3.6.1 Allgemeines

 

Rz. 60

Grundsätzlich beginnt die Festsetzungsfrist auch bei der ErbSt und SchenkungSt nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO. Sie ist daher an die Abgabe der Steuererklärung geknüpft; vgl. insoweit Rz. 11ff. Abs. 5 enthält aber darüber hinaus eine besondere Anlaufhemmung, um den Besonderheiten der ErbSt und SchenkungSt Rechnung zu tragen.

 

Rz. 61

Für das Verhältnis der Anlaufhemmung nach Abs. 5 zu der nach Abs. 2 Nr. 1 ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: Grundsätzlich stehen beide Hemmungstatbestände selbstständig nebeneinander und können daher auch jeweils selbstständig zur Hemmung führen. Hat die Finanzbehörde den Stpfl. innerhalb der Frist von 3 Jahren nach Abs. 2 Nr. 1 zur Abgabe einer ErbSt- oder SchenkungSt-Erklärung aufgefordert, richtet sich die Anlaufhemmung grundsätzlich nach Abs. 2 Nr. 1. Die Anlaufhemmung nach Abs. 5 soll es der Finanzbehörde ermöglichen, zu prüfen, ob eine ErbSt- oder SchenkungSt-Erklärung angefordert werden soll. Hat diese Prüfung zu der Anforderung einer entsprechenden Steuererklärung geführt, kann sich die Anlaufhemmung nur noch nach Abs. 2 Nr. 1 richten, weil dann der Steuerfall der Finanzbehörde bekannt ist, also nach den Tatbeständen des Abs. 5 die Anlaufhemmung regelmäßig geendet haben wird.[1]

 

Rz. 62

Für den Fall, dass keine SchenkungSt-Erklärung eingereicht wird und die Finanzbehörde auch von dem Schenkungsfall keine Kenntnis erlangt, bedeutet dies, dass die Anlaufhemmung bis zum Eintritt eines der in Abs. 5 genannten Ereignisse fortdauert, auch wenn die 3-Jahres-Frist des Abs. 2 Nr. 1 bereits abgelaufen ist. Die 3-Jahres-Frist wird durch die weitergehende Anlaufhemmung des Abs. 5 für diese Fälle daher außer Kraft gesetzt.[2]

 

Rz. 63

Erlangt die Finanzbehörde die Kenntnis von der Schenkung nach Ablauf der 3-Jahres-Frist des Abs. 2 Nr. 1 und fordert sie eine SchenkungSt-Erklärung an, tritt nicht zusätzlich (erneut) die Anlaufhemmung nach Abs. 2 Nr. 1 ein.[3] Wird nach Ablauf der 3-Jahres-Frist, aber innerhalb der Festsetzungsfrist, die Steuererklärung angefordert, gilt daher die Anlaufhemmung beginnend mit dem Jahr, das auf das Entstehen der Steuer folgt, aber nicht eine weitere Anlaufhemmung; vgl. Rz. 16. Der Grund liegt darin, dass nach Abs. 2 Nr. 1 maximal eine Anlaufhemmung von 3 Jahren eintreten kann; ist diese Zeitspanne verstrichen, ist die Möglichkeit der Anlaufhemmung nach Abs. 2 Nr. 1 "verbraucht", es kann sich hieran keine erneute Anlaufhemmung anschließen. Für die Berechnung der Festsetzungsfrist ist dann die Anlaufhemmung des Abs. 5 vorrangig.

Wird die SchenkungSt-Erklärung innerhalb der Frist von 3 Jahren angefordert, greift die Anlaufhemmung nach Abs. 2 Nr. 1 bis zur Einreichung der Steuererklärung ein, aber wiederum maximal bis drei Jahre nach Ende desjenigen Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.[4]

3.6.2 Anlaufhemmung bei einem Erwerb von Todes wegen, Abs. 5 Nr. 1

 

Rz. 64

Bei einem Erwerb von Todes wegen ist der Beginn der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 5 Nr. 1 AO bis zum Ablauf des Kalenderjahrs gehemmt, in dem der Erwerber von dem Erwerb Kenntnis erlangt. Dies betrifft Erben, Miterben, Vor- und Nacherben, Pflichtteilsnehmer und Vermächtnisnehmer. Damit soll verhindert werden, dass die Festsetzungsfrist für die ErbSt abgelaufen ist, bevor der Begünstigte von dem Erbfall Kenntnis erlangt hat. Maßgeblich ist die Kenntnisnahme durch den endgültigen Erben, nicht durch den, der Erbe geworden war, dann aber durch Ausschlagung die Erbenstellung mit rückwirkender Kraft verloren hat, oder einen vermeintlichen Erben. Maßgebend ist somit in erster Linie, ob der Stpfl. sichere Kenntnis von seiner Erbeinsetzung erlangt hat.[1] Der Erbe muss mit einer solchen Zuverlässigkeit und Gewissheit Kenntnis von seinem unangefochtenen Erbschaftserwerb erlangt haben, dass er in der Lage ist und von ihm daher auch erwartet werden kann, seine Anmeldepflicht nach § 30 ErbStG zu erfüllen[2]; er muss sowohl von der Höhe seines Erbrechts (Erbanteil bei Miterbenschaft oder Kenntnis von der Alleinerbschaft) als auch von dem Erwerbsgrund Kenntnis haben. Einzelheiten über die ererbten Vermögensgegenstände und deren Wert muss er jedoch nicht kennen.[3] Erteilung des Erbscheins ist nicht erforderlich. Zur Kenntniserlangung gehört auch die sichere Kenntnis davon, dass keine Umstände vorliegen, die ernstliche Zweifel an dem Bestand der Erbeinsetzung aufkommen lassen.

 

Rz. 64a

Die Kenntnis des Erben von der Erbeinsetzung bestimmt sich grundsätzlich nach dessen subjektiver Kenntnis. Er muss jedoch nicht nur sein Erbrecht kennen, sondern auch davon ausgehen m...

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