Rz. 154

Für Insolvenzforderungen bestimmt § 87 InsO, dass diese nur nach den Bestimmungen der InsO durchgesetzt werden können. Nach § 89 InsO gibt es zudem ein ausdrückliches Vollstreckungsverbot für einzelne Insolvenzgläubiger. Die Einzelzwangsvollstreckung wird somit durch das Kollektivvollstreckungsrecht der InsO verdrängt. Dies gilt auch für Steuerforderungen, die Insolvenzforderungen darstellen.[1] Eine Geltendmachung von Steuerforderungen erfolgt damit ebenso nur mittels Anmeldung zur Tabelle.[2] Dies führt dazu, dass alle Steuerverfahren nicht mehr fortgesetzt werden dürfen, die auf eine Befriedigung des Steuergläubigers abzielen. Unterbrochen wird damit vor allem das Festsetzungsverfahren nach den Bestimmungen der §§ 155ff. AO, aber auch das Vollstreckungsverfahren.[3] Zu beachten ist hierbei auch § 88 InsO, der die Unwirksamkeit von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen normiert, die einen Monat vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sind.[4]

 

Rz. 155

Die Unterbrechung des Festsetzungsverfahrens hat zur Folge, dass Steuerbescheide nicht mehr ergehen dürfen, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.[5] Hingegen darf das Steuerermittlungsverfahren und auch eine Außenprüfung fortgeführt werden, da diese nicht unmittelbar auf die Befriedigung ausgerichtet sind, sondern nur der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen dienen.[6] Auch Bescheide über Steuererstattungen in die Insolvenzmasse dürfen ergehen.[7] Allgemeine Außenprüfungen kommen insbesondere in Betracht, wenn Mehrsteuern anderen Personen als dem Schuldner auferlegt werden können, wobei die Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung an den Insolvenzverwalter erfolgt.[8] Deshalb muss etwa auch der Insolvenzverwalter weiterhin Steuererklärungen abgeben (s. Rz. 19). Hinsichtlich der Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden ist dahin gehend zu differenzieren, ob diese unmittelbar auf die Befriedigung des Steuergläubigers abzielen oder nicht. Betrifft die Feststellung Steuerforderungen, die nicht von der Insolvenz berührt sind, darf der Bescheid ergehen. Insbesondere bleibt bei einer Insolvenz einer Personengesellschaft eine Feststellung zulässig, da diese nur Auswirkungen auf die Besteuerung der Gesellschafter hat. Die Bekanntgabe des Feststellungsbescheids erfolgt dann nur an die Gesellschafter.[9] Hingegen ist etwa der Erlass von Feststellungsbescheiden, die das Vermögen betreffen, über das das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, ausgeschlossen. Dies gilt etwa für Bescheide über die Feststellung von Verlusten. Ein gleichwohl erlassener Bescheid ist aufgrund eines schweren Fehlers nichtig.[10]

 

Rz. 156

Unterbrochen werden durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch ein laufendes außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren[11] sowie Klagen vor dem FG.[12] Dies gilt auch für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes[13] sowie Prozesskostenhilfeverfahren bei Insolvenz des Antragstellers.[14] Ein noch nicht beschiedener Antrag auf Aussetzung der Vollziehung soll durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig werden[15], eine gewährte Aussetzung wird hinfällig.[16] Auch ein finanzgerichtliches Klageverfahren, das ein vorläufiger Insolvenzverwalter vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begonnen hat, wird unterbrochen.[17] Zustellvollmachten verlieren nach § 117 InsO ihre Wirkung.[18] Ein unterbrochener Prozess kann allerdings unter Berücksichtigung der §§ 85, 86 InsO später wieder aufgenommen werden.[19] Die Aufnahmebefugnis steht dem Insolvenzverwalter und dem FA zu.[20] Zum Wert des Streitgegenstands bei einem aufgenommenen Finanzrechtsstreit vgl. BFH v. 26.9.2006, X S 4/06, BFH/NV 2007, 151. Ergeht ein Urteil in Unkenntnis des Insolvenzverfahrens, ist dieses Urteil in der Revision aufzuheben.[21] Zur Fortdauer der Unterbrechung s. BFH v. 17.7.2012, X S 24/12, BFH/NV 2012, 1635.

 

Rz. 157

Die Geltendmachung von Steuerforderungen als Insolvenzforderungen erfolgt durch die Anmeldung der Forderung zur Tabelle.[22] Diese wird nach der InsO durch den Insolvenzverwalter geführt und nicht mehr durch das Gericht. In der Anmeldung sind durch die Finanzbehörden auch alle Umstände anzugeben, die zur Berechnung der jeweiligen Steuer erforderlich sind.[23] Dabei muss die Forderung soweit individualisiert sein, dass feststeht, welche Forderung angemeldet wird. Hierbei wird § 157 AO entsprechend angewandt. Wird der Anmeldung durch den Insolvenzverwalter nicht widersprochen, wird die Steuerforderung zur Tabelle eingetragen und ist damit festgestellt. Diese Feststellung hat dann die Wirkung eines vollstreckbaren Urteils. Diese Vorgehensweise gilt auch bei Rückforderungsansprüchen insolvenzrechtlich angefochtener Steuerzahlungen. Auch diese können nicht mittels eines Bescheids geltend gemacht werden.[24]

 

Rz. 158

Halten Insolvenzverwalter oder Gläubiger den Inhalt der Anmeldung zur Tabelle nicht für zutreffend, erfolgt ein Bestreiten mittels eines Widerspruchs.[25] Anschließend muss der Gläubiger die Feststellung seiner Forderung betreiben. Dies erfolgt bei...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge