Rz. 70

Die Regelung des Vertrauensschutzes in § 176 AO ist nicht ausreichend (vgl. Rz. 9). Nicht erfasst werden z. B. die Fälle, bei denen bei einer späteren Außenprüfung neue Tatsachen festgestellt werden, deren steuerliche Behandlung infolge einer Änderung der Rspr. jetzt für den Stpfl. ungünstiger ist als zzt. der ursprünglichen Steuerfestsetzung. Es wäre nicht gerechtfertigt, dem Stpfl. dadurch Nachteile erwachsen zu lassen, dass noch längere Zeit nach der Steuerfestsetzung eine Außenprüfung angesetzt wird, auf deren Zeitpunkt er keinen Einfluss hat. Daher ist der Rechtsgedanke des § 176 AO m. E. über den Wortlaut des Gesetzes hinaus entsprechend anzuwenden, sodass aus einer Änderung der Rspr. keine für den Stpfl. nachteiligen Folgen gezogen werden dürfen, wenn die Steuer für diesen Besteuerungszeitraum zzt. der Änderung der Rspr. bereits festgesetzt worden war. Dabei ist es unerheblich, ob der Stpfl. bereits bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung die jetzt neuen Tatsachen hätte berücksichtigen lassen müssen oder können. Hätte er das getan, würde der Vertrauensschutz eingreifen. Das Unterlassen, selbst wenn es strafrechtlich relevant war, darf ihn nicht schlechter stellen, da die Versagung des Schutzes des § 176 AO sonst zu einer Strafsteuer führen würde. Die Verletzung von Mitwirkungspflichten darf jedoch nur strafrechtlich, nicht durch Versagung von Vergünstigungen geahndet werden. Die Rspr. hat sich jedoch bisher nicht zu einer entsprechenden Ausdehnung des Vertrauensschutzes entschließen können. Sie hat vielmehr betont, dass eine Bindung der Finanzbehörde außerhalb des § 176 AO nur in Betracht komme, wenn die Voraussetzungen einer verbindlichen Zusage vorliegen.[1]

 

Rz. 71

Darüber hinaus ist eine analoge Anwendung des § 176 AO nicht möglich. Verzögert sich etwa die erstmalige Steuerfestsetzung, und sei es aus Gründen, die allein die Finanzverwaltung zu vertreten hat, sodass sich die Rspr. vor der erstmaligen Steuerfestsetzung ändert, tritt kein Vertrauensschutz ein. Der Gesetzgeber hat sich dahin entschieden, eine bereits bestehende Steuerfestsetzung bei einer Änderung der Rspr. aus Gründen des Vertragsschutzes aufrechtzuerhalten, nicht aber, eine erstmalige Steuerfestsetzung aus Gründen des Vertrauensschutzes unrichtig vorzunehmen. Hierin liegt zwar eine wesentliche Lücke der gesetzlichen Regelung, es ist aber Sache des Gesetzgebers, diese Lücke zu schließen.[2]

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