Rz. 29

Der Eigentümer muss kraft der tatsächlichen Herrschaft des anderen von der wirtschaftlichen Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausgeschlossen sein. Dies ist der Fall, wenn ihm die mit seiner Rechtsposition normalerweise verbundenen Möglichkeiten, Gebrauchsvorteile aus dem Wirtschaftsgut zu ziehen und/oder seine Substanz zum eigenen Nutzen zu verwerten, entzogen sind, sodass diese nur noch eine "leere Hülle" darstellt.[1] Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, hängt von der Art des jeweils betroffenen Wirtschaftsguts ab.

 

Rz. 30

Bei Sachen i. S. v. § 90 BGB liegt ein Ausschluss des Berechtigten grds. dann vor, wenn sein Herausgabeanspruch nicht mehr besteht oder wirtschaftlich wertlos ist.[2]

Da es allein auf den wirtschaftlichen Ausschluss des Eigentümers von der Einwirkung auf die Sache ankommt, gilt dies unabhängig davon, ob das Verfügungsrecht, insbesondere das Recht zur Belastung und Veräußerung, beim zivilrechtlichen Eigentümer verbleibt.[3] Wirtschaftlich wertlos ist der Herausgabeanspruch, wenn der Eigentümer die Herausgabe erst nach dem technischen oder wirtschaftlichen Verbrauch der Sache durchsetzen kann[4] oder dem Nutzenden im Fall der Herausgabe ein Entschädigungsanspruch in Höhe des Verkehrswerts zusteht.[5] Demgegenüber reicht ein unter dem Verkehrswert liegender Verwendungsersatzanspruch des Nutzenden zur Begründung wirtschaftlichen Eigentums nicht aus.[6] Trägt der Nutzungsberechtigte die Gebäudeherstellungskosten eines Gebäudes auf einem nicht in seinem Alleineigentum stehenden Grundstück und unterschreitet sein Nutzungsrecht die gewöhnliche Nutzungsdauer des Gebäudes, so ist er kein wirtschaftlicher Eigentümer.[7]

Rz. 31–32 einstweilen frei.

 

Rz. 33

Nicht jede erhebliche Beschränkung der Rechte und Zugriffsmöglichkeiten des zivilrechtlich Berechtigten schließt diesen von der wirtschaftlichen Einwirkung auf das Wirtschaftsgut aus. So wird bei einem Grundstück der spätere Erwerber nicht bereits dadurch wirtschaftlicher Eigentümer, dass er das Grundstück aufgrund eines Miet- oder Pachtvertrags nutzt und ihm lediglich ein Vorkaufsrecht eingeräumt wird. Denn das Vorkaufsrecht lässt die Verfügungsbefugnis des Eigentümers über das Grundstück ebenso unberührt wie seine Entscheidungsfreiheit darüber, ob er einen Kaufvertrag mit einem Dritten schließt und dadurch die Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts schafft.[8] Auch ein schuldrechtlich vereinbartes unentgeltliches lebenslängliches Wohnrecht eines Kindes und seines Ehegatten an sämtlichen Räumen des im Eigentum der Eltern stehenden Gebäudes und das Recht auf Mitbenutzung des Grundstücks führen selbst dann nicht zu wirtschaftlichem Eigentum des Kindes, wenn sich die Lebenserwartung des Nutzungsberechtigten und die voraussichtliche Lebensdauer des Gebäudes ungefähr decken.[9]

 

Rz. 34

Verfügungsbeschränkungen des Erben durch eine Testamentsvollstreckung oder eine Nacherbschaft[10] schließen diesen nicht wirtschaftlich von der Einwirkung auf die Nachlassgegenstände aus.[11] Demgegenüber kann der zum Testamentsvollstrecker bestellte Nacherbe einer unter seiner Vormundschaft stehenden nicht befreiten Vorerbin wirtschaftlicher Eigentümer eines von ihm auf einem Nachlassgrundstück errichteten Gebäudes sein.[12]

[1] Fischer, in HHSp, AO/FGO, § 39 AO Rz. 83.
[2] BFH v. 27.11.1996, X R 92/92, BStBl II 1998, 97; BFH v. 18.9.2003, X R 21/01, BFH/NV 2004, 306; BFH v. 26.8.2004, II B 117/03, BFH/NV 2004, 1025; BFH v. 23.2.2005, IX B 198/03, BFH/NV 2005, 1005; ebenso Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 39 AO Rz. 23; Klein/Ratschow, AO, 17. Aufl. 2023, § 39 Rz. 22; Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 39 Rz. 19.
[4] BFH v. 16.1.1970, IV R 144/66, BStBl II 1970, 294; Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 39 Rz. 19.
[7] Ebenso Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 39 AO Rz. 25; s. auch Rz. 41ff.
[10] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 39 AO Rz. 25.
[11] S. weitere Fälle unschädlicher Verfügungsbeschränkungen bei Klein/Ratschow, AO, 17. Aufl. 2023, § 39 Rz. 23.

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