Rz. 9

Nach § 359 Nr. 1 AO ist Beteiligter am finanzbehördlichen Einspruchsverfahren, wer den Einspruch eingelegt hat. Er wird vom Gesetz als Einspruchsführer bezeichnet. Es gehört nach § 357 Abs. 1 S. 2 AO zum notwendigen Inhalt eines Einspruchs, dass der Einspruchsführer eindeutig identifizierbar ist. Notfalls ist der Einspruchsführer durch Auslegung zu bestimmen. Die Bestimmung des Einspruchsführers ist daher regelmäßig unproblematisch, wenn dieser den Einspruch für sich selbst einlegt.

 

Rz. 10

Die gesetzliche Formulierung des § 359 Nr. 1 AO ist aber insofern missverständlich, als sie das Rechtsinstitut der Vertretung unberücksichtigt lässt.

Soweit ein Beteiligter nicht handlungsfähig ist, handelt für ihn der gesetzliche Vertreter. Im Übrigen kann sich der Einspruchsführer nach § 365 Abs. 1 AO i. V. m. § 80 AO durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Rechtsfolge der Vertretung ist, dass die Rechtswirkungen der Handlungen des Vertreters unmittelbar in der Person des Vertretenen eintreten.

Unter Berücksichtigung dieses Umstands ist Beteiligter und Einspruchsführer nicht derjenige, der den Einspruch einlegt, sondern vielmehr derjenige, für den der Einspruch eingelegt worden ist. Die tatsächliche Vornahme der Einlegung ist nicht entscheidend.

Der Vertreter wird daher nicht Beteiligter am Verwaltungsverfahren.[1] Dies gilt selbst für den Vertreter ohne Vertretungsmacht, wenn z. B. die Vollmachtserteilung fehlerhaft gewesen ist. Auch eine irrtümliche oder angemaßte Annahme der Vertretungsmacht begründet keine Beteiligtenstellung des vermeintlichen Vertreters. Wird die ohne Vertretungsmacht erfolgte Vertretung nicht von dem "Vertretenen" genehmigt, ist der Einspruch gegenüber dem "Vertretenen" als unzulässig zu verwerfen.[2]

 

Rz. 11

Auch bei Ehegatten wird nur derjenige Beteiligter am Einspruchsverfahren, für den der Einspruch eingelegt wurde oder der zum Einspruchsverfahren hinzugezogen wird.

Zwar werden nach § 26b EStG bei der Zusammenveranlagung zur ESt die erzielten Einkünfte beider Ehegatten "zusammengerechnet, den Ehegatten gemeinsam zugerechnet und, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, die Ehegatten sodann gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt". Diese Regelung bewirkt aber nur, dass die Ehegatten im Besteuerungsverfahren gemeinsam Stpfl. und dadurch auch nach § 78 AO gemeinsam Beteiligte sind. Sie hat keinen Einfluss auf die Beteiligtenstellung im finanzbehördlichen Einspruchsverfahren, da hier der Beteiligtenkreis durch § 359 AO eingeschränkt ist. Jeder Ehegatte kann und muss auch im Fall der Zusammenveranlagung getrennt das Einspruchsverfahren führen, indem er selbst Einspruch einlegt. Die Zusammenveranlagung bewirkt nicht, dass ein von einem Ehegatten eingelegter Einspruch grundsätzlich auch als Einspruchseinlegung des anderen Ehegatten anzusehen ist. Hat nur einer der Ehegatten Einspruch eingelegt, wird eine Hinzuziehung des anderen Ehegatten nicht als notwendig angesehen.[3]

[2] Siegers, in HHSp, AO/FGO, § 359 AO Rz. 18; Koenig/Cöster, AO, 4. Aufl. 2021, § 359 Rz. 4.

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