Rz. 9

Die Berechnung der Zinsen nach § 233a Abs. 3 und 5 AO beruht auf der Verzinsung nach dem Grundsatz der Sollverzinsung. Zu verzinsen ist also die Differenz, die sich bei einem Vergleich der Sollbeträge ergibt. Das Soll der festgesetzten Steuer (Soll) wird dem Soll der festgesetzten Vorauszahlungen (Vorsoll) gegenübergestellt. Der Unterschiedsbetrag ist die festgesetzte Steuer vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, die anzurechnende KSt und die festgesetzten Vorauszahlungen. Eine Ausnahme bietet lediglich § 233a Abs. 3 S. 3 und Abs. 5 AO für die Verzinsung bestimmter Erstattungsbeträge, bei denen der Gesetzgeber im Ergebnis der Ist-Besteuerung folgt[1]; dies wirft die Frage der Gleichbehandlung in Nachzahlungsfällen auf.[2]

 

Rz. 10

Mit dieser Regelung sollen nach dem Willen des Gesetzgebers der Liquiditäts- und potentielle Zinsvorteil des Stpfl. und seine damit verbundene erhöhte steuerliche Leistungsfähigkeit abgeschöpft werden. Gleichzeitig soll der vorhandene Zinsnachteil des Fiskus, der den nicht gezahlten Steuerbetrag nicht anderweitig nutzen kann, ausgeglichen werden.[3] Für die Festsetzung der Zinsen ist keine konkrete Berechnung eines tatsächlich eingetreten Zinsschadens oder Zinsvorteils erforderlich.[4] Eine umfassende Ausgestaltung nach dem Ist-Prinzip hat der Gesetzgeber als zu kompliziert verworfen. Nach dem Sollprinzip ergibt sich die Zinsberechnung aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Vorsoll (bei Abs. 3 die zu Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen der festgesetzten Steuer) und der letztlich festgesetzten Steuer.[5]

Allerdings werden auch immer wieder die Erfahrung einer weiteren Komplizierung des Besteuerungsverfahrens und einer Klimaverschlechterung zwischen Finanzverwaltung, Stpfl. und ihren Beratern eingewendet.[6] Außerdem hat die aus Gründen der Praktikabilität recht grobe, pauschale Regelung wiederum Ungerechtigkeiten und Ungereimtheiten mit sich gebracht, die die Rspr. zunächst zu einer kritischen Betrachtung der Regelung angeregt haben.[7] Daher war eine für die Praxis unzumutbare Komplizierung des Zinsrechts zu befürchten. Durch Gesetzesänderungen insbes. zur Anwendung des sog. Unterschiedsbetrags[8] sowie zur Behandlung der Fälle mit Verlustabzügen und der Berücksichtigung rückwirkender Ereignisse[9] konnten grobe Lücken geschlossen werden (dazu Rz. 65ff).

[1] Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 233a AO Rz. 36ff; Anzinger, BFH-Festschrift 2018, 1801/1810.
[2] Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 233a Rz. 62.
[5] Krit. z. B. Kruse, FR 1998, 1; Loose, Funktion der steuerlichen Nebenleistung, DStJG 31 (2008), 212f.
[6] Baum, FR 1988, 1ff.; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 233a AO Rz. 3ff.

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