Rz. 223

§ 26b UStG stellt im Verhältnis zu § 26c UStG den Grundtatbestand dar, der immer dann eingreift, wenn die Qualifikationsmerkmale des § 26c UStG nicht erfüllt sind. § 26c UStG setzt hingegen das Vorliegen einer vollendeten Schädigung des USt-Aufkommens nach § 26b UStG voraus.

 

Rz. 224

Nach § 26b UStG handelt ordnungswidrig, wer die in einer Rechnung i. S. v. § 14 UStG ausgewiesene USt bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet. Zur Einordnung der §§ 26b und 26c UStG vor dem Hintergrund der umsatzsteuerstrafrechtlichen Rspr. des EuGH Bielefeld, wistra 2007, 9, 12.

Wie sich schon aus dem Wortlaut des § 26b UStG ergibt, ist die Norm als echtes Unterlassungsdelikt ausgestaltet.[1]

 

Rz. 225

Es muss USt in einer Rechnung i. S. d. § 14 UStG offen ausgewiesen worden sein.[2] Folglich erfasst der Tatbestand nicht jede geschuldete USt, sondern nur solche Beträge, die zuvor in Rechnungen ausgewiesen wurden.[3] Für Leistungen, bei denen keine Rechnung erstellt wurde, ist § 26b UStG somit nicht anwendbar, auch wenn die weiteren Voraussetzungen der Anmeldung und der Nichtzahlung gegeben sind. Ob die Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung bestand, ist insoweit unerheblich.

 

Rz. 226

Es ist jedoch umstritten, wann es sich um eine Rechnung i. S. d. § 14 UStG handelt. Teilweise wird vorgetragen, dass nur Urkunden erfasst seien, die der Definition des § 14 Abs. 1 UStG entsprechen und die die inhaltlichen Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG erfüllen. Dies wird damit begründet, dass sich aus Sinn und Zweck der §§ 26b, 26c UStG ergäbe, dass nur solche Abrechnungsurkunden erfasst seien, die vom Rechnungsempfänger zum Zweck des Vorsteuerabzugs eingesetzt werden können.[4]

Nach a. A. ist auf den allgemeinen Rechnungsbegriff des § 14 Abs. 1 UStG abzustellen, sofern die Rechnung formal geeignet ist, den Vorsteuerabzug zu ermöglichen. Folglich müssen gewisse Mindeststandards erfüllt sein.[5] Dieser Ansicht dürfte zuzustimmen sein, da auch eine Rechnung, die nicht den restriktiven Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG (z. B. bzgl. der fortlaufenden Rechnungsnummer) genügt, eine Gefährdung darstellt, der der Gesetzgeber durch die Einführung der §§ 26b, 26c UStG begegnen wollte. Ferner verweist § 26b UStG auf § 14 UStG in Gänze, sodass auch der Wortlaut gegen eine Beschränkung auf Rechnungen i. S. d. § 14 Abs. 4 UStG spricht.[6] § 26b UStG ist somit z. B. nicht auf Einzelhändler anwendbar, die keine Rechnungen i. S. d. § 14 UStG ausstellen oder die USt nicht i. S. d. § 26b UStG offen ausweisen. Sofern es sich um Unternehmer handelt, die sowohl Umsätze an Unternehmer als auch – ohne gesonderten USt-Ausweis – an Endverbraucher erbringen, so ist aufzuklären, bei welchen Umsätzen der Steuerausweis vorlag und bei welchen nicht.

Eine Rechnung i. S. d. § 26b UStG liegt hingegen auch in den Fällen des unrichtigen[7] oder unberechtigten[8] Steuerausweises vor, wenn z. B. ein Kleinunternehmer mit offenem Vorsteuerausweis abrechnet.

 

Rz. 227

Wird hingegen mit einer Schein- oder Abdeckrechnung eine Leistung in Rechnung gestellt, die nicht oder so nicht erbracht wurde, so ist § 14c Abs. 2 S. 2 UStG einschlägig, den § 26b UStG nicht in Bezug nimmt. In diesem Fall liegt auch keine Rechnung i. S. d. § 14 Abs. 1 UStG vor, da eine Lieferung oder sonstige Leistung, über die abgerechnet wird, gerade nicht erbracht wurde. Folglich ist § 26b UStG insoweit nicht anwendbar.[9] Im Fall einer Abdeckrechnung lässt sich auch im Hinblick auf die für die tatsächlich ausgeführte Leistung geschuldeten Steuern kein Tatvorwurf nach § 26b UStG begründen, denn insoweit ist ja gerade keine Rechnung erstellt worden. Darüber hinaus ist die Anwendung eines Ordnungswidrigkeitstatbestandes auch nicht erforderlich, da sich der Leistende jedenfalls wegen der nicht angemeldeten Steuer der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO strafbar gemacht hat und somit keine Regelungslücke besteht.[10]

Aufgrund der mit dem Tatbestandsmerkmal des Umsatzsteuerausweises in einer Rechnung i. S. d. § 14 UStG verbundenen Rechtsfragen und Nachweisschwierigkeiten bestehen Bestrebungen, dieses Merkmal zu streichen und dadurch den Anwendungsbereich der Norm zu erweitern und ihre Umsetzung zu erleichtern. Die damit verbundene Verbreiterung des Anwendungsbereichs der Norm müsste dann – zumindest für den ausschließlichen Bereich des § 26b UStG – durch die entsprechende Anwendung des Opportunitätsprinzips wieder eingeschränkt werden.

 

Rz. 228

Weitere Tatbestandsvoraussetzung des § 26b UStG ist, dass die in einer Rechnung ausgewiesene Steuer im Fälligkeitszeitpunkt nicht oder nicht vollständig entrichtet wird. Wie sich aus § 18 Abs. 1 S. 4 UStG ergibt, ist der Fälligkeitszeitpunkt bei Voranmeldungen der 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldezeitraums.[11] Wird die Steuer nicht, nicht vollständig oder verspätet erklärt, so ergibt sich der Fälligkeitszeitpunkt aus § 18 Abs. 1 S. 1 UStG. Bei Jahreserklärungen liegt der Fälligkeitszeitpunkt für das Jahresabschlusssoll einen Monat nach dem Eingang der Jah...

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