Rz. 26

Für die Auflage der Nachentrichtung der zu eigenen Gunsten hinterzogenen Steuern[1] sind die Ausführungen zur Regelung des § 371 Abs. 3 AO[2] entsprechend anzuwenden.[3] Folglich beschränkt sich im Falle einer Steuerverkürzung auf Zeit die Nachentrichtungsverpflichtung nicht auf den eingetretenen Verspätungsschaden, sondern sie umfasst den vollen Steuerbetrag.

Im Hinblick auf die Nachentrichtungsverpflichtung sind allerdings einige Punkte ist zu beachten:

 

Rz. 27

Die Auflage der Nachentrichtung[4] ist keine zusätzliche Sanktion, da lediglich das Erfolgsunrecht der Tat ausgeglichen wird. Durch die Nachentrichtung erfolgt somit nur der Schadensausgleich aus der Tat, nicht aber eine finanzielle Mehrbelastung des Tatbeteiligten.

 

Rz. 28

Die Auflage der Nachentrichtung ist demgemäß – als ungeschriebenes gesetzliches Tatbestandsmerkmal – abhängig vom Bestehen des durch die Tat betroffenen steuerlichen Anspruchs, nicht aber von dessen Festsetzung im Besteuerungsverfahren durch Steuer- oder Haftungsbescheid und damit dessen steuerlicher Fälligkeit. Bei freiwilliger vorzeitiger Tilgung des Anspruchs entfällt notwendig die Auflage der Nachentrichtung.

 

Rz. 29

Die Auflage der Nachentrichtung besteht nur hinsichtlich des Tatbeteiligten (Rz. 47ff.) und hinsichtlich der zu seinen Gunsten verkürzten Steuern.[5] Hierbei bleibt das Kompensationsverbot nach § 370 Abs. 4 S. 3 AO unberücksichtigt, hingegen ist eine Minderung des aus der Tat resultierenden Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis stets zu beachten. Folglich ist ausschließlich der wirtschaftlich erlangte Vorteil auszugleichen.

 
Praxis-Beispiel

Der Unternehmer hat eine Steuerhinterziehung begangen, indem er vorsätzlich in seiner USt-Jahreserklärung Umsätze nicht berücksichtigte, die zu einer USt i. H. v. 100.001 EUR führen. Ebenso macht er Vorsteuer i. H. v. 90.000 EUR nicht geltend, sodass sich eine Zahllast i. H. v. 10.001 EUR ergeben würde. In der Folge gibt er eine Selbstanzeige ab.

Im Hinblick auf den gem. § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO zu zahlenden Geldbetrag ist das Kompensationsverbot zu berücksichtigen, sodass im Rahmen der Berechnung zumindest auch auf den Nominalbetrag der verkürzten Steuer, mithin auf 100.001 EUR abzustellen ist. Im Einzelnen vgl. zur konkreten Berechnung Rz. 39ff.

Daneben muss der Unternehmer aber auch gem. § 398a Abs. 1 Nr. 1 AO die USt (= die zu seinen Gunsten hinterzogene Steuer) nachentrichten. Würde er die vollen 100.001 EUR zahlen müssen, würde die Finanzbehörde 90.000 EUR rechtsgrundlos erhalten und folglich diesen Betrag erstatten müssen.[6] Mithin ist das Kompensationsverbot auf die Nachzahlung der hinterzogenen Steuer i. S. d. § 398a Abs. 1 Nr. 1 AO nicht anwendbar und nur die Zahllast abzuführen.

 

Rz. 30

Liegt keine Steuerverkürzung vor, sondern wurde ein nicht gerechtfertigter Steuervorteil i. S. d. § 370 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 AO erlangt, so bestimmt sich dessen für die Nachentrichtung maßgebliche Wert nach seiner jeweiligen wirtschaftlichen Bedeutung, also ohne Anwendung des in § 370 Abs. 4 S. 3 AO geregelten Kompensationsverbots. Folglich ist bei der unrichtigen Feststellung von Einkünften auf die im Einzelfall gegebene Auswirkung auf den oder die Feststellungsbeteiligten abzustellen, die wiederum vom jeweils anzuwendenden individuellen ESt-Satz abhängt.[7]

 

Rz. 31

Entgegen einer teilweise in der Literatur vertretenen Ansicht[8] ist die volle Steuernachzahlung erforderlich, damit das Verfolgungshindernis des § 398a AO eingreift. Eine Toleranzspanne oder Unerheblichkeitsgrenze gibt es insoweit nicht.[9]

 

Rz. 32

Bis zum 31.12.2014 erstreckte sich die Auflage der Nachentrichtung nur auf die hinterzogenen Steuern; etwaige aus der Tathandlung resultierende steuerliche Nebenleistungen i. S. v. § 3 Abs. 4 AO, also ggf. Verspätungszuschläge nach § 152 AO und Hinterziehungszinsen nach § 235 AO, mussten nicht gezahlt werden, um die Straffreiheit zu erlangen.[10]

 

Rz. 33

Ab dem 1.1.2015 wurde § 398a AO neben anderen Änderungen auch an den neuen § 371 Abs. 3 AO angepasst, sodass neben dem bisherigen Erfordernis, die zu eigenen Gunsten hinterzogenen Steuern innerhalb einer bestimmten angemessenen Frist zu entrichten, nun auch die Zinsen innerhalb dieser Frist entrichtet werden müssen. Es handelt sich dabei um die Hinterziehungszinsen nach § 235 AO und die Zinsen nach § 233a AO, soweit sie nach § 235 Abs. 4 AO auf die festgesetzten Hinterziehungszinsen angerechnet werden.[11]

Es ist allerdings zu beachten, dass für die Zinsen eine Bezugnahme auf die Hinterziehung "zu eigenen Gunsten" fehlt. Folglich sind auch die Zinsen zu entrichten, wenn der Tatbeteiligte selbst nicht Zinsschuldner ist, aber ein Absehen von der Verfolgung nach § 398a AO anstrebt.[12] Zahlt jedoch eine andere Person – z. B. der Zinsschuldner – vor anderen Tatbeteilgten die Zinsen, so entfällt damit für alle anderen Personen die Verpflichtung zur Zinszahlung, da dadurch das Erfolgsunrecht insoweit ausgeglichen ist.

In Ermangelung einer dem § 371 Abs. 3 S. 2 AO entsprechenden Vorschrift sind ...

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