Rz. 13

Den Vollstreckungsbehörden i. S. d. § 249 Abs. 2 AO steht die Befugnis zu, die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners zur Vorbereitung der Vollstreckung zu ermitteln. Dabei hat die Vollstreckungsbehörde insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, sie muss also von mehreren zur Verfügung stehenden, gleichermaßen geeigneten Ermittlungsmöglichkeiten diejenige durchführen, die den geringsten Eingriff in die Sphäre des Vollstreckungsschuldners notwendig macht. Diese Maßnahmen dürfen auch nur darauf ausgerichtet sein, Aufklärung über die Vermögensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners zu verschaffen. Ermittlungen gegen dritte Personen sind somit nicht zulässig.[1]

 

Rz. 13a

Da die Vollstreckungsbehörden die gleichen Befugnisse wie die Finanzbehörden bei der Ermittlung des zu besteuernden Sachverhalts haben, kommen als Maßnahmen zur Ermittlung der Vermögensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners alle die in Betracht, die nach der AO für das Besteuerungsverfahren vorgesehen sind. Vgl. auch Abschn. 20 Abs. 2 VollstrA, der auf die §§ 85107 AO und §§ 111117 AO verweist. Die Vollstreckungsbehörde kann somit insbesondere Auskünfte einholen und die Vorlage von Urkunden verlangen. Sie kann aber darüber hinaus auch eine Außenprüfung anregen und die Steuerfahndung um Mitwirkung ersuchen.[2] Bei diesen einschneidenden Maßnahmen hat sie aber in einem besonderen Maße den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren.

 

Rz. 13b

Dritte Personen können wie im Besteuerungsverfahren im Rahmen des § 93 Abs. 1 AO zur Auskunft auch im Vollstreckungsverfahren herangezogen werden.[3] § 93 Abs. 1 S. 3 AO bestimmt hierzu, dass dritte Personen erst dann zur Auskunft angehalten werden sollen, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. Auch eine Vernehmung Dritter kommt gem. § 94 AO in Betracht. Eine eidesstattliche Versicherung nach § 95 AO indes nicht[4], die aber auch nach § 249 Abs. 2 AO nicht zulässig ist.

 

Rz. 14

Nicht zu den nach § 249 Abs. 2 AO zugebilligten Maßnahmen der Ermittlung der Vermögensverhältnisse gehört nämlich die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung. Zwar kann eine solche nach § 284 AO wirksames Mittel der Vollstreckung sein, doch nicht bei der Ermittlung der Vermögensverhältnisse eingesetzt werden, da sie von ihrer Ausrichtung her eine Offenbarung des Schuldners beinhaltet, dass er kein Vermögen mehr hat, eine Vollstreckung also sinnlos ist.[5] Die eidesstattliche Versicherung kann damit am Ende des Vollstreckungsverfahrens stehen, aber nicht am Anfang, wenn die Vermögensverhältnisse ermittelt werden sollen.[6]

Hieran hat auch die Änderung des § 284 AO, die seit 2013 anzuwenden ist, nichts geändert.

 

Rz. 15

§ 249 Abs. 2 S. 2 AO bestimmt, dass eine Finanzbehörde bei der Vollstreckung wegen einer nichtsteuerlichen Geldleistung Daten verwenden darf, die durch das Steuergeheimnis nach § 30 AO geschützt sind, wenn diese ihr bekannt sind und sie diese Daten auch bei der Vollstreckung wegen einer steuerlichen Leistung verwenden darf.[7] Grund für diese Regelung war, dass die Finanzverwaltung, wenn sie die Vollstreckung von Leistungsbescheiden anderer Behörden betrieb, ihr aus dem Besteuerungsverfahren bekannte Erkenntnisse nicht verwenden durfte, da diese durch das Steuergeheimnis geschützt waren.[8] Dies ist seit der Einfügung des § 249 Abs. 2 S. 2 AO eindeutig zulässig, doch dürfen nur bereits bekannte Daten verwendet und nicht etwa neue Ermittlungen durchgeführt werden, die zur Ermittlung der vom Steuergeheimnis geschützten Daten führen.[9] § 249 Abs. 2 S. 2 AO normiert damit eine Durchbrechung des Verwertungsverbots in § 30 Abs. 2 AO.[10] Als bekannt sind dabei Daten anzusehen, von denen die Finanzbehörden zum Zeitpunkt der Verwertung in der Vollstreckung bereits Kenntnis hatten.

 

Rz. 15a

Durch das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern vor Gewalt sowie zur Änderung weiterer zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes[11] wurde § 249 Abs. 3 AO mit Wirkung ab 1.1.2022 neu eingefügt.[12] Dieser eröffnet den Vollstreckungsbehörden die Möglichkeit, Auskunfts- und Unterstützungsersuchen nach § 757a ZPO zu stellen. § 757a ZPO, der ebenfalls durch das GvSchuG neu in die ZPO eingefügt wurde, sieht vor, dass Gerichtsvollzieher und nach § 249 Abs. 3 AO auch die zuständigen Vollstreckungsbehörden bei der zuständigen Polizeidienststelle um Auskunft ersuchen kann, ob nach polizeilicher Einschätzung bei einer durchzuführenden Vollstreckungshandlung eine Gefahr für Leib oder Leben des Gerichtsvollziehers oder einer weiteren an der Vollstreckungshandlung beteiligten Person, etwa eines Zeugen oder eines Mitarbeiters eines Schlüsseldienstes, besteht.[13] Bereits bisher gab es in § 758 Abs. 3 ZPO die Möglichkeit, sich der Unterstützung der Polizei zu versichern; diese Möglichkeit wird durch § 757a ZPO erweitert.[14]

 

Rz. 15b

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