Rz. 11
Die Auslegung des § 371 AO wird maßgeblich durch die Bestimmung des Normzwecks (Rz. 8ff.) geprägt.[1] Soweit nach § 371 AO in der vor dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz von 2011 geltenden alten Form die Priorität auf den fiskalischen Vorteil gelegt wurde, folgte daraus die Tendenz zu einer weiten Auslegung der positiven[2] und einer engen Auslegung der negativen[3] Voraussetzungen der Straffreiheit.[4] Durch die Gesetzesänderung wird nunmehr die Priorität auf den kriminalpolitischen Aspekt gelegt (vgl. Rz. 10). Aus dem Ausnahmecharakter der Vorschrift und dem darin enthaltenen Verzicht auf den staatlichen Strafanspruch folgt somit eine restriktive Auslegung der positiven[5] und eine öffnende Auslegung der negativen[6] Voraussetzungen der Straffreiheit.[7]
Rz. 12
Unbeschadet dieser Tendenz bei der Auslegung der Vorschrift knüpft die strafbefreiende Wirkung des § 371 AO (Rz. 4ff.) ausschließlich an objektive Kriterien an. Eine subjektive Vorstellung des Tatbeteiligten, etwa Gedanken der Reue oder der Wille zur Besserung ist kein Tatbestandsmerkmal des § 371 AO und demgemäß nicht erforderlich. Die Motivation des Tatbeteiligten zur Selbstanzeige ist unerheblich, selbst wenn diese – wie in der Vergangenheit häufig – nur aus Angst vor einer möglichen Aufdeckung der Tat erfolgte, z. B. durch eine zu erwartende Außenprüfung.[8] Die Wirksamkeit der Selbstanzeige erfordert keine "Freiwilligkeit" des Anzeigenden.[9]
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