Rz. 51

Während §§ 850850l ZPO den Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen festlegen, regeln §§ 851852 ZPO den Pfändungsschutz für unübertragbare Forderungen, Einkünfte aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Produkte, Miet- und Pachtzinsen, Pflichtteilsansprüche, Ansprüche des Schenkers auf Herausgabe des Geschenkten sowie Ansprüche auf Zugewinnausgleich.

3.1 Pfändung unübertragbarer Forderungen (§ 851 ZPO)

 

Rz. 52

§ 851 Abs. 1 ZPO regelt die Pfändbarkeit von Forderungen, die gesetzlich normierten Abtretungsverboten unterliegen.[1] Nach § 851 Abs. 1 ZPO ist eine Forderung grundsätzlich nicht pfändbar, wenn sie nicht übertragbar ist. Diese Norm ist das Gegenstück zu § 400 BGB, der bestimmt, dass eine Forderung, die nicht pfändbar ist, auch nicht übertragbar ist. Grundsätzlich sind Forderungen jedoch abtretbar/übertragbar und mithin pfändbar. Ausnahmen vom Grundsatz der Abtretbarkeit sind z. B. in §§ 13 Abs. 3 S. 2, 17 Abs. 1 5. VermBG (Arbeitnehmersparzulage), § 15 VVG (Forderung aus der Versicherung einer unpfändbaren Sache), § 38 BGB (Mitgliedschaft in einem Verein), § 514 BGB (Vorkaufsrecht) und §§ 613 S. 2, 664 Abs. 2 BGB (Anspruch auf Ausführung eines Auftrags bzw. einer Dienstleistung) gesetzlich normiert. Ebenfalls sind solche Ansprüche nicht abtretbar, und somit nicht pfändbar, die durch die Abtretung i. S. v. § 399 Alt. 1 BGB ihren Inhalt veränderten. Typischerweise sind dies höchstpersönliche Ansprüche, wie sie sich z. B. aus § 1649 Abs. 2 BGB ergeben. Die Corona-Soforthilfe 2020 fällt unter § 851 Abs. 1 ZPO und ist deshalb nicht pfändbar.[2] Nicht unter § 851 Abs. 1 ZPO fallen hingegen z. B. der Beihilfeanspruch und der Schmerzensgeldanspruch[3] oder die Gebührenforderung eines Rechtsanwalts.[4]

 

Rz. 53

§ 851 Abs. 2 ZPO betrifft vertragliche Abtretungsverbote. Bezüglich Forderungen, die i. S. v. § 399 Alt. 2 BGB[5] einem vertraglichen Abtretungsverbot unterliegen, bestimmt § 851 Abs. 2 ZPO, dass diese dann gepfändet werden können, wenn der geschuldete Gegenstand (Sache oder Recht) der Art nach der Pfändung unterworfen ist, er also z. B. nicht unter § 811 ZPO fällt. Dies ist z. B. beim Hauptanwendungsfall des Geldes nicht der Fall.[6] Durch die Einschränkung der Unpfändbarkeit bei vertraglichen Abtretungsverboten soll verhindert werden, dass Schuldner und Drittschuldner kollusiv die Zwangsvollstreckung des Gläubigers vereiteln können.[7]

[1] Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 319 Rz. 48.
[3] Flockenhaus, in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 851 ZPO Rz. 2.
[5] Grüneberg/Grüneberg, BGB, 83. Aufl. 2024, § 399 BGB Rz. 8ff.
[6] Flockenhaus, in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 851 ZPO Rz. 8.
[7] S. auch Herget, in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 851 ZPO Rz. 6.

3.2 Pfändungsschutz für Landwirte (§ 851a ZPO)

 

Rz. 54

§ 851a ZPO gewährt für Forderungen aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse besonderen Pfändungsschutz. Nach dem Wortlaut des § 851a ZPO sind solche Forderungen grundsätzlich pfändbar, auf Antrag des Schuldners sind die Pfändungen aber insoweit aufzuheben, als dass sie für den Unterhalt des Schuldners, seiner Familie und Arbeitnehmer sowie für die Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs unentbehrlich sind. Nach § 851a Abs. 2 ZPO soll die Pfändung schon von Anfang an unterbleiben, wenn obige Voraussetzungen offenkundig sind. In Abweichung zum Wortlaut ist im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung der Pfändungsschutz von der Vollstreckungsbehörde von Anfang an in jedem Fall zu beachten. Der Grund hierfür sind der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und die nur sinngemäße Anwendung der §§ 850852 ZPO nach § 319 AO.[1] Landwirtschaftliche Erzeugnisse können tierische oder pflanzliche Produkte sein, die durch die gewerbsmäßige Nutzung eigenen oder fremden Bodens zur Gewinnung von Nutzpflanzen oder Nutztieren und deren Erzeugnissen entstehen.[2] Unentbehrlich sind solche Einkünfte, wenn die Deckung des Bedarfs durch andere Einkünfte nicht möglich ist. Eine Interessenabwägung mit den Belangen des Gläubigers ist dabei nicht vorzunehmen.[3]

[1] Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 319 AO Rz. 101; a. A. Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 319 AO Rz. 90.
[2] Herget, in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 811 ZPO Rz. 19ff.
[3] Herget, in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 851a ZPO Rz. 5.

3.3 Pfändungsschutz für Miet- und Pachtzinsen (§ 851b ZPO)

 

Rz. 55

§ 851b ZPO gewährt einen gewissen Pfändungsschutz für Miete und Pacht.[1] Ebenso wie bei § 851a ZPO (s. Rz. 54) ist der Pfändungsschutz für Miete und Pacht in der Verwaltungsvollstreckung von Amts wegen zu beachten.[2] Miet- und Pachtzinsen sind insoweit nicht zu pfänden, als diese für den laufenden Unterhalt des Grundstücks, zur Vornahme notwendiger Instandsetzungsarbeiten und zur Befriedigung von Ansprüchen i. S. v. § 10 ZVG unentbehrlich sind. Dies gilt auch für Bargeld oder Rücklagen aus diesen Einkünften, die für obige Zwecke unentbehrlich sind. Diese Vorschrift schützt also nicht den Unterhalt oder das Vermögen des Schuldners selbst, sondern ausschließlich den Unter...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge