Rz. 29

§ 167 Abs. 1 S. 2 AO behandelt Steuerzeichen und Steuerstempler. Zu Steuerzeichen vgl. § 13 RennwettLottG, § 17 TabakStG. Im Beitrittsgebiet wurde die Kraftfahrzeugsteuer bis zum 31.12.1992 durch Steuermarken erhoben.[1] Die Vorschrift des § 167 Abs. 1 S. 2 AO bereitet Verständnisschwierigkeiten. Nach h. M. hat die Verwendung von Steuerzeichen und Steuerstemplern ebenso wie die Abgabe einer Steueranmeldung die Wirkung einer Steuerfestsetzung. Maßgebend ist danach die "Verwendung" der Steuerzeichen bzw. Steuerstempler, d. h. die Anbringung auf der Sache, die mit Steuerzeichen bzw. Steuerstempel zu versehen ist.[2] Dies stimmt jedoch mit der gesetzlichen Regelung des § 17 TabakStG nicht überein. Nach § 17 Abs. 2 TabakStG hat bereits der Erwerb der Steuerzeichen die Wirkung einer Steueranmeldung, nicht erst ihre Verwendung. Durch den Erwerb der Steuerzeichen, nicht erst durch deren Verwendung, entsteht nach § 17 Abs. 2 S. 2 TabakStG die Tabaksteuerschuld. Nach § 17 Abs. 1 S. 1 TabakStG wird die Tabaksteuer durch Verwendung der Steuerzeichen entrichtet. Die Verwendung hat also nur Bedeutung für die Entrichtung, nicht für die Entstehung der Tabaksteuerschuld. Die Verwendung kann daher nicht die Wirkung einer Steueranmeldung haben.

 

Rz. 30

§ 167 Abs. 1 S. 2 AO ist daher so zu verstehen, dass eine Steuerfestsetzung der Tabaksteuer erforderlich ist, wenn die Festsetzung zu einer abweichenden Steuer führt oder der Steuer- oder Haftungsschuldner die Steueranmeldung nicht abgibt. § 167 Abs. 1 S. 2 enthält daher nicht die Rechtsgrundlage für die Steueranmeldung; diese ist in § 17 TabakStG enthalten. § 167 Abs. 1 S. 2 AO bestimmt demgegenüber nur, wie zu verfahren ist, wenn die Steueranmeldung eine zu niedrige Steuer ausweist oder die Steueranmeldung nicht abgegeben wird. Eine förmliche Steuerfestsetzung durch die Finanzbehörde ist daher nur erforderlich, wenn dies zu einer abweichenden Steuer führt. Durch förmliche Steuerfestsetzung sind daher höhere Steuern festzusetzen, als durch Steuerzeichen oder Steuerstempler entrichtet wurden. Es besteht auch die Möglichkeit, durch Antrag auf Steuerfestsetzung eine Erstattung von Steuern zu erreichen, wenn die Steuer zu Unrecht oder zu hoch durch Steuerzeichen oder Steuerstempler entrichtet worden ist. Wird der Antrag auf Steuerfestsetzung abgelehnt, ist hiergegen nach § 347 AO der Einspruch gegeben.

 

Rz. 31

Steuerzeichen und Steuerstempler haben eine doppelte Funktion. Ihre ordnungsmäßige Verwendung führt zur Bezahlung und damit zur Tilgung der Steuerschuld. Außerdem dienen sie als i. d. R. alleiniges Beweismittel für die Tilgung der Steuerschuld. Tilgung der Steuerschuld und Beweis der Tilgung können regelmäßig nur durch Verwendung der Steuerzeichen und Steuerstempler erreicht werden.[3] Der Zeichenzwang führt dazu, dass der Beweis der Tilgung der Steuerschuld nicht durch andere Beweismittel erbracht werden kann; Vernichtung oder sonstiger Verlust der Steuerzeichen führt daher zur Verpflichtung der (nochmaligen) Zahlung; auch einer Billigkeitsmaßnahme steht der Zeichenzwang regelmäßig entgegen.[4]

[2] Seer, in Tipke/Kruse, AO, zu § 167 Rz. 11.
[3] Zeichenzwang; vgl. RFH v. 6.5.1932, IV A 226/31, RFHE 31, 31, 33; BFH v. 20.9.1994, VII R 29/94, BStBl II 1995, 79.
[4] Offengelassen von BFH v. 6.12.1994, VII R 1981, 94, BFH/NV 1995, 733.

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