Rz. 26

Hiernach sind dritte Personen, die in einer fremden Steuersache Mitwirkungspflichten zu erfüllen haben, nicht Stpfl.[1] § 33 Abs. 2 AO ist seiner Formulierung nach eine Einschränkung des materiellen Steuerpflichtigenbegriffs. Die Formulierung des Gesetzes ist aber missverständlich. Sie resultiert letztlich daraus, dass auch die AO die Begriffe "Steuerpflichtiger" und "Beteiligter" nicht klar trennt (Rz. 2).

Ausgangspunkt für die Interpretation des § 33 Abs. 2 AO muss der Rechtscharakter der genannten Mitwirkungspflichten sein. Die dort – nicht abschließend – genannten Pflichten sind dem Pflichtenträger als Dienstleistungs- oder Duldungspflichten auferlegt, durch deren Erfüllung der Pflichtenträger die Finanzbehörde im steuerlichen Verwaltungsverfahren, insbesondere bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen[2] in einer anderen Steuersache, unterstützt. Diese Mitwirkungspflichten haben nicht spezifisch steuerlichen Charakter, sondern es handelt sich um allgemeine verfahrensrechtliche Pflichten, die jedem Bürger im Rahmen der Durchführung zivilrechtlicher oder öffentlicher Verfahren auferlegt sind, soweit nicht im Einzelfall Mitwirkungsverweigerungsrechte bestehen. Diese allgemeinen Rechtspflichten sind durch die Kodifizierung in der AO zu speziellen steuerlichen Mitwirkungspflichten transformiert. Die Pflichtenträger sind nach der allgemeinen Begriffsbestimmung des § 33 Abs. 1 AO in dem zwischen der Finanzbehörde und ihnen bestehenden Rechtsverhältnis in jedem Fall Stpfl. Der Streit über das Bestehen und den Umfang der steuerlichen Mitwirkungspflicht ist eine Abgabenangelegenheit i. S. v. § 347 Abs. 2 AO. Die Finanzbehörde konkretisiert die Mitwirkungspflicht durch einen Verwaltungsakt[3] und gestaltet damit ein inhaltlich spezifiziertes Steuerpflichtverhältnis. Die Erfüllung der Mitwirkungspflicht kann durch die Finanzbehörde mit Zwangsmitteln[4] erzwungen werden.

Die Aussage des § 33 Abs. 2 AO ist in lückenfüllender Analogie so zu verstehen, dass Stpfl. nicht ist, wer lediglich allgemeine verfahrensrechtliche Pflichten in fremder Steuersache zu erfüllen hat, in welcher er nicht selbst Beteiligter des Steuerverhältnisses ist.[5] § 33 Abs. 2 AO hat letztlich nur einen verfahrensrechtlichen Inhalt und muss deshalb als Modifizierung des § 78 AO gesehen werden.[6] Die Verwendung des Begriffs "Steuerpflichtiger" in § 33 Abs. 2 AO ist demgemäß unzutreffend; stattdessen hätte der Begriff "Beteiligter" Verwendung finden müssen. § 33 Abs. 2 AO hat also für die Bestimmung des materiellen Steuerpflichtigenbegriffs keine Bedeutung.[7]

[1] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 33 AO Rz. 20.
[5] Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 33 AO Rz. 34; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 33 AO Rz. 18.

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