Rz. 10

Das OWiG gilt gem. § 2 OWiG für alle Ordnungswidrigkeiten nach Bundes- und nach Landesrecht. Bzgl. der zeitlichen Geltung bestimmt § 4 Abs. 1 OWiG im Einzelnen – wie der entsprechende § 2 StGB –, dass für die Verfolgung von Zuwiderhandlungen grundsätzlich das Gesetz anzuwenden ist, das z. Zt. der Tat gilt. Folglich gilt bei Gesetzesänderungen zwischen Begehung und Ahndung von Steuerordnungswidrigkeiten das aus Art. 103 Abs. 2 GG und § 3 OWiG abzuleitende Rückwirkungsverbot. Danach darf erst nach der Handlung des Täters geltendes materielles Recht nicht zu seinen Ungunsten berücksichtigt werden. Folglich ist das sog. Tatzeitprinzip anwendbar, nach dem das jeweilige Gesetz Anwendung findet, das zur Zeit der Tat in Kraft war. Im Hinblick auf Taten, die durch eine länger andauernde Handlung begangen werden und während deren Begehung sich die Bußgeldandrohung ändert, ist die Norm anwendbar, die bei Beendigung der Handlung gilt[1], unabhängig davon, ob sie milder oder strenger ist. Kommt es hingegen nach Beendigung der Tathandlung zu einer Gesetzesänderung, so ergibt sich aus dem Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG, dass das spätere strengere Gesetz unberücksichtigt zu bleiben hat.

Ändert sich die Bußgeldandrohung infolge einer Gesetzesänderung nach Beendigung der Handlung, so ist gem. dem in § 4 Abs. 3 OWiG statuierten Meistbegünstigungsprinzip das mildeste Gesetz anzuwenden. Dem steht auch Art. 103 Abs. 2 GG nicht entgegen, da dessen Schutzzweck auf die rückwirkende Anwendung neuen materiellen Rechts zu Ungunsten des Täters beschränkt ist.

Bußgeldtatbestände sind im Verhältnis zu Strafnormen in jedem Fall das mildere Gesetz.[2] Dies gilt selbst, wenn die Geldbuße einen höheren Betrag vorsieht als der ehemalige Straftatbestand, da mit der Geldbuße nach h. M. kein sittliches Unwerturteil ausgesprochen wird.[3]

Gegenüber anderen Bußgeldvorschriften ist das mildeste Gesetz dasjenige, das den geringeren Höchstbetrag androht.

 

Rz. 11

Gem. § 5 OWiG gilt im Hinblick auf den räumlichen Geltungsbereich das Territorialprinzip, sodass das bundesdeutsche Ordnungswidrigkeitenrecht auf dem Landgebiet der Bundesrepublik Deutschland, im Luftraum darüber und im Küstenmeer einschließlich der 12 Seemeilenzone Anwendung findet. Dasselbe gilt auf einem Schiff bzw. Flugzeug, das deutsche Hoheitszeichen tragen darf. Ausländer können somit nach dem Gebietsgrundsatz wegen einer im Inland begangenen Ordnungswidrigkeit verfolgt werden.

Ausnahmsweise können aufgrund spezieller gesetzlicher Regelungen auch außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des OWiG begangene Ordnungswidrigkeiten geahndet werden, z. B. § 378 Abs. 1 S. 2 AO i. V. m. §§ 370 Abs. 7 AO, 379 Abs. 1 S. 2 AO (Verkürzung ausländischer Eingangsabgaben und Steuern) sowie § 35 MOG (Abgaben zu Marktordnungszwecken).

Die Tatzeit bestimmt sich nach § 6 OWiG, der Begehungsort nach § 7 OWiG. Maßgeblich sind somit im Ordnungswidrigkeitenrecht sowohl der Tätigkeits- als auch der Erfolgsort.

[2] OLG Frankfurt v. 12.7.1974, 2 Ss 222/74, MDR 1974, 859.
[3] BGH v. 24.11.1958, KRB 2/58, BGHSt 12, 148; Heuel, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 59. Lfg. 11/2017, § 377 AO Rz. 27.

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