Rz. 21

Die Regelung des Abs. 1 setzt ein Vertrauensverhältnis zwischen den Beteiligten voraus. Diese Regelung ist daher nicht anwendbar, wenn dieses Vertrauensverhältnis nicht besteht und der Finanzbehörde dies bekannt ist.

Nach dem Wortlaut des Abs. 2 wäre die gesamte Regelung des Abs. 1 nicht anwendbar. Das ist nicht sachgerecht, soweit ein Empfangsbevollmächtigter von den Beteiligten durch rechtsgeschäftliche Vollmachterteilung bestellt ist. Das Vertrauensverhältnis zu diesem Empfangsbevollmächtigten kann weiterbestehen, auch wenn es zwischen den Beteiligten zerstört ist. Jeder Beteiligte hat die Möglichkeit und die Obliegenheit, die Vollmacht zu widerrufen und dies der Finanzbehörde anzuzeigen. Abs. 3 bestimmt daher, dass eine rechtsgeschäftliche Empfangsvollmacht auch in den Fällen des Abs. 2 grundsätzlich in Kraft bleibt (Rz. 32). Die weite Fassung des Abs. 2 kollidiert daher mit Abs. 3 und ist insoweit einengend auszulegen. Einzelbekanntgabe nach Abs. 2 ist daher nur in den Fällen der fingierten Empfangsvollmacht nach Abs. 1 S. 2 und Abs. 1 S. 3ff. erforderlich.

 

Rz. 22

Die Regelung des Abs. 1, in der hier vertretenen Auslegung nach Abs. 1 S. 2, 3, die ein Vertrauensverhältnis zwischen den Feststellungsbeteiligten unterstellt, ist nicht anwendbar, wenn das Vertrauensverhältnis gestört und dies der Finanzverwaltung bekannt ist. Zum "Bekanntsein" vgl. Rz. 28.

In diesem Fall müssen die Verwaltungsakte und Mitteilungen, soweit sie das Feststellungsverfahren betreffen, denjenigen, die aus der Gesellschaft bzw. Gemeinschaft ausgeschieden sind, bzw. denjenigen, die sich mit den Übrigen ernsthaft zerstritten haben, gesondert bekannt gegeben werden.

Die Regelung des Abs. 2 mit der Wirkung, dass Einzelbekanntgabe erforderlich ist, wird ausgelöst durch Nichtbestehen der Gesellschaft, Ausscheiden aus der Gesellschaft oder ernstliche Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten.

 

Rz. 23

Eine Bekanntgabe an die Beteiligten selbst, nicht an den gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten, hat zu erfolgen, wenn die Gesellschaft oder Gemeinschaft nicht mehr besteht. Das ist nicht schon im Liquidationsverfahren der Fall, sondern erst mit Vollbeendigung.[1] Während des Liquidationsverfahrens kann daher Bekanntgabe an den gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten nach Abs. 1 S. 2, 3 erfolgen. Nicht mehr besteht die Gesellschaft auch dann, wenn bei einer zweigliedrigen Personengesellschaft ein Gesellschafter ausgeschieden ist. Die Personengesellschaft endet dann durch Anwachsung.

Für das Insolvenzverfahren gelten Besonderheiten (hierzu Rz. 27).

Eine Bekanntgabe kann auch insoweit nicht an den gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten erfolgen, als ein Beteiligter die Beteiligung aufgegeben hat (ausgeschieden ist); auch dann ist an ihn bekanntzugeben.[2]"Ausscheiden" bedeutet auch Tod eines Gesellschafters, ohne dass ein Erbe an seine Stelle tritt.[3] Bekanntgabe an den ausgeschiedenen Beteiligten ist ab dem Zeitpunkt erforderlich, zu dem er aus der Gesellschaft ausgeschieden ist, und zwar auch für solche Verwaltungsakte, die Zeiträume vor dem Ausscheiden betreffen. Maßgebend ist also der Zeitpunkt, in dem der Verwaltungsakt bekanntzugeben ist. An die verbleibenden Gesellschafter kann weiter nach § 183 Abs. 1 S. 2, 3 AO bekannt gegeben werden.

 

Rz. 23a

Unterliegt ein Grundstück der Zwangsverwaltung und ist diese in einer gesonderten Feststellung zu erfassen, kann von der Bekanntgabeerleichterung des § 183 Abs. 1 S. 2, 3 AO kein Gebrauch gemacht werden. Der Feststellungsbescheid ist dem Stpfl. und dem Zwangsverwalter bekanntzugeben, wobei in dem Bescheid, der dem Zwangsverwalter bekanntzugeben ist, nur die auf der Zwangsverwaltung beruhenden Besteuerungsgrundlagen mitzuteilen sind.[4]

 

Rz. 24

Für den Tatbestand der ernstlichen Meinungsverschiedenheiten müssen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten vorliegen, die das Vertrauensverhältnis in einer Weise zerstören, dass es untragbar erscheint, Verwaltungsakte ohne Bekanntgabe an jeden Betroffenen Wirkung erlangen zu lassen. Das ist bei einer sachlichen Meinungsverschiedenheit nicht der Fall. Es muss ein Streit vorliegen, der die Basis der Zusammenarbeit in weitem Umfang zerstört. Ernstliche Meinungsverschiedenheiten liegen jedenfalls dann vor, wenn die Ebene einer sachlichen Auseinandersetzung über unklare Fragen verlassen worden ist und an deren Stelle persönliche Angriffe getreten sind.

Dem Fall der Meinungsverschiedenheit zwischen den Beteiligten sind ernstliche Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Beteiligten und dem gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten gleichzustellen.[5]

Die Bekanntgabe braucht nur an denjenigen Beteiligten zu erfolgen, der an den Meinungsverschiedenheiten beteiligt ist. Für die übrigen, zwischen denen keine Meinungsverschiedenheiten bestehen, kann an den gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bekannt gegeben werden.

Ist die Gesellschaft oder Gemeinschaft beendet oder bestehen Meinungsverschiedenheiten zwischen allen Beteiligten, hat die Bekanntgabe an alle zu erfol...

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