Rz. 1

§ 31 AO regelt Befugnisse und Pflichten zur Offenbarung von grundsätzlich durch das Steuergeheimnis geschützten Daten. Die Norm ist ein Gesetz i. S. von § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO. Ursprünglich regelte sie nur in einem sehr engen Bereich die Befugnis zum Offenbaren gegenüber bestimmten Stellen und zu bestimmten engen Zwecken. Im Laufe der Zeit ist der Kreis der Befugnisse jedoch erweitert und zudem überwiegend zu Pflichten umgestaltet worden, die der betroffenen Behörde grundsätzlich kein Ermessen belassen – mit einer Einschränkung bei unverhältnismäßigem Aufwand. Der Vorschrift wurden in den Jahren 1981 und 2002 die (seither mehrfach geänderten) §§ 31a und 31b AO zur Seite gestellt, die weitere Offenbarungsbefugnisse und -pflichten regeln. Insbesondere die Komplizierung des Sozialrechts, aber auch die Bekämpfung der Schwarzarbeit, der Geldwäsche, des Terrorismus und andere außersteuerliche Problemfelder veranlassten den Gesetzgeber, die Finanzverwaltung immer weiter gehend zum Informationsgeber für nichtsteuerliche Zwecke einzusetzen.

 

Rz. 2

Das Steuergeheimnis als erforderliches Gegenstück zu den weit reichenden Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Stpfl.[1] dient dem Schutz der privaten Interessen des Stpfl. wie auch einer leichteren und gleichmäßigen Besteuerung.[2] Durch die weitreichenden Mitwirkungspflichten der Finanzbehörden in den §§ 31 ff. AO wird es aus außersteuerlichen, meist ordnungspolitischen Zwecksetzungen erheblich eingeschränkt. Damit befinden sich die Finanzbehörden in einem Zielkonflikt.[3] Zwar ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich unbenommen, die sachlich gerechtfertigten ordnungspolitischen Ziele durch dazu taugliche Bestimmungen zu verfolgen, wozu die Mitteilungspflichten der Finanzbehörden sicherlich geeignet sind. Die zumindest tendenzielle Absicherung einer ordnungsgemäßen Festsetzung außersteuerlicher Abgaben ist grundsätzlich auch ein legitimes Ziel für die bundesgesetzliche Öffnung der Mitteilung geschützter Daten aus dem Besteuerungsverfahren.[4] Andererseits wird der steuerliche Zweck des Steuergeheimnisses durch Erweiterung der Mitteilungspflichten zunehmend gefährdet. Umstritten ist, ob die Regelungen in den §§ 31 ff. AO den verfassungsrechtlichen Anforderungen an Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit genügen im Hinblick auf ein erforderliches, die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen überwiegendes Interesse der Allgemeinheit.[5]

Für Mitteilungen nach §§ 31 ff. AO gilt das sog. verlängerte Steuergeheimnis, das die Mitteilungsempfänger hinsichtlich der mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen, d. h. der rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse, wahren müssen.[6] Die übermittelten Daten unterliegen zudem auch bei den in § 30 Abs. 11 S. 1 AO bezeichneten Empfängern der Zweckbestimmung, zu der sie übermittelt wurden.[7] Die Verpflichtung zur Wahrung des (weitergeleiteten) Steuergeheimnisses bleibt unberührt.[8]

 

Rz. 3

§ 31 AO erlaubte ursprünglich nur die Mitteilung von Besteuerungsgrundlagen usw. in den jetzt in Abs. 1 S. 1 genannten Fällen sowie von Verhältnissen des Betroffenen an die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung zum Zweck der Festsetzung von Beiträgen. Durch das StEntlG 1981[9] ist die Künstlersozialkasse in Abs. 2 neben die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung getreten. Durch das Mißbrauchsbekämpfungs- und SteuerbereinigungsG[10] ist der bis heute materiell unveränderte Abs. 3 für Befugnisse der die Grundsteuer verwaltenden Behörden zur Verwendung und Mitteilung der Namen und Anschriften der Grundstückseigentümer angefügt worden (s. zu diesen Rz. 19–27). Durch das Gesetz zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit[11] ist in Abs. 1 und 2 an die Stelle der Befugnis der Finanzbehörden für Mitteilungen bestimmter Daten an bestimmte Empfänger die Verpflichtung hierzu eingefügt worden.

 

Rz. 4

Nach einer nur redaktionellen Anpassung durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt[12] ist durch das Richtlinien-Umsetzungsgesetz[13] in Abs. 1 ein S. 3 angefügt worden, der in Bezug auf Namen und Anschriften von Körperschaftsmitgliedern erneut eine Erweiterung der Mitteilungsbefugnis gebracht hat.

Mit dem Gesetz zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften[14] wurde in Abs. 2 S. 1 der Begriff "Verhältnisse" durch den Begriff "Daten" ersetzt. Mit diesem Gesetz wurde das steuerverfahrensrechtliche Datenschutzrecht den Anforderungen der DSGVO[15] angepasst bzw. als kodifiziertes Recht erstmals geschaffen. Dementsprechend waren auch die steuerverfahrensrechtlichen Begrifflichkeiten den Begriffen der DSGVO anzupassen, da diese die zu verwendenden datenschutzrechtlichen Begrifflichkeiten auch für die nationale Gesetzgebung der Mitgliedstaaten verbindlich definiert.[16] Die Änderung des § 31 AO sollte laut Gesetzesbegründung aber nur redaktioneller Art sein.[17] Um dieses Ergebnis herbeizuführen, war allerdings eine weitere Anpassung der Norm durch das Jahressteuergesetz 2020[18] erforderlich (vgl. R...

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