Rz. 143

Die schwerste Ahndungsfolge einer Straftat ist der Freiheitsentzug.[1] Nach § 39 StGB wird die Freiheitsstrafe nach vollen Wochen, Monaten oder Jahren bemessen.

 

Rz. 144

Die Freiheitsstrafe beträgt nach § 38 Abs. 2 StGB mindestens einen Monat, soweit nicht eine andere Regelung getroffen ist, z. B. nach:

  • § 370 Abs. 3 AO im Fall der besonders schweren Steuerhinterziehung mindestens sechs Monate;
  • § 373 Abs. 1 AO im Fall des gewaltsamen, gewerbs- oder bandenmäßigen Schmuggels mindestens sechs Monate.
 

Rz. 145

Das Höchstmaß der Freiheitsstrafe beträgt bei den Steuerstraftaten (vgl. Rz. 6ff.) regelmäßig höchstens 5 Jahre, vgl. § 369 Abs. 1 Nr. 3 AO i. V. m. § 148 Abs. 1 StGB (vgl. Rz. 181ff.); § 369 Abs. 1 Nr. 4 AO i. V. m. § 257 Abs. 1 StGB (vgl. Rz. 200ff.); § 370 Abs. 1 AO, § 372 Abs. 2 AO i. V. m. § 370 Abs. 1 AO, minderschwerer Fall gem. § 373 Abs. 1 S. 2 AO, § 374 Abs. 1 AO; § 26c UStG (vgl. Rz. 219ff.).

 

Rz. 146

Die Freiheitsstrafe beträgt höchstens 10 Jahre nach § 370 Abs. 3 S. 1 AO im Fall einer besonders schweren Steuerhinterziehung und im Fall einer Straftat nach § 373 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 AO.

 

Rz. 147

Die Freiheitsstrafe beträgt nach § 38 Abs. 2 StGB und § 54 Abs. 2 S. 2 StGB im Fall der Bildung einer Gesamtstrafe bei mehreren Straftaten (s. Rz. 142) höchstens 15 Jahre.

 

Rz. 148

Nach § 47 Abs. 1 StGB sind Freiheitsstrafen unter 6 Monaten vom Gericht nur zu verhängen, wenn wegen besonderer Umstände, die in der Tat oder in der Persönlichkeit des Tatbeteiligten liegen, die Verhängung der Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Tatbeteiligten oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich ist.[2] Die sich aus § 47 Abs. 1 StGB ergebenden Voraussetzungen einer solch kurzen Freiheitsstrafe sind bei einer Steuerhinterziehung i. d. R. nicht gegeben, sodass in entsprechenden Fällen in aller Regel eine Geldstrafe verhängt wird.

 

Rz. 149

Im Übrigen sind Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr nach § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung auszusetzen, wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

 

Rz. 150

Wenn die Sozialprognose nach § 56 Abs. 1 StGB (s. Rz. 149) günstig ist, kann nach § 56 Abs. 2 StGB auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wieder gutzumachen, zu berücksichtigen.

 

Rz. 151

Die Bewährungszeit beträgt gem. § 56a Abs. 1 StGB zwischen zwei und fünf Jahren. Das Gericht kann Auflagen und Weisungen erteilen.[3] Werden diese nicht erfüllt oder wird der Verurteilte innerhalb der Bewährungszeit wieder straffällig, so kann die Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen werden. Die Strafe ist nach Ablauf der Bewährungszeit zu erlassen, wenn die Bewährung nicht widerrufen worden ist.

 

Rz. 152

Im Strafbefehlsverfahren[4] kann gem. § 407 Abs. 2 S. 2 StPO ebenfalls eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr verhängt werden, die jedoch zur Bewährung (vgl. Rz. 149ff.) auszusetzen ist.[5] Dies ist jedoch nur zulässig, wenn der Beschuldigte durch einen Verteidiger[6] beraten ist.

[1] Bei der Einschätzung, dass die Freiheitsstrafe – auch wenn sie zur Bewährung ausgesetzt wird – in jedem Fall die gegenüber der Geldstrafe schwerere Strafe darstellt, ist allerdings eine theoretisch geprägte Sichtweise. Für die Praxis ist zu beachten, dass sich dies aus der Sicht eines Beschuldigten häufig ganz anders darstellt, da eine Freiheitsstrafe auf Bewährung ihm – im Gegensatz zu einer Geldstrafe – kein konkretes Übel zufügt, sodass er sie als milder, teilweise sogar als "Freispruch zweiter Klasse" empfinden wird. Darüber hinaus kommt es dem Täter einer Steuerhinterziehung in aller Regel darauf an, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen und diesen zu behalten. Deshalb ist eine Strafe, durch die ihm Vermögenswerte entzogen werden, für ihn deutlich spürbarer und somit nach Ansicht der Strafverfolgungsorgane auch i. d. R. deutlich zielführender.
[2] BGH v. 8.4.2003, 3 StR 92/03, StV 2003, 485; KG Berlin v. 15.1.2007, (2/5) 1 Ss 245/06 (57/06), StRR 2007, 113.

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