Rz. 205

Eine Tathandlung i. S. d. § 257 StGB liegt vor, wenn der Täter dem Vortäter nach dessen Tat Hilfe leistet, die durch die Vortat erlangten oder entstandenen Vorteile dagegen zu sichern, dass sie dem Vortäter zugunsten des Verletzten entzogen werden.

Die Frage, ob die Handlung auch objektiv geeignet sein muss, die Lage des Vortäters zu verbessern, war in der Vergangenheit umstritten.[1] Nach heute h. M. muss die zur Hilfeleistung vorgenommene Handlung objektiv geeignet sein und subjektiv mit der Tendenz vorgenommen werden, die durch die Vortat erlangten oder entstandenen Vorteile gegen Entziehung zu sichern.

  • [2] Folglich muss die Handlung den Vortäter im Ergebnis nicht besser stellen, aber es scheiden solche Handlungen als Hilfeleistungen i. S. d. § 257 StGB aus, die zur Verwirklichung der Vermögenssicherungsabsicht völlig ungeeignet sind.[3]
 

Rz. 206

Daraus, dass die Tathandlung der Begünstigung eine Hilfsmaßnahme zur Sicherung des unmittelbar aus der Tat erlangten Vorteils sein muss, ergibt sich für die Begünstigung als Steuerstraftat Folgendes: Durch die Maßnahme muss die Verwirklichung der Rückführung des "Steuervorteils" (vgl. Rz. 208) unmöglich gemacht oder noch weiter erschwert werden, als dies bereits durch die Steuerhinterziehung geschehen ist.[4]

 

Rz. 207

Die Hilfe ist nur hinsichtlich eines unmittelbar aus der Steuerstraftat erlangten Vorteils möglich, den der Vortäter zur Zeit der Begünstigungshandlung noch innehaben muss. Jede wirtschaftliche, rechtliche oder tatsächliche Besserstellung des Vortäters stellt für ihn einen Vorteil dar[5], sodass § 257 Abs. 1 StGB alle "Vorteile der Tat" erfasst. Eine Unterscheidung zwischen Vorteilen "für" und "aus" der Tat findet nicht statt. Das Unmittelbarkeitserfordernis dient allerdings dazu, Ersatzvorteile (Vorteilssurrogate) auszuklammern[6], sodass es sich nicht mehr um die Vorteile der Tat handelt, wenn dem Vortäter sich erst aus der Verwertung der Tatvorteile ergebende wirtschaftliche Werte zugewandt oder gesichert werden sollen. Folglich ist der Erlös aus dem Verkauf des Erlangten kein unmittelbarer Vorteil mehr, der Gegenstand der Begünstigung i. S. d. § 257 Abs. 1 StGB sein kann.[7]

Ein unmittelbar aus der Vortat erlangter Vorteil ist z. B. der Besitz von geschmuggelten Waren. Diesbezügliche typische Begünstigungshandlungen sind das Verbergen oder der Abtransport des Schmuggelguts oder das Mitwirken bei dessen Absatz.[8]

Ein Vorteil i. S. d. § 257 Abs. 1 StGB ist auch der an einen Tatbeteiligten gezahlte Tatlohn.[9] Die bloße Aussicht auf einen versprochenen, aber noch nicht gezahlten Tatlohn stellt hingegen keinen Vorteil i. S. d. § 257 Abs. 1 StGB dar.[10] Unmittelbar aus der Vortat stammende Vorteile sind auch Banknoten, die von einem Bankkonto abgehoben wurden, auf dem sich der Erlös aus der Vortat befand.[11]

 

Rz. 208

Bei der Steuerhinterziehung nach § 370 AO liegt der unmittelbare Vorteil regelmäßig in der durch die Steuerverkürzung erlangten zu niedrigen Steuerfestsetzung (s. § 370 AO Rz. 84), die zu einer "Steuerersparnis" oder ggf. sogar zu einer "Steuererstattung" führt. Hinsichtlich dieses Vorteils ist eine Begünstigung möglich.[12] Die Unmittelbarkeit der Vorteilserlangung aus der Steuerhinterziehung ist gegeben, wenn im Zeitpunkt der Begünstigungshandlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die erlangte "Steuerersparnis" als geldwerter Vorteil im Vermögen des Vortäters noch vorhanden ist, ohne dass es auf die Sachidentität ankommt.[13] Diese wirtschaftlich orientierte Auslegung des Begriffs der Unmittelbarkeit im Bereich des § 257 StGB durch die Rspr. und die h. M. führt zu einer erheblichen Erweiterung des Anwendungsbereichs des Tatbestands.

Typische Begünstigungshandlungen bei einer Steuerhinterziehung sind die treuhänderische Verwaltung von hinterzogenen Steuern oder erschlichenen Erstattungsbeträgen für den Vortäter, die anonyme Überweisung von Geldern ins Ausland mit der Absicht, dadurch den Zugriff der Finanzbehörden zu erschweren[14] und u. U. auch die auf Vorteilssicherung gerichtete Beratung durch Angehörige der steuerberatenden Berufe.

 

Rz. 209

Eine weitere Besserstellung des Vortäters ist z. B. die Vereitelung der Abwehransprüche des Geschädigten. Folglich handelt es sich bei Maßnahmen zur Verschleierung von Steuervergehen i. S. d. § 369 Abs. 1 Nr. 1–3 AO ebenso um typische Begünstigungshandlungen wie bei falschen Angaben gegenüber den Verfolgungsbehörden oder die Erstellung von gefälschten Belegen.

 

Rz. 210

Es besteht auch die Möglichkeit, durch Unterlassen Hilfe zu leisten. Dies setzt allerdings das Bestehen einer entsprechenden Rechtspflicht zum Handeln voraus (vgl. Rz. 57). Im Bereich des Steuerstrafrechts dürfte sich eine solche Rechtspflicht vor allem aus einer amtlichen Stellung ergeben, sodass z. B. Beamte des Zolls, die die Beschlagnahme von Schmuggelgut pflichtwidrig unterlassen, eine Begünstigung durch Unterlassen begehen.[15] Ebenso sind Dienstvorgesetzte in der Finanzverwaltung zur Strafanzeige verpflichtet, wenn ihne...

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