1 Festsetzung von Steuermessbeträgen

1.1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die AO enthält in § 184 AO in einem eigenständigen Titel Bestimmungen über das Verfahren zur Festsetzung von Steuermessbeträgen. Abs. 1 verweist dabei für die Frage, in welchen Fällen Steuermessbeträge festzusetzen sind, auf die Einzelsteuergesetze; gegenwärtig sind Steuermessbeträge bei den Realsteuern (GrSt und GewSt) vorgesehen. Das Messbetragsverfahren ermöglicht es, dass die Entscheidung über die Besteuerungsgrundlagen und die Errechnung der Messbeträge auch bei den gemeindlichen Realsteuern durch die FÄ erfolgt, die aufgrund ihrer Fachkenntnis und der bei ihnen vorliegenden Unterlagen und Daten am besten hierzu geeignet sind. Bei mehreren hebeberechtigten Gemeinden werden auch unterschiedliche Entscheidungen über den Messbetrag vermieden. Durch die Messbetragsfestsetzung wird die Gemeinde in die Lage versetzt, aufgrund ihrer individuellen Hebesätze die Steuer nach dem Messbetrag festzusetzen.

 

Rz. 2

Steuermessbeträge können als Besteuerungsgrundlagen i. S. d. § 157 Abs. 2 AO verstanden werden.[1] Steuermessbeträge können daher nur gesondert festgestellt werden, wenn dies gesetzlich ausdrücklich vorgeschrieben ist. Die erforderliche gesetzliche Ermächtigung zur gesonderten Feststellung der Steuermessbeträge enthält § 184 AO. Die Festsetzung von Steuermessbeträgen erweist sich damit als gesonderte Festsetzung von Besteuerungsgrundlagen, sodass sie systematisch in die §§ 179ff. AO eingeordnet werden könnte. Ein besonderer Titel in der AO für § 184 AO ist daher systematisch überflüssig.

 

Rz. 3

Das Realsteuerverfahren ist ein mehrstufiges Verfahren. Das FA erlässt den Gewerbe- oder Grundsteuermessbescheid, u. U. auf der Grundlage eines vorrangigen Einheitswertbescheids (GrSt). Sind an dem Messbetrag mehr als eine Gemeinde beteiligt, z. B. bei mehreren Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden, schließt sich das Zerlegungsverfahren durch das FA, §§ 185ff. AO, an. Ist nur eine Gemeinde beteiligt, besteht aber Streit, welcher Gemeinde der Messbetrag zuzuordnen ist, wird diese Entscheidung im Zuteilungsverfahren, § 190 AO, getroffen. Auf der Grundlage des Messbescheids, des Zerlegungsbescheids und ggf. des Zuteilungsbescheids erlässt die hebeberechtigte Gemeinde den Gewerbe- oder Grundsteuerbescheid. Das mehrstufige Verfahren gilt auch, wenn ein FA für die Festsetzung der GewSt und GrSt zuständig ist, wie das in den Stadtstaaten der Fall ist.

[1] Zum Begriff vgl. § 157 AO Rz. 35.

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 4

Nach Einführung der Vorschrift im Rahmen der AO-Reform[1] ist die Vorschrift bisher nur in geringem Umfang geändert worden. Durch Gesetz v. 19.12.1985[2] ist klargestellt worden, dass alle Vorschriften über die Durchführung der Steuerfestsetzung anzuwenden sind. Außerdem wurde Abs. 3 mit der Information der Gemeinden neu gefasst. Durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung v. 22.12.2014[3] ist in Abs. 2 die Verweisung auf § 163 AO angepasst worden. Außerdem wurde die Regelung auf allgemeine Verwaltungsvorschriften der obersten Bundesbehörde erweitert. Durch Gesetz v. 18,7,2016[4] wurden in Abs. 2 wiederum Verweisungen angepasst. Eine sachliche Änderung war damit nicht verbunden.

[1] Gesetz v. 16.3.1976, BStBl I 1976, 157.
[2] BStBl I 1985, 735.
[3] BGBl I 2014, 2415.
[4] BGBl I 2016, 1679, 1694.

2 Der Messbetragsbescheid

2.1 Inhalt des Messbetragsbescheids

 

Rz. 5

Der Bescheid über den Steuermessbetrag enthält in persönlicher Hinsicht die Festlegung des Stpfl. (persönlicher Regelungsbereich), die Festsetzung der Höhe des Messbetrags (sachlicher Regelungsbereich) sowie den Zeitraum, für den der Messbetrag gilt (zeitlicher Regelungsbereich).

 

Rz. 6

Im persönlichen Regelungsbereich wird durch den Messbetragsbescheid entschieden, wer der Stpfl. ist. Dies hat insbesondere Bedeutung, wo die Gestaltung der persönlichen Steuerpflicht zweifelhaft sein kann, z. B. bei einer stillen Gesellschaft[1], sowie bei der Frage, ob eine Mitunternehmerschaft vorliegt oder nicht. Diese Fragen werden in dem Messbetragsbescheid entschieden, nicht in dem GewSt-Bescheid. Bei einer gewerbesteuerlichen Organschaft ist nur der Organträger Stpfl., der Messbescheid ergeht daher nur gegen ihn, nicht auch gegen die Organgesellschaft.[2] Der Messbescheid trifft dagegen keine Entscheidung über den Steuergläubiger. Über den Steuergläubiger, d. h. die hebeberechtigte Gemeinde, ist in dem Gewerbesteuer- oder dem Grundsteuerbescheid ohne Bindung an den Messbescheid zu entscheiden. Das gilt auch, wenn das FA sowohl für den Erlass des Messbescheids als auch für den Gewerbesteuerbescheid zuständig ist, wie in den Stadtstaaten. Bei Unklarheiten oder Streit über den Steuergläubiger ist das Zerlegungs- oder Zuteilungsverfahren, §§ 185ff. AO, durchzuführen, in dem über die Steuergläubigerschaft entschieden wird.[3]

 

Rz. 7

Da zum sachlichen Regelungsbereich die Höhe des Messbetrags gehört, ist im Steuermessbescheid über alle Faktoren zu entscheiden, die die Höhe des Messbetrags beeinflussen. Dazu gehört auch die Entscheidung über eine persönliche und sachliche Steuerbefreiung. Bei der GewSt wir...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge