Rz. 137

Der mögliche Wortsinn des Gesetzes markiert die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation.[1] Gerichte dürfen sich wegen der Bindung an Gesetz und Recht[2] nicht aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begeben und nicht unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers eingreifen.[3] Die Auslegung darf daher nicht in Widerspruch zu dem Willen des Gesetzgebers treten.[4] Allerdings ist eine vom möglichen Wortsinn nicht erfasste Lückenschließung des Gesetzes bzw. eine vom Wortsinn nicht mehr gedeckte "Auslegung gegen den Wortlaut" des Gesetzes nicht schlechthin unzulässig, sondern als Rechtsfortbildung (dazu Rz. 168ff.) in den insoweit gezogenen Grenzen zulässig.[5]

[1] BVerfG v. 10.1.1995, 1 BvR 718/89 u. a., BVerfGE 92,1/12; Geserich, DStR-Beihefter 2011, 59 m. w. N.
[5] Zur Trennung zwischen Auslegung und Rechtsfortbildung vgl. z. B. Schenke, DStR-Beihefter 2011, 54 ff.; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 AO Rz. 344.

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