Rz. 89

Die Außenprüfung führt nach § 171 Abs. 4 S. 2 AO nicht zur Ablaufhemmung, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als 6 Monaten unterbrochen wird und die Finanzbehörde die Gründe für diese Unterbrechung zu vertreten hat. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass die Behörde kurz vor Ablauf der Festsetzungsfrist noch eine so große Anzahl von Prüfungen beginnt, dass sie diese in absehbarer Zeit nicht zu Ende führen kann und die einzelne Prüfung daher nach wenigen Prüfungshandlungen unterbrochen wird. Die Regelung des Abs. 4 S. 2 bezieht sich auf den gesamten Tatbestand des § 171 Abs. 4 S. 1 AO, da der Wortlaut der Vorschrift insoweit keine Einschränkung enthält. Die Ablaufhemmung tritt also bei einer Unterbrechung, die die Finanzbehörde zu vertreten hat, sowohl dann nicht ein, wenn mit der planmäßig Außenprüfung begonnen wurde, als auch dann, wenn der Beginn der Außenprüfung ursprünglich auf Antrag des Stpfl. verschoben und dann nach ihrem Beginn unterbrochen wurde.[1] Dagegen wird der Fall nicht erfasst, dass die Außenprüfung überhaupt nicht begonnen wurde oder auf Antrag des Stpfl. hinausgeschoben, dann aber nicht begonnen wurde. § 171 Abs. 4 S. 2 AO setzt nach seinem Wortlaut eindeutig einen Beginn der Außenprüfung voraus. Der Fall, dass die Außenprüfung nach Hinausschieben des Beginns auf Antrag des Stpfl. nicht begonnen wurde, wird durch die von der Rechtsprechung eingeführte Frist von 2 Jahren erfasst; hierzu Rz. 85.

 

Rz. 89a

Der Begriff "unmittelbar nach Beginn der Außenprüfung" ist unter Berücksichtigung der zu prüfenden Sachverhalte und der voraussichtlichen Prüfungsdauer danach zu ermitteln, ob bereits gewichtige Prüfungshandlungen vorgenommen worden sind. Diese Prüfungshandlungen müssen umfangreicher und gewichtiger sein, als die bei der Frage nach dem Beginn der Außenprüfung; hierzu Rz. 73. Bei kleineren Betrieben ist die Unterbrechung schädlich, wenn die Tätigkeit des Prüfers nicht über eine allgemeine Information über den Betrieb, das Rechnungswesen usw. hinausgegangen sein. So hat der BFH[2] eine Prüfungsdauer von einem Tag bis zu der Unterbrechung angesichts einer Gesamtprüfungsdauer von 6 Tagen als gewichtig genug angesehen. Bei Großbetrieben und Konzernen kann dagegen auch eine Unterbrechung nach mehrtägiger Prüfung noch "unmittelbar nach Beginn" sein, wenn diese Prüfungszeit im Verhältnis zur voraussichtlichen Gesamtdauer der Prüfung so gering ist, dass sie kaum ins Gewicht fällt.

 

Rz. 89b

Erfasst die Prüfung mehrere Zeiträume und mehrere Steuerarten, brauchen nicht hinsichtlich aller Besteuerungszeiträume und aller Steuerarten gewichtige Prüfungshandlungen vorzuliegen. Gewichtige Prüfungshandlungen hinsichtlich einer Steuerart und eines Besteuerungszeitraums, und hier nur hinsichtlich einer bestimmten Besteuerungsgrundlage, reichen aus. Unterbrochen wird die "Außenprüfung" als solche, diese kann aber mehrere Besteuerungszeiträume und Steuerarten umfassen. Die durch die Prüfungsanordnung definierte Außenprüfung ist eine einheitliche Prüfung, nicht mehrere Prüfungen je nach Steuerart und Besteuerungszeitraum. Entsprechend ist § 171 Abs. 4 S. 2 AO so auszulegen, dass auch bei der Frage der gewichtigen Prüfungshandlung die Außenprüfung als Ganzes zu sehen ist, diese Voraussetzung also nicht auf den einzelnen Besteuerungszeitraum und die einzelne Steuerart bezogen werden kann.[3] Im Ergebnis kann die Außenprüfung nur einheitlich unterbrochen oder nicht unterbrochen sein.

 

Rz. 90

Grundsätzlich reichen die allgemeinen Informationen über das Rechnungswesen, über die Besonderheiten des Betriebs, Aktenstudium, das Zusammenstellen von Daten des geprüften Betriebs und ähnliche Vorbereitungshandlungen nicht aus, um das Merkmal "kurz nach Beginn" auszuschließen.[4] Der Prüfer muss in einem im Verhältnis zur Gesamtheit des Prüfungsstoffs erheblichen Umfang in die sachliche Prüfung eingetreten sein. Die Prüfungshandlungen müssen im Verhältnis zu Umfang und Zeitaufwand der gesamten Prüfung erhebliches Gewicht erreichen. Die Prüfung wird jedenfalls dann nicht mehr "unmittelbar nach Beginn" unterbrochen, wenn die Prüfungshandlungen erste verwertbare Ergebnisse erbracht haben. Allerdings brauchen die Ergebnisse nicht so konkret zu sein, dass sie unmittelbar in die Besteuerungsgrundlagen Eingang finden. Es genügt, wenn Ermittlungsergebnisse vorliegen, an die bei Wiederaufnahme der Prüfung angeknüpft werden kann. Dabei braucht es sich nicht um Mehrergebnisse zu handeln. Auch die Feststellung, die steuerliche Behandlung eines bestimmten Vorgangs sei nicht zu beanstanden, stellt eine qualifizierte Prüfungshandlung dar.[5] Es ist nicht erforderlich, dass die gewichtigen Prüfungshandlungen dem Stpfl. bekannt gegeben werden. Daher können auch Nachfragen bei anderen FÄ und Behörden, die sich auf die zu prüfenden Sachverhalte beziehen, gewichtige Prüfungshandlungen sein.[6]

 

Rz. 90a

Für die Prüfung der Frage, wann die Unterbrechung beendet und die Außenprüfung fortgesetzt worden ist...

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