Rz. 4

§ 398a AO in seiner ab dem 1.1.2015 geltenden Form ergänzt § 371 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 AO. Durch diese Ausschlussgründe[1] entfällt der persönliche Strafaufhebungsgrund der "Selbstanzeige".[2] § 398a AO begründet für diese Fälle ein von Amts wegen zu beachtendes strafprozessuales Verfolgungshindernis, wenn die gesetzlichen Auflagen (Rz. 24ff.) erfüllt werden.[3]

 

Rz. 5

In diesem Einstellungscharakter liegt jedoch schon die einzige grundlegende Gemeinsamkeit von § 398a AO und dem vom Gesetzgeber als Vorbild genommenen § 153a StPO. So stellt § 398a AO z. B. im Hinblick auf die Höhe des nach Abs. 1 Nr. 2 AO zu zahlenden Geldbetrags ausschließlich auf den (bestimmenden) Strafzumessungsgrund des Umfangs der Steuerhinterziehung ab, während im Rahmen des § 153a StPO bei der Bestimmung der tat- und schuldangemessenen Auflage auch alle anderen einschlägigen Strafzumessungsgesichtspunkte i. S. d. § 46 Abs. 2 StGB zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus fehlt § 398a AO jedes Opportunitäts- oder Ermessenselement und er sieht auch nicht die Beteiligung des zuständigen Gerichts vor. In Ermangelung einer Vorrangregelung stehen § 398a AO und § 153a StPO aus Sicht des Beteiligten gleichwertig nebeneinander.

 

Rz. 5a

Mithin kann eine Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO für den Beschuldigten eine durchaus preiswertere Lösung darstellen, wenn es sich z. B. um eine Verkürzung auf Zeit handelt oder sich das Kompensationsverbot stark auswirkt.[4] Darüber hinaus bietet eine Einstellung nach § 153a StPO die Sicherheit des Strafklageverbrauchs.[5]

 

Rz. 6

§ 398a AO hindert die Verfolgung einer Steuerhinterziehung (Rz. 2) nur wenn die aufgezählten gesetzlichen Anforderungen (Rz. 26ff.) erfüllt werden.

Die Auflage der Nachentrichtung[6] entspricht der Regelung des § 371 Abs. 3 AO, die allerdings nicht unmittelbar anwendbar ist, da durch die Ausschlussgründe des § 371 Abs. 2 Nr. 3 und 4 AO eine Anwartschaft auf Straffreiheit nach § 371 AO nicht besteht (Rz. 14ff.).

 

Rz. 7

Die rechtliche Einordnung der zusätzlichen Geldzahlung[7] ist hingegen unklar – § 398a AO spricht z. B. von einem "Geldbetrag", in den Gesetzgebungsmaterialien ist von einer "freiwilligen Zahlung" oder einer "Zusatzleistung" die Rede.[8] Da der Gesetzgeber sich jedoch für eine strafprozessuale Lösung entschieden hat und den Gesetzeswortlaut an § 153a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StPO ausgerichtet hat, dürfte es sich weder um einen Verwaltungszuschlag (z. B. in Form einer "Bearbeitungsgebühr") noch um eine steuerliche Nebenleistung handeln.[9] Ebenso dürfte es sich bei der Geldzahlung ebenfalls nicht um eine Strafe handeln, da die Zahlung des pauschalen Geldbetrags i. S. d. § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO keine Rechtspflicht darstellt. Ihre Zahlung ist vielmehr dem sich selbstanzeigenden Tatbeteiligten freigestellt. Selbst wenn im Fall der Nichtzahlung kein prozessuales Strafverfolgungshindernis eingreift, sodass letztendlich nur die Wahl zwischen Zahlung und Bestrafung besteht, begründet dies jedoch keine Möglichkeit der zwangsweisen Durchsetzung der Zahlung durch staatliche Organe und somit keinen Strafcharakter des Geldbetrags i. S. d. Art. 103 Abs. 2 GG.[10] Die Situation des sich Selbstanzeigenden entspricht somit derjenigen bei der Entscheidung über die Zustimmung nach § 153a StPO oder der Zahlung einer Geldstrafe zur Vermeidung der Ersatzfreiheitsstrafe.

Auch der direkte Vergleich mit den Zuschlägen nach §§ 152, 162 Abs. 4 AO sowie § 32 Abs. 3 ZollVG[11] überzeugt nicht, selbst wenn dies im Gesetzgebungsverfahren die Vorstellung des Bundesrats war[12], da der Anwendung des § 398a AO nicht (nur) ein verwaltungsrechtlicher Verstoß wie z. B. der Verstoß gegen eine Mitwirkungspflicht zugrunde liegt, sondern eine Straftat in einem besonders schweren Fall. Trotzdem wird man wohl davon ausgehen müssen, dass es sich um eine strafprozessuale Abgabe eigener Art handelt, deren Höhe und Empfänger gesetzlich vorgegeben sind. Dem strafprozessualen Charakter dieser Abgabe entspricht auch ihre Einordnung in den strafverfahrensrechtlichen Teil der AO.[13]

 

Rz. 8

Zweck der zusätzlichen Auflage der Geldleistung[14] ist die stärkere Belastung des Steuerhinterziehers gegenüber dem säumigen Steuerschuldner.[15] Zugleich soll § 398a AO aber auch in Fällen besonders schwerwiegender Steuerhinterziehung, in denen aufgrund der Ausschlussgründe in § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und 4 AO keine wirksame Selbstanzeige mehr zustande kommen kann, einen Anreiz für die Abgabe einer Selbstanzeige und die Offenlegung bisher dem Fiskus verborgener Steuerquellen geben.[16]

Im Hinblick auf die Steigerung der zu zahlenden Zuschläge von in jedem Fall 5 % auf 10 % bis 20 % ab dem Jahr 2015 ließ sich der Gesetzgeber von dem Gedanken leiten, dass die Höhe des Hinterziehungsbetrags einen wesentlichen Umstand für die Bemessung der Schuld des Straftäters darstellt und sich auch in den Anforderungen niederschlagen soll, die erfüllt werden müssen, um einer Strafverfolgung zu entgehen. Diese Orientierung an der Höhe des Hinterziehungsbetrags v...

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