Rz. 29

Nach Art. 58 DSGVO kann die Aufsichtsbehörde gegenüber den für die Verarbeitung personenbezogener Daten Verantwortlichen verschiedene Maßnahmen ergreifen. Es können Verwarnungen ausgesprochen werden, wenn mit Datenverarbeitungen bereits gegen die Grundverordnung verstoßen wurde. Darüber hinaus kann dem Verantwortlichen und dessen Auftragsverarbeiter aufgegeben werden z. B. personenbezogene Daten nicht an die Finanzverwaltung zu übermitteln, da dies nicht im Einklang mit der DSGVO stehe. Eine entsprechende Weisung kann auch dann getätigt werden, wenn das nationale Steuerrecht eine Übermittlung der Daten an die Finanzverwaltung vorsieht. Im Hinblick auf die Auslegung der DSGVO handeln die zuständigen Datenaufsichtsbehörden nach Art. 52 Abs. 1 DSGVO unabhängig.[1] Sie haben das Recht und die Pflicht der DSGVO Geltung zu verschaffen. Sieht das nationale Recht eine Norm vor, die mit der DSGVO nicht in Einklang steht, dann geht die DSGVO grundsätzlich vor.

 

Rz. 30

Zu den Dritten, denen steuerliche Mitwirkungspflichten obliegen gehören z. B.:

  • der Arbeitgeber (gesamtes Lohnsteuerverfahren)
  • die Anbieter von Riester-Verträgen (Zulageverfahren)
  • die gesetzliche Rentenversicherung, berufsständische Versorgungseinrichtungen, Alterskasse der Landwirte, Pensionskassen, Pensionsfonds, Direktversicherungen, Anbieter von Riester-Verträgen (Rentenbezugsmitteilungsverfahren)
  • die Anbieter von Basiskrankenversicherung, wie z. B. gesetzliche Krankenkassen, private Krankenversicherungen (Übermittlung der geleisteten Beiträge)
  • die Banken und Kreditinstitute (Abgeltungssteuer)
  • die Bundesagentur für Arbeit (bestimmte Zuschüsse)
  • Notare (Grundstückskaufverträge/Grunderwerbsteuer)

Diese Liste ließe sich unproblematisch fortsetzen.

 

Rz. 31

Wird einem Dritten aufgegeben seinen steuerlichen Mitwirkungspflichten nicht oder nur teilweise nachzukommen, dann wird sich dieser im Zweifel an die Weisung der Datenschutzaufsicht halten. Dies gilt bei nicht öffentlichen Stellen insbesondere im Hinblick auf die potentiell sehr hohen Geldbußen, die die Datenschutzaufsicht bei einem Verstoß verhängen kann.[2] Entsprechende Weisungen gegenüber Dritten können die BfDI[3] oder die Landesdatenschutzbeauftragten[4] erlassen.

 

Rz. 32

Für den Dritten besteht auch wenig Anlass, gegen eine solche Weisung der Datenschutzaufsicht gerichtlich vorzugehen. Zum einen würde ein solches Verfahren zusätzliche Kosten auslösen, zum anderen wird es für den Dritten im Zweifel kostengünstiger sein, wenn er sich an die Weisung hält da er dann seinen Mitwirkungspflichten nicht mehr nachkommen muss. Die Weigerung des Dritten gegenüber der Finanzverwaltung mitzuwirken wird durch das in § 103 AO geregelte Auskunftsverweigerungsrecht rechtlich abgesichert. Dieses Auskunftsverweigerungsrecht steht jedoch wegen § 43 Abs. 3 BDSG nur nicht öffentlichen Stellen zu.[5]

 

Rz. 33

Aus Sicht der Finanzverwaltung wäre eine solche Situation unbefriedigend. Zum einen wäre eine gleichmäßige Festsetzung und Erhebung der Steuern gefährdet, da z. B. für einzeln Stpfl. keine Rentenbezugsmitteilungen mehr übermittelt würden. Zum anderen bestünde keine Möglichkeit, die Streitfrage gerichtlich klären zu lassen. Um dies zu vermeiden regelt § 32i Abs. 3 AO das Recht der Finanzbehörde, auf Feststellung des Bestehens einer steuerlichen Mitwirkungspflicht zu klagen.[6] Klagegegner ist die Datenschutzaufsicht. Gegenstand des Rechtsstreits ist somit die Frage, ob die gegenüber einem Dritten bestehende steuerliche Mitwirkungspflicht durch die DSGVO eingeschränkt wird.

 

Rz. 34

Die rechtskräftige Entscheidung des FG über die Feststellungsklage einer Finanzbehörde bindet nach § 110 FGO die Finanzbehörde, die Aufsichtsbehörde und die Stelle, deren Pflicht zur Mitwirkung die Finanzbehörde geltend gemacht hat, sowie ggf. die dem Verfahren beigetretene oberste Bundes- oder Landesfinanzbehörde. Sie ist aber nicht allgemeinverbindlich. Allerdings bleibt ein – je nach Ausgang des Klageverfahrens – fehlerhafter Beschluss der Datenschutzaufsichtsbehörde weiterhin wirksam.[7] Seine Rechtmäßigkeit wird jedoch durch den Tenor des Feststellungsurteils "überlagert".[8] Vor diesem Hintergrund ist der Inhalt des Feststellungstenors von erhöhter Bedeutung. Festzustellen ist nach dem Wortlaut von § 32i Abs. 3 Satz 1 AO (positiv) das Bestehen einer konkreten Mitwirkungspflicht des Beigeladenen.

[1] Baum, NWB 41/2017, 3143 (3148).
[2] Vgl. hierzu Keppeler/Berning, DStR 2018, 91; Neun/Lubitzsch, BB 2017, 1538
[3] Bei Bundesbehörden: z. B. Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Rentenversicherung Bund.
[4] Bei privaten Unternehmen, je nach individuellem Sitz des Unternehmens bzw. der Einrichtung.
[5] Baum, NWB 44/2017, 3351 (3355).
[6] Baum, NWB 44/2017, 3351 (3355).
[7] Krumm, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 32i Rz. 9.
[8] Schober, in Gosch, AO/FGO, § 32i AO Rz. 21.

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