Rz. 1

Durch das Zweite Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften (StÄndG 2003) v. 15.12.2003[1] wurden bundeseinheitliche Ordnungsmerkmale eingeführt. Durch sie sollte u. a. eine gleichmäßige Steuererhebung[2] gewährleistet sowie Steuerhinterziehung und Leistungsmissbrauch eingedämmt werden.[3] Dementsprechend wird jedem Stpfl. gem. § 139a AO durch das Bundeszentralamt für Steuern zum Zweck der eindeutigen Identifizierung in Besteuerungsverfahren ein einheitliches und dauerhaftes Merkmal zugeteilt, das lebenslang gilt und erst 20 Jahre nach dem Tod des Stpfl. gelöscht wird.[4] § 139b AO sieht die Vergabe einer Identifikationsnummer an natürliche Personen vor, § 139c AO die Vergabe einer Wirtschafts-Identifikationsnummer an wirtschaftlich Tätige, unabhängig von deren Rechtsform.

Nach einem Jahr wurde durch Art. 8 des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften v. 9.12.2004[5] § 383a AO eingeführt. Der Zweck des § 383a AO liegt darin, den Missbrauch der auf Grundlage der §§ 139a ff. AO eingeführten einheitlichen Identifikationsmerkmale zu vermeiden bzw. zu bekämpfen.

Mit der Verordnung zur Vergabe steuerlicher Identifikationsnummern (StIdV) v. 28.11.2006[6] hat die Bundesregierung von der in § 139d bzw. Art. 97 § 5 EGAO erteilten Verordnungsermächtigung Gebrauch gemacht. Zum 1.7.2007 wurde die Identifikationsnummer für natürliche Personen auf dieser Grundlage erstmals eingeführt,[7] sodass auch erst ab diesem Zeitpunkt § 383a AO ein Anwendungsbereich zukam. Die Identifikationsnummer ersetzt die Steuernummer und die eTIN. Eine Verordnung zur Einführung der Wirtschafts-Identifikationsnummer existiert hingegen noch nicht.[8] Die Wirtschafts-Identifikationsnummer soll die Funktion der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer übernehmen.[9] Allerdings wird ihr Format dem Umsatzsteuer-Identifikationsnummer entsprechen, so dass bereits vergebene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als Wirtschafts-Identifikationsnummer weiterverwendet werden können.

 

Rz. 1a

Nach Aussage des BZSt "beanspruchen die Arbeiten zur Einführung der Wirtschafts-Identifikationsnummer auf Grund der Komplexität und Vielzahl der zu beteiligenden Gremien noch einen längeren Zeitraum".[10] Das BZSt will rechtzeitig vor der Einführung geeignete Informationen im Wege der Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung stellen. Es ist damit zu rechnen, dass die Vergabe des Identifikationsmerkmals für wirtschaftlich Tätige i. S. d. § 139a Abs. 3 AO (natürliche Personen, die wirtschaftlich tätig sind, juristische Personen sowie Personenvereinigungen) bis zum Jahr 2021 erfolgen wird.

 

Rz. 1b

Durch das Gesetz zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 17.7.2017[11] wurde im Rahmen der Anpassung der AO an die Erfordernisse der EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO)[12] in Nummer 23 des Gesetzes § 383a AO mit Wirkung zum 25.5.2018 aufgehoben. Dies wurde erforderlich, da es sich bei der EU-DSGVO um unmittelbar geltendes und somit für die Mitgliedstaaten der EU verbindliches Recht handelt, das keiner nationalen Umsetzung bedarf. Vielmehr kommt den Regelungen der EU-DSGVO Anwendungsvorrang vor dem nationalen Recht zu[13] und die Regelungen der EU-DSGVO dürfen im nationalen Recht auch nicht wiederholt werden. Daraus ergibt sich, dass Art. EU-DSGVO nun die Verhängung von Bußgeldern bei Verstößen gegen die EU-DSGVO abschließend regelt, so dass die bisherige Regelung des § 383a AO nicht erhalten bleiben konnte. Stattdessen wurde nun § 384a AO eingeführt, der umfassend Bezug nimmt auf Art. 83 EU-DSGVO.

 

Rz. 1c

Damit sind die bisherigen Überlegungen zum Verhältnis zwischen § 383a AO und Art. 83 EU-DSGVO hinfällig. Es wurde z. B. erwogen, dass der Anwendungsvorrang des Unionsrechts im Hinblick auf Art. 83 EU-DSGVO nur dann zur Anwendung kommt und § 383a AO dementsprechend verdrängt wird, wenn die Datenschutzverletzung so schwer wiegt, dass im Einzelfall eine abschreckende, effektive und verhältnismäßige Durchsetzung[14] des Datenschutzes durch den Sanktionsrahmen des § 383a AO nicht mehr gewährleistet sei.[15]

 

Rz. 1d

Die Aufhebung des § 383a AO mit Wirkung zum 25.5.2018 führt jedoch nicht dazu, dass die Norm unmittelbar jeglichen Anwendungsbereich verliert. Vielmehr ist im Hinblick auf die zeitliche Geltung des § 383a AO der Verfassungsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG zu berücksichtigen, der seine einfachgesetzliche Ausprägung in § 4 OWiG gefunden hat. Danach darf erst nach der Handlung des Täters geltendes materielles Recht nicht zu seinen Ungunsten berücksichtigt werden. Folglich ist das sog. Tatzeitprinzip anwendbar, nach dem das jeweilige Gesetz Anwendung findet, das zur Zeit der Tat in Kraft war. Im Hinblick auf Taten, die durch eine länger andauernde Handlung begangen werden und während deren Begehung sich die Bußgeldandrohung ändert, ist die Norm anwendbar, die bei Beendigung der Handlung gilt[16], unabhängig davon, ob sie milder oder strenger ist. Kommt es hingegen nach Beendigung der Tath...

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