Rz. 72

Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird nach Abs. 4 durch den Beginn der Außenprüfung gehemmt. Allgemein zum Beginn der Außenprüfung s. § 198 AO Rz. 2. Ist mit einer Außenprüfung begonnen, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung erlassenen Steuerbescheide bestandskräftig geworden sind. Das gilt auch, wenn die Bescheide angefochten werden; die Hemmung bleibt dann während des Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelverfahrens bestehen, Abs. 4 konkurriert insoweit mit Abs. 3.[1]

 

Rz. 73

"Begonnen" mit der Außenprüfung hat der Prüfer dann, wenn er die Prüfungsanordnung übergeben hat und Handlungen zur Ermittlung der Steuerpflicht für die in der Prüfungsanordnung genannten Steuerarten und Besteuerungszeiträume vornimmt. Da die Außenprüfung auf die umfassende Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen gerichtet ist, genügt nicht irgendeine Ermittlungshandlung für ihren Beginn. Es muss sich vielmehr um eine qualifizierte Ermittlungshandlung handeln, die für den Stpfl. erkennbar darauf gerichtet ist, die steuerliche Behandlung der wesentlichen und relevanten Sachverhalte zu ermitteln oder zu überprüfen, und die geeignet sind, das Vertrauen des Stpfl. in das Ablaufen der Festsetzungsfrist zu beseitigen.[2] Erfasst die Außenprüfung mehrere Steuerarten und Besteuerungszeiträume, ist mit der Prüfung begonnen, wenn substantielle Prüfungshandlungen nur hinsichtlich einer Steuerart und eines Besteuerungszeitraums vorgenommen wurden. Da die Außenprüfung ein einheitliches Verfahren ist, das mehrere Besteuerungsarten und Besteuerungszeiträume umfasst, kann die Prüfung nur insgesamt begonnen oder nicht begonnen sein.[3] Bloße Scheinhandlungen genügen nicht, es muss sich vielmehr um einen ernsthaften Beginn der Prüfung handeln. Eine Scheinhandlung liegt vor, wenn die Absicht des Prüfers nicht auf eine ernsthafte Prüfung, sondern auf die Ablaufhemmung gerichtet ist. Davon kann ausgegangen werden, wenn der Prüfer kurz vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit mehreren Prüfungen beginnt, die er wegen der Kürze der Zeit nicht wesentlich fördern kann. Prüfungshandlungen von wenigen Tagen sind aber regelmäßig keine Scheinhandlung, da in dieser Zeit erhebliche Prüfungshandlungen vorgenommen werden können.[4] Die Prüfungshandlungen müssen für den Stpfl. erkennbar in den Rahmen der durch die Prüfungsanordnung angeordneten Außenprüfung fallen und geeignet sein, das Vertrauen des Stpfl. in den Ablauf der Festsetzungsfrist zu beseitigen.

 

Rz. 74

Vor Übergabe der Prüfungsanordnung ist mit der Prüfung noch nicht begonnen, auch wenn der Prüfer schon Ermittlungshandlungen vorgenommen hat. Die Prüfungsanordnung ist für das Vorliegen einer Außenprüfung konstitutiv, ohne sie liegt keine Außenprüfung vor. Ermittlungshandlungen allein, außerhalb der Außenprüfung, führen aber nicht zur Ablaufhemmung.[5] Es kommt jedoch nicht auf die Reihenfolge von Prüfungshandlung und Prüfungsanordnung an. Gehen Prüfungshandlungen der Übergabe der Prüfungsanordnung voraus, liegt der Beginn der Außenprüfung in dem Zeitpunkt, in dem eine wirksame Prüfungsanordnung vorliegt und Prüfungshandlungen vorgenommen worden sind, also im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Prüfungsanordnung.

 

Rz. 75

Die Übergabe der Prüfungsanordnung allein genügt aber nicht; hinzukommen müssen Handlungen des Prüfers, die auf die Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen gerichtet sind. Als Beginn der Außenprüfung genügt ein Informationsgespräch mit dem Stpfl. oder seinem steuerlichen Berater, Anforderung von Aufzeichnung, Büchern und Unterlagen, Betriebsbesichtigung, Anforderung oder Entgegennahme einer Daten-CD oder von Auskünften von dem Stpfl. oder Dritten. Ein intensives Aktenstudium kann genügen, wenn es für den Stpfl. erkennbar ist, z. B. im Betrieb erfolgt. Eine pauschale Behauptung, der Prüfer habe sich an Amtsstelle mit den Akten befasst, genügt jedoch nicht. Der Prüfer muss ernsthaft mit der Prüfung begonnen haben.[6] Es ist nicht erforderlich, dass die innerhalb der Festsetzungsfrist angeforderten Unterlagen oder Auskünfte auch innerhalb der (ungehemmten) Festsetzungsfrist vorliegen bzw. die Auskünfte vor diesem Zeitpunkt gegeben und tatsächlich geprüft werden.[7]

 

Rz. 76

Aktenstudium genügt nur dann für den Beginn der Außenprüfung, wenn es für die Prüfung konkreter Verhältnisse des zu prüfenden Betriebs dient. Ein Aktenstudium zur Ermittlung der Prüfungswürdigkeit oder der Aufstellung von Prüfungsgeschäftsplänen genügen nicht[8], ebenso nicht die Kontaktaufnahme mit dem Stpfl. oder seinem steuerlichen Berater zur Vereinbarung des Prüfungsbeginns.

Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass Handlungen, die der Außenprüfer am Prüfungsort vornimmt, solche zur Ermittlung im Rahmen der Außenprüfung sind und daher die Festsetzungsfrist hemmen.[9]

 

Rz. 77

Die Handlungen, die den Beginn der Außenprüfung darstellen, brauchen sich auch nicht auf alle zu prüfenden Steuerarten und Besteuerungszeiträume zu beziehen; es genügen Handlungen, die eine Steuerart und einen Besteuerungsz...

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