Rz. 267

Teilweise wird die analoge Anwendbarkeit des persönlichen Strafaufhebungsgrunds des § 371 AO auf § 26c UStG damit begründet, dass es anderenfalls zu Wertungswidersprüchen käme.[1] Dies dürfte jedoch im Hinblick auf den klaren Wortlaut des § 371 AO abzulehnen sein.

 

Rz. 268

Schon der Grundtatbestand des § 26b UStG enthält keine Möglichkeit einer Selbstanzeige nach dem Verstreichenlassen des Zahlungstermins, da § 378 Abs. 3 AO nach seinem klaren Wortlaut keine (analoge) Anwendung findet. Insoweit besteht allenfalls die Möglichkeit, das Verfahren im Hinblick auf das in § 47 OWiG geregelte Opportunitätsprinzip einzustellen.[2] Beim Vorliegen des Tatbestands des § 26b UStG und der weiteren Qualifikationsmerkmale ist auch der Straftatbestand des § 26c UStG verwirklicht. Da § 371 AO nach seinem klaren Wortlaut insoweit nicht anwendbar ist und auch § 26c UStG vom Wortlaut her keine Selbstanzeigemöglichkeit vorsieht und keine Bezugnahme auf § 371 AO enthält, ist eine (analoge) Anwendung der Selbstanzeigeregelungen nicht möglich.[3]

 
Praxis-Beispiel

A hat im Voranmeldungszeitraum 12/19 Leistungen i. H. v. brutto 238.000 EUR getätigt und entsprechende Rechnungen an andere Unternehmer ausgestellt. Davon gibt er 119.000 EUR in seiner fristgemäß eingereichten USt-Voranmeldung an. Die daraus geschuldete USt von 19.000 EUR bezahlt er nicht. Im Januar 21 erstattet er Selbstanzeige und zahlt nach Fristsetzung 38.000 EUR an das FA.[4]

Da A eine wirksame Selbstanzeige nach § 371 AO abgegeben hat, kann er nicht nach § 370 AO wegen Steuerhinterziehung bestraft werden. Die Ordnungswidrigkeit nach § 26b UStG bleibt verfolgbar, das diesbezügliche Verfahren kann jedoch gem. § 47 OWiG aus Opportunitätsgründen eingestellt werden.

Liegen auch Qualifikationsmerkmale des § 26c UStG vor, da A z. B. gewerbsmäßig handelt, so bleibt die Strafbarkeit nach § 26c UStG unabhängig von der wirksamen Selbstanzeige gem. § 371 AO bestehen.

Dieses Ergebnis steht nicht nur im Einklang mit dem Wortlaut der jeweiligen Vorschriften und dem Willen des Gesetzgebers, sondern es ist auch in der Sache zutreffend, da die Ergänzung, Berichtigung oder Nachholung i. S. d. § 371 AO auch nicht geeignet ist, den Taterfolg des § 26c UStG zu beseitigen, da insoweit das Zahlungs- und nicht das Erklärungsverhalten tatbestandlich ist.

 

Rz. 269

§ 26c UStG droht als Regelstrafrahmen für die Einzelstrafe (s. Rz. 141ff.) eine Freiheitsstrafe (s. Rz. 143ff.) bis zu 5 Jahren an. Die Freiheitsstrafe beträgt nach § 38 Abs. 2 StGB mindestens einen Monat. Im Fall der Gesamtstrafe (s. Rz. 153ff.) darf die Freiheitsstrafe 15 Jahre nicht übersteigen.[5] Eine verhängte Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, kann nach § 56 Abs. 2 S. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden (s. Rz. 149f.).

 

Rz. 270

Anstelle der Freiheitsstrafe kann die Schädigung des USt-Aufkommens i.  S.  d. § 26c UStG auch mit einer Geldstrafe geahndet werden (s. Rz. 153ff.). Die Geldstrafe wird nach § 40 Abs. 1 StGB in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und höchstens 360 Tagessätze, im Fall der Gesamtstrafe (s. Rz. 142, 135) höchstens 720 Tagessätze.[6]

 

Rz. 271

Nach § 41 StGB kann Freiheitsstrafe auch neben Geldstrafe verhängt werden, wenn der Täter sich durch die Tat bereichert oder zu bereichern versucht hat, und die zusätzliche Verhängung auch unter Berücksichtigung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angebracht ist. Die Bereicherung bzw. der Bereicherungsversuch ist bei der Schädigung des USt-Aufkommens zu eigenem Vorteil stets gegeben.

 

Rz. 272

Zur Strafzumessung s. Rz. 161 ff.; vgl. auch BGH v. 21.7.1998, 5 StR 174/98, wistra 1998, 348 bei gewerbsmäßigem Schmuggel nach § 373 AO. Die zusätzliche Geldstrafe kann bei der Bemessung der Freiheitsstrafe mildernd berücksichtigt werden.

Zur Strafzumessung im Fall der Beihilfe zur gewerbsmäßigen oder bandenmäßigen Schädigung des USt-Aufkommens.[7] Insbesondere eine Schadenswiedergutmachung in Form einer Nachzahlung der geschuldeten Umsatzsteuer dürfte sich beim Vorliegen einer Straftat nach § 26c UStG strafmildernd auswirken.[8]

[1] Joecks, wistra 2002, 201, 203; Gaede, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 26c UStG Rz. 33.
[2] Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 370 AO Rz. 785.
[3] Kemper, in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, Stand 17.6.2020, § 26c UStG Rz. 83; Küffner, in Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 26c UStG Rz. 35; Roth, in Rolletschke/Kemper, UStG, § 26c UStG Rz. 70; Tormöhlen, in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 26c UStG Rz. 13.2; jetzt auch Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 370 AO Rz. 785; a. A. Kaiser/Bangert, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 26c UStG Rz. 47b.
[4] Zum Sachverhalt vgl. Kemper, in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, Stand 17.6.2020, § 26c UStG Rz. 83.
[8] Roth, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 26c UStG Rz. 61a.

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