1 Allgemeines

1.1 Inhalt und Bedeutung

 

Rz. 1

§ 17 AO enthält keine Sachregelung zur örtlichen Zuständigkeit, sondern ordnet lediglich an, dass sich die örtliche Zuständigkeit nach den folgenden Vorschriften richtet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Die Regelungen über die örtliche Zuständigkeit beruhen auf Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten und weisen die örtliche Zuständigkeit zumeist der Finanzbehörde mit der geringsten räumlichen Entfernung von dem Stpfl. bzw. dem Steuerobjekt zu.[1] Anknüpfungsmerkmale, die das Gesetz in diesem Zusammenhang verwendet, sind z. B. die Belegenheit von Grundbesitz, Betriebsstätten oder anderem Vermögen, der Sitz oder Wohnsitz, der Ort der Geschäftsleitung oder Verwaltung.

Im Fall der Landessteuern und des Länderanteils an der ESt und der KSt bestimmt die örtliche Zuständigkeit der Finanzbehörden zugleich über die Ertragshoheit, weil deren Aufkommen den einzelnen Ländern nach Art. 107 Abs. 1 S. 1 GG insoweit zusteht, als die Steuern von den Finanzbehörden in ihrem Gebiet vereinnahmt werden. Deshalb fließen z. T. auch Gesichtspunkte der Verteilungsgerechtigkeit in die Zuständigkeitsregelung ein.[2]

[1] BFH v. 10.6.1999, IV R 69/98, BStBl II 1999, 691; Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 17 AO Rz. 3; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 17 AO Rz. 3.
[2] Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 17 AO Rz. 4.

1.2 Anwendungsbereich

 

Rz. 2

Die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit bestimmen darüber, welche von mehreren sachlich zuständigen Finanzbehörden im einzelnen Fall zuständig ist. Die örtliche Zuständigkeit ist der sachlichen Zuständigkeit also nachgeordnet[1] und grenzt diese unter räumlichen Gesichtspunkten ab. Die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit haben daher nur für den Fall Bedeutung, dass für eine bestimmte Aufgabe keine Zentralzuständigkeit besteht, sondern diese einer Mehrzahl von Behörden derselben Verwaltungsstufe zugewiesen ist.[2]

[1] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 16 AO Rz. 3; Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 17 AO Rz. 7, 9.
[2] Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 17 AO Rz. 9.

1.3 Verhältnis zu anderen Vorschriften

 

Rz. 3

Die Regelungen über die örtliche Zuständigkeit bestimmen diese nach Merkmalen, die auf den "Bezirk" der jeweiligen Finanzbehörde Bezug nehmen. Diese Bezirke werden durch Verordnungen der Generalzolldirektion[1] bzw. der zuständigen obersten Landesbehörden[2] unter Berücksichtigung von Kreis- und Gemeindegrenzen festgelegt.[3]

[3] Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 17 AO Rz. 2.

2 Zuständigkeitsregelungen in den §§ 18-29 AO

 

Rz. 4

§ 18 AO bestimmt die Zuständigkeit für gesonderte Feststellungen nach § 180 AO, die entweder für die GrSt oder die Steuern vom Einkommen bedeutsam sind.

Die §§ 19 bis 23 AO enthalten Einzelregelungen für bestimmte Steuerarten. Im Einzelnen betreffen sie die Zuständigkeit für

  • Steuern vom Einkommen und Vermögen natürlicher Personen sowie vom Einkommen und Vermögen der Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen[1],
  • die USt mit Ausnahme der Einfuhrumsatzsteuer[2],
  • Realsteuern[3] sowie
  • Zölle und Verbrauchsteuern.[4]

§ 22a AO trifft für den Fall des Festlandsockels und der ausschließlichen Wirtschaftszone ergänzende Regelungen darüber, wie die örtliche Zuständigkeit nach den §§ 1822 AO bzw. nach den Einzelsteuergesetzen abzugrenzen ist.

Weitere Regelungen allgemeiner Art sind in den §§ 2429 AO enthalten. Diese betreffen

  • die Bestimmung der Zuständigkeit in Fällen, in denen sich diese nicht nach einer anderweitigen gesetzlichen Regelung bestimmen lässt[5],
  • die Bestimmung der zuständigen Behörde in Fällen, in denen nach dem Gesetz mehrere Finanzbehörden zuständig sind[6],
  • den Zeitpunkt des Zuständigkeitswechsels bei einer Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände[7],
  • von den gesetzlichen Regelungen abweichende Zuständigkeitsvereinbarungen[8],
  • die Auflösung von Kompetenzkonflikten in Fällen, in denen sich mehrere Finanzbehörden für zuständig oder für unzuständig halten oder die Zuständigkeit aus anderen Gründen zweifelhaft ist[9], und
  • die Zuständigkeit bei Gefahr im Verzug.[10]

Der durch G. v. 18.7.2016[11] eingefügte § 29a AO, der die Unterstützung des örtlich zuständigen FA auf Anweisung der vorgesetzten Finanzbehörde regelt, ist zwar Teil des Abschnitts über die "Zuständigkeit der Finanzbehörden", stellt selbst aber keine Zuständigkeitsregelung dar, weil nach § 29a S. 2 AO das unterstützende FA im Namen des örtlich zuständigen FA handelt und das Verwaltungshandeln des unterstützenden FA dem örtlich zuständigen FA zuzurechnen ist.[12]

[1] §§ 19, 20 und 20a AO.
[10] § 29 AO.
[11] BGBl I 2016, 1679.
[12] Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 17 AO Rz. 8.

3 Zuständigkeitsregelungen außerhalb der §§ 18-29 AO

 

Rz. 5

Gem. § 17 AO richtet sich die Zuständigkeit nur vorbehaltlich einer anderen Bestimmung nach den Vorschriften der §§ 1829 AO. Vorschriften, die anderes bestimmen, sind sowohl in der AO als auch in den Einzelsteuergesetzen enthalten. Dabei kann es sich um solche handeln, die die Zuständigkeit für nicht unter § 18 AO fallende Feststellungsverfahren oder nicht unter die §§ 1923 AO fal...

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