1 Zinshöhe (§ 238 Abs. 1 AO)

1.1 Allgemeine Regelung

 

Rz. 1

Die Höhe der Zinsen ist für alle Zinsfälle der AO, also die Stundungszinsen, die Hinterziehungszinsen und die Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung einheitlich auf 0,5 v. H. pro Monat, also 6 v. H. pro Jahr festgelegt.[1] Diese Höhe gilt kraft Verweisung auch für die Zinspflicht bei Rückzahlung von Investitionszulagen[2] und anderer ebenso geregelter Subventionen.[3] Für die Stundungszinsen im Fall des § 28 ErbStG (Ausnahme Abs. 1 S. 2) und des § 28a Abs. 3 S. 3 ErbStG sowie § 28a i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ist § 238 AO ebenfalls anzuwenden. Durch die Möglichkeit des vollen oder teilweisen Verzichts kommt für die Stundungszinsen nach § 234 Abs. 2 AO und für die Aussetzungszinsen nach § 237 Abs. 4 AO aus Billigkeitsgründen im Einzelfall eine niedrigere Verzinsung in Betracht.

Für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nach § 233a AO gilt seit dem 1.1.2019 ein Zinssatz von derzeit 1,8 % für jedes Jahr (dazu Rz. 8ff).

 

Rz. 1a

Die Regelung war auf alle nach dem 31.12.1997 laufenden Zinsen anzuwenden.[4] § 238 Abs. 1 S. 3 AO ist auf alle bei Inkrafttreten des Gesetzes am 23.12.1999 anhängigen Verfahren anzuwenden.[5] § 238 Abs. 2 S. 2 AO gilt für alle nach dem 31.12.2001 festgesetzten Zinsen.[6]

 

Rz. 1b

Durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 12.7.2022[7] wurden zur Umsetzung des BVerfG-Beschlusses vom 8.7.2021[8] § 238 Abs. 1a bis 1c AO eingefügt. Damit hat der Gesetzgeber dem Anliegen des BVerfG entsprochen, das für § 233 Abs. 1 S. 1a AO i. V. m. § 238 AO eine Neuregelung für die Zeit von 2014 und 2018 abgelehnt[9] und für die Zeit ab 2019 eine Neuregelung gefordert hatte.[10]

§ 238 Abs. 1a bis 1c AO i. d. F. des 2. AOÄndG v. 12.7.2022[11] sind gem. Art. 97 § 15 Abs. 14 EGAO vorbehaltlich des § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO und Art. 97 § 15 Abs. 16 EGAO in allen am 21.7.2022 anhängigen Verfahren anzuwenden. Die Gesetzesfassung entspricht mit der Einfügung des § 238 Abs. 1a bis c AO genau der Forderung des BVerfG, für die Anwendung des § 233a AO eine entsprechende Maßgabe in § 238 AO zu schaffen.

Eine Erstreckung der Unvereinbarkeitserklärung auf die §§ 234, 235 und 237 AO hat das BVerfG ausdrücklich abgelehnt.[12] Diese Haltung mag man kritisieren[13], sie ist jedoch derzeit hinzunehmen.

Rz. 2 einstweilen frei

[3] Vgl. § 14 Abs. 2 S. 1 5. VermBG, § 8 Abs. 1 S. 1 WoPG, § 5a Abs. 1 S. 1 BergPG, § 96 EStG für die Rückzahlungsbeträge und Zulagen nach dem AltersvermögensG, § 12 InvZulG 2010;, § 19 Abs. 7 Berlin FG.
[7] 2. AOÄndG, BGBl I 2022, 1142.
[8] BVerfG v. 8.7.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17, BFH/NV 2021, 1455; zur praktischen Umsetzung Rz. 12ff. und zur generellen Problematik Pahlke, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 233a AO Rz. 3ff.
[9] BVerfG v. 8.7.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17, BFH/NV 2021, 1455, DStR 2021, 1934 Rz. 249ff.
[10] BVerfG v. 8.7.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17, BFH/NV 2021, 1455, DStR 2021, 1934 Rz. 250, 263.
[11] BGBl I 2022, 1142.
[12] BVerfG v. 8.7.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17, BFH/NV 2021, 1455, DStR 2021, 1934 Rz. 242.
[13] So etwa Loose in TipkeKruse, AO/FGO, § 238 AO Rz. 7ff; Klein/Rüsken, AO, 16. Aufl. 2022, § 238 Rz. 5ff.

1.2 Monatsfrist (§ 238 Abs. 1 S. 2 AO)

 

Rz. 3

Zinsen werden für jeden einzelnen zu verzinsenden Anspruch (jede Steuerart, jeder Zeitraum, Vorauszahlungen und Jahressteuern für sich) nach vollen Zinsmonaten, nicht nach Kalendermonaten berechnet. Abweichend von der Ermittlung der Säumniszuschläge[1] bleiben angefangene Monate außer Ansatz.

 

Rz. 4

Gerechnet wird vom ersten Tag des Zinslaufes an. Das ist bei den Zinsen auf Steuernachforderungen und Steuererstattungen nach § 233a AO der Tag nach dem Ablauf der Karenzzeit (bei Steuererstattungen frühestens der Tag der Zahlung), bei Stundungszinsen der Tag des Wirksamwerdens des Stundungs-Verwaltungsakts[2], bei den Hinterziehungszinsen der Eintritt der Verkürzung bzw. derjenige der anzunehmenden späteren Fälligkeit[3], bei Zinsen auf Erstattungsbeträge der Tag zwei Monate nach Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfes bzw. der Rechtshängigkeit der Klage[4] und bei Aussetzungszinsen der Tag der Einlegung des Rechtsbehelfs bzw. einer späteren Fälligkeit.[5] Der Beginn des Zinslaufes verschiebt sich in den Fällen, in denen auf die Fälligkeit abgestellt wird (z. B. bei Stundungszinsen) und der Fälligkeitstag ein Samstag, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag ist, auf den Ablauf des nächsten Werktags (Fälligkeitstags).

 

Rz. 5

Überschreitet der Zinslauf das Ende eines Tages, der durch seine Zahl dem Tag vor dem ersten Tag des Zinslaufes entspricht, so ist jeweils ein Monat vollendet.[6] Beginnt z. B. ein Zinslauf mit dem Beginn des 10.5., so ist ein Zinsmonat mit dem Ablauf des 9.6. vollendet. Ein voller Monat liegt auch dann vor, wenn das den Zinslauf begründende Ereignis auf den 1., das beendende Ereignis auf den letzten Tag des Monats fällt.[7]

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