinigung[13] auszuhändigen, ebenso ein Verzeichnis der beschlagnahmten Gegenstände.[14] Werden Fotokopien gefertigt und die Originale belassen, so sind die Fotokopien in das Verzeichnis aufzunehmen.[15]

[1] Peters, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 399 AO Rz. 44.1.
[4] Rengier, NStZ 1981, 372, 375.
[5] Seipl, in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rz. 2592 m. w. N.
[6] Talaska, in Streck/Spatscheck/Talaska, Die Steuerfahndung, 5. Aufl. 2017 Rz. 441 m. w. N.
[7] Köhler, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. 2020, § 105 StPO Rz. 10 m. w. N.; a. A. Tsambikakis, in Löwe/Rosenberg, StPO/GVG, 27. Aufl. 2017, § 105 StPO Rz. 118.
[8] Webel, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 399 AO Rz. 39.
[9] Köhler, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. 2020, § 105 StPO Rz. 10 m. w. N.
[10] BGH v. 31.1.2007, StB 18/06, NJW 2007, 930 Tz. 8; Köhler, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. 2020, § 105 StPO Rz. 11, 18 m. w. N.
[11] A. A. LG Hamburg v. 5.5.2003, 620 Qs 29/03, wistra 2004, 36 mit abl. Anm. Webel.
[12] Webel, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 399 AO Rz. 29f.
[13] Dies kann eine Ausfertigung des Durchsuchungsbeschlusses sein, muss es aber nicht; vgl. Köhler, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. 2020, § 107 StPO Rz. 2.
[14] §§ 107, 109 StPO; hierzu und zu den Sch...

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