Rz. 185

Zum 1.1.2021 ist das Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) in Kraft getreten.[1] Neben Änderungen der InsO hat dieses Gesetz auch das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) zum Inhalt. Mit dem SanInsFoG wird im Wesentlichen die EU-Richtlinie über einen präventiven Restrukturierungsrahmen v. 19.6.2019[2] in deutsches Recht umgesetzt. Ziel dieser Richtlinie ist es, nachweislich bestandsfähige Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten zu retten und dies ohne die Durchführung eines Insolvenzverfahrens.

Das StaRuG bildet den ersten Teil des SanInsFoG. Es handelt sich hierbei um ein eigenes Gesetz, das unabhängig von den Regelungen der InsO ist und eine eigenständiges Verfahren zur Vermeidung einer Insolvenz regelt. Die zentralen Aussagen des Gesetzes sind hierbei:

  • Ein Verfahren nach dem StaRuG ist möglich, wenn Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners innerhalb der nächsten 24 Monate droht. Der Schuldner kann dann dem Gericht eine Anzeige erstatten, dass er die Durchführung eine solchen Verfahrens erstrebt. Während der Rechtshängigkeit des Verfahrens ruhen insbesondere Insolvenzantragspflichten wegen Überschuldung. Eine Zahlungsunfähigkeit ist gleichwohl unverzüglich anzuzeigen.
  • Ist diese Voraussetzung gegeben, hat der Schuldner, bzw. sein Vertreter, das Recht, einen Restrukturierungsplan vorzulegen. Dieser ist ähnlich auszugestalten wie ein Insolvenzplan.[3] Aufzunehmen sind dabei zusammengefasst die Erklärung zur Bestandsfähigkeit, eine Vermögensübersicht, ein Ergebnis- und Finanzplan sowie die Auswirkungen der angestrebten Sanierung. Aufzunehmen sind ebenfalls eine Aufstellung der Forderungen nach Gruppen und die Planbetroffenen. Nicht Gegenstand eines Plans sind Arbeitnehmerforderungen sowie Ansprüche aus Betriebsrenten; auch Aussonderungsrechte können nicht Gegenstand eines solchen Plans sein.
  • Der Plan kann entweder durch den Schuldner eigenverantwortlich durchgeführt werden, dies kann auf seinen Antrag auch durch das Gerichts erfolgen. Der Plan wird herbei den betroffenen Gläubigern als Angebot zur Verfügung gestellt. Der Plan ist angenommen, wenn in jeder der nach § 9 StraRuG zu bildenden Gruppen von 75 % der Stimmrechte in der jeweiligen Gruppe angenommen wird.[4] Unter gewissen Voraussetzungen ist aber auch eine Annahme ohne die Zustimmung aller Gruppen möglich.[5]
  • Auf Antrag des Schuldners bestätigt das Gericht den von den Planbetroffenen angenommenen Plan, nach dem eine Anhörung erfolgt ist[6], die Leistungen erfüllt sind[7] und keine Hinderungsgründe vorliegen.[8]
  • Nach der Rechtsprechung des BGH bestehen für Steuerberater im Rahmen der Erstellung von Jahresabschlüssen Prüfungs- und Warnpflichten hinsichtlich der Fortführungsfähigkeit von Unternehmen. Diese Rechtsprechung ist nunmehr in § 102 StaRuG ausdrücklich gesetzlich normiert. Die Regelung gilt dabei nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich auch für Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte, die Jahresabschlüsse von Mandanten erstellen. Sie sind verpflichtet, Mandanten auf das Vorliegen eines etwaigen Insolvenzgrundes hinzuweisen sowie auch die Geschäftsleiter auf ihre Pflichten in diesem Zusammenhang hinzuweisen, wenn die Anhaltspunkte offenkundig sind und anzunehmen ist, dass den Mandanten die Insolvenzreife nicht bewusst ist.
 

Rz. 186

Welche Auswirkungen sich aus dem StaRUG für die Durchsetzung von Steuerforderungen ergibt, bleibt abzuwarten. Die Finanzverwaltung dürfte sich hierzu zeitnah äußern. Letztlich dürften die Rechtslage allerdings nicht wesentlich von der in einem Insolvenzplanverfahren abweichen. Durch das Gesetz zur Modernisierung der Entlastung von Abzugsteuern und der Bescheinigung der Kapitalertragsteuer v. 2.6.2021[9] wurde in § 251 Abs. 2 Satz 2 AO die Worte "sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes" eingefügt. § 71 StaRuG ermöglicht die Vollstreckung aus einem rechtskräftig bestätigten Restrukturierungsplan. Diese Möglichkeit soll auch die Finanzverwaltung erhalten.

[1] BGBl I 2020, 3256.
[2] EU-Richtlinie 2019/1023, Abl L 172, 18.
[3] §§ 516 StaRuG.
[9] Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz – AbzStEntModG, BGBl I 2021, 1259.

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