Rz. 8

Bei gewerblichen Betrieben mit Geschäftsleitung im Inland ist dasjenige FA zuständig, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung befindet.

Unter Geschäftsleitung ist nach § 10 AO der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung zu verstehen. Dieser befindet sich dort, wo der für die Geschäftsleitung maßgebende Wille gebildet wird, d. h. die für die laufende Geschäftsführung notwendigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit getroffen bzw. angeordnet werden.[1] Entscheidend ist, an welchem Ort die Geschäfte, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt, sowie solche organisatorischen Maßnahmen, die zur gewöhnlichen Verwaltung der Gesellschaft gehören ("Tagesgeschäfte"), tatsächlich wahrgenommen werden.[2] Der Ort der Geschäftsleitung befindet sich daher regelmäßig an dem Ort, an dem die zur Vertretung befugte Person die ihr obliegende geschäftsführende Tätigkeit entfaltet. Dies ist im Allgemeinen der Ort, an dem sich das Büro, ersatzweise der Wohnsitz des Geschäftsführers befindet.[3] Wird die Geschäftsleitung an verschiedenen Orten ausgeübt, so sind die verschiedenen Tätigkeiten zu gewichten, um den Ort der Geschäftsleitung zu bestimmen.[4]

Kommt es in Insolvenz- oder Liquidationsfällen zu einer Verlagerung des Orts der Geschäftsleitung, wird der Zuständigkeitswechsel nach § 26 S. 3 AO hinausgeschoben, wenn das Insolvenz- oder Liquidationsverfahren im Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch eine der beteiligten Finanzbehörden bereits anhängig war.

 

Rz. 9

Fehlt es an einer Geschäftsleitung im Inland, ist dasjenige FA zuständig, in dessen Bezirk sich eine Betriebsstätte befindet. Unter einer Betriebsstätte ist nach § 12 S. 1 AO jede feste Geschäftseinrichtung oder der Tätigkeit eines Unternehmens dienende Anlage zu verstehen. Betriebsstätten sind insbesondere die in § 12 S. 2 AO bezeichneten Einrichtungen. Sind im Inland mehrere Betriebsstätten vorhanden, so kommt es für die Zuständigkeitsbestimmung auf die wirtschaftlich bedeutendste an. Das kann die Betriebsstätte mit der für das Inland regional leitenden Stellung (Inlandsleitung) sein, beim Fehlen einer solchen die Betriebsstätte mit den höchsten Umsätzen.[5] Fehlt es auch an einer Betriebsstätte, richtet sich die Zuständigkeit nach Abs. 2 (s. Rz. 18ff.).

 

Rz. 10

Die Zuständigkeit des Betriebsfinanzamts nach Abs. 1 Nr. 2 bezieht sich in erster Linie auf die gesonderten Feststellungen nach § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a und b AO.

Nach § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO sind gesondert festzustellen die einkommensteuerpflichtigen und körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende Besteuerungsgrundlagen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Die Regelung betrifft Mitunternehmerschaften i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, bei denen mehrere Personen gemeinschaftlich den Tatbestand der Einkunftserzielung erfüllen, durch den Zusammenschluss aber kein neues steuerrechtsfähiges Subjekt entsteht, dem die erzielten Einkünfte selbst zuzurechnen sind. Zu den festzustellenden Einkünften gehören auch sog. Sonderbetriebseinnahmen bzw. –ausgaben[6] sowie Gewinne aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils.[7] Bei den feststellungsbedürftigen anderen Besteuerungsgrundlagen handelt es sich z. B. um Aufwendungen, die aus Gesellschaftsmitteln geleistet wurden und bei den einzelnen Gesellschaftern oder Unterbeteiligten als Sonderausgaben abgezogen werden können.[8] Auch zulasten des Gesellschaftsvermögens einbehaltene und bei den Gesellschaftern anzurechnende Steuerabzugsbeträge (KapESt) sind in die gesonderte Feststellung einzubeziehen.[9]

In Fällen, in denen eine Person nur über eine andere an dem Gegenstand der Feststellung beteiligt ist (z. B. in Fällen einer typisch oder atypisch stillen Beteiligung oder in Treuhandfällen), kann die Unterbeteiligung nach § 179 Abs. 2 S. 3 AO Gegenstand einer besonderen gesonderten Feststellung sein. Zuständig dafür ist das Betriebsfinanzamt der Hauptgesellschaft[10], weil Gegenstand der besonderen gesonderten Feststellung Besteuerungsgrundlagen sind, die anderenfalls in die für die Hauptgesellschaft durchzuführende Feststellung einzubeziehen wären.

 

Rz. 11

Nach § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. b AO sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb auch in anderen als den in Buchstabe a genannten Fällen gesondert festzustellen, wenn nach den Verhältnissen zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums das für die gesonderte Feststellung zuständige FA nicht auch für die Steuern vom Einkommen zuständig ist. Danach eintretende Veränderungen sind für die Notwendigkeit einer gesonderten Feststellung ohne Bedeutung.

In den Fällen des § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO ist das Betriebsfinanzamt nach § 7 Abs. 1 S. 2 InvZulG auch für die Stellung des Antrags auf InvZul zuständig.

Ist eine gesonderte Feststellung nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO durchzuführen, weil der Einkunftserzielung dienende Wirtschaftsgüter, Anlagen oder Einr...

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