Rz. 11

Der durch Tatbestandsverwirklichung entstandene Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis kann grundsätzlich nicht rückwirkend abgeändert werden. Zwar können die Stpfl. ihre rechtlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten in den durch die Rechtsordnung gezogenen Grenzen auch mit steuerlicher Wirkung frei gestalten. Dies gilt allerdings nur für die Gegenwart und Zukunft. Rückwirkende Gestaltungen mit steuerlicher Wirkung sind demgegenüber grundsätzlich ausgeschlossen.[1] Auch die Rückbeziehung von Rechtsgeschäften und das Rückgängigmachen bereits eingetretener rechtlicher oder tatsächlicher Vorgänge oder Umstände ist grundsätzlich ausgeschlossen.[2]

Die Rückdatierung von Rechtsgeschäften ist ebenfalls nicht möglich. Verbirgt sich hinter dem rückdatierten Rechtsgeschäft allerdings nur die förmliche Bestätigung einer bereits früher formlos, aber wirksam getroffenen Vereinbarung, so liegt keine Rückwirkung, sondern nur eine Bestätigung der früher getroffenen Regelung vor.[3] Entsprechendes gilt, wenn eine Falschbezeichnung (falsa demonstratio) in einem notariellen Vertrag richtiggestellt wird, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung oder Ergänzung der Erklärungen der Vertragsparteien verbunden ist.[4] Demgegenüber entfaltet die Korrektur einer Unstimmigkeit in einem Gewinnabführungsvertrag durch einen notariellen Nachtragsvermerk nach § 44a Abs. 2 S. 1 BeurkG jedenfalls dann keine steuerliche Rückwirkung, wenn sich der tatsächlich gewollte Vertragsinhalt nicht objektiv aus den Vertragsregelungen heraus ergibt und unklar ist, wie eine mögliche Lücke in der Vertragsurkunde zu füllen ist.[5]

 

Rz. 12

Inwieweit die zivilrechtliche Rückwirkung von Rechtsgeschäften auch steuerlich zu beachten ist, ist nicht abschließend geklärt. Die in der Lit.[6] vertretene Ansicht, die zivilrechtliche Rückwirkung von Rechtsgeschäften, wie sie z. B. § 142 Abs. 1 BGB für die Anfechtung wegen Willensmängeln[7], falscher Übermittlung[8], arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung[9], § 184 BGB für die Genehmigung schwebend unwirksamer Rechtsgeschäfte oder § 1953 Abs. 1 BGB für die Ausschlagung der Erbschaft vorsieht, sei auch steuerlich zu beachten, erscheint in dieser Allgemeinheit fragwürdig. Sie lässt außer Acht, dass zwar nicht die zivilrechtliche Rückwirkung als solche, wohl aber die Vornahme des rückwirkenden Geschäfts vom Willen des Stpfl. abhängig ist und die generelle Anerkennung der Rückwirkung für steuerliche Zwecke daher die Möglichkeit der rückwirkenden Umgestaltung des der Besteuerung zugrunde zu legenden Sachverhalts eröffnen würde. Der BFH macht die Rückbeziehung der Genehmigung eines schwebend unwirksamen Rechtsgeschäfts eines Minderjährigen durch das Familiengericht[10] daher zu Recht davon abhängig, dass die Genehmigung unverzüglich beantragt und in angemessener Frist erteilt wird.[11] Für den Fall der nachträglichen Genehmigung eines wegen Vertretungsmängeln schwebend unwirksamen Rechtsgeschäfts durch das inzwischen volljährig gewordene Kind verlangt der BFH[12] darüber hinaus, dass es sich bei der Zeit zwischen dem Abschluss des Rechtsgeschäfts und dem Eintritt der Volljährigkeit nur um eine kurze Zeitspanne handelt, für den vorzeitigen Abschluss des Geschäfts betriebliche Gründe vorliegen und mit der Rückbeziehung keine besonderen steuerlichen Vorteile erstrebt werden. Ob die Anfechtung eines Rechtsgeschäfts wegen Willensmängeln auch steuerlich zurückwirkt, hat der BFH[13] ausdrücklich offengelassen. Eine solche Rückwirkung kommt ohnehin nur dann in Betracht, wenn die Erfüllung des jeweils in Betracht kommenden Steuertatbestands von der zivilrechtlichen Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts und nicht von der tatsächlichen Handhabung abhängt.[14]

Die Rückwirkungsfiktion des § 80 Abs. 2 S. 2 BGB[15], nach der eine erst nach dem Tod des Stifters anerkannte Stiftung für Zuwendungen des Stifters als schon vor dessen Tod entstanden gilt, wirkt sich nicht auf die in § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG geregelten Voraussetzungen der Steuerbefreiung aus.[16]

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