Rz. 7

§ 157 Abs. 1, 2 AO enthält die inhaltlichen Mindestanforderungen an einen schriftlichen Steuerbescheid. Danach muss die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnet und angegeben werden, wer die Steuer schuldet. Diese Angaben sind unabdingbare Voraussetzungen dafür, dass der Steuerbescheid inhaltlich ausreichend bestimmt ist. Sind diese Bestimmungen in dem Verfügungsteil des Steuerbescheids getroffen, sind diese maßgebend, ohne dass es einer Auslegung bedarf; ein nicht auslegungsbedürftiger Verfügungsteil eines Steuerbescheids kann nicht durch die Begründung verändert werden.[1] Ist der Verfügungsteil des Steuerbescheids unklar, kann er durch Auslegung ermittelt werden. Dazu kann der übrige Inhalt des Steuerbescheids sowie Unterlagen, auf die in dem Steuerbescheid verwiesen worden ist, herangezogen werden. Maßgebend ist nach der Erklärungstheorie, § 124 AO, wie der redliche Empfänger den Inhalt des Steuerbescheids objektiv verstehen konnte. Fehlen Teile dieser Angaben oder sind sie so unklar, dass ihr Inhalt auch durch Auslegung nicht sicher zu ermitteln ist, ist der Steuerbescheid wegen fehlender inhaltlicher Bestimmtheit nichtig.[2] Ist eine solche Auslegung nicht möglich, kann nicht festgestellt werden, von wem was gefordert wird, sodass er nicht aufrechterhalten werden kann.[3]

 

Rz. 8

Die Angaben von Art und Betrag der Steuer sowie die Angabe, wer die Steuer schuldet, bilden den verfügenden Teil des Steuerbescheids ("Tenor"), d. h. den Teil, der in Bestandskraft erwächst. Eine Bindung von Behörde und Stpfl. tritt nur hinsichtlich dieses verfügenden Teils ein. Die anderen Teile des Steuerbescheids[4] können zwar bedeutsam sein, sodass ihr Fehlen Rechtswirkungen hervorbringt, ihr Inhalt erwächst aber nicht in Bestandskraft.[5]

 

Rz. 9

Der bindende Inhalt des Steuerbescheids (Art und Betrag der Steuer, Steuerschuldner) lässt sich wie folgt gliedern:

  • Der persönliche Regelungsbereich gibt an, wer die Steuer schuldet.[6]
  • Der sachliche Regelungsbereich enthält die Entscheidung über Art und Höhe der Steuer.[7]
  • Der zeitliche Regelungsbereich ist eine Unterart des sachlichen Regelungsbereichs. Er gibt an, für welchen Zeitpunkt/Zeitraum die Steuer festgesetzt wird.[8]

§ 157 AO ist nur auf Steuerbescheide und solche Bescheide anwendbar, die wie Steuerbescheide zu behandeln sind.[9]

 

Rz. 10

§ 157 Abs. 1 S. 2 bezieht sich seinem Wortlaut nach nur auf schriftliche oder elektronische Steuerbescheide. Für Bescheide in anderer Form gilt in Anwendung des § 119 Abs. 1 AO, dass auch sie inhaltlich nur dann hinreichend bestimmt sind, wenn die Steuer nach Art und Betrag bezeichnet ist und von einem bestimmten Steuerschuldner angefordert wird.

 

Rz. 11

Aus S. 2 folgt zudem, dass der Steuerbescheid immer einen Ausspruch über eine Steuer in bestimmter Höhe enthalten muss und daher ein Leistungsbescheid ist. Bescheide, die nicht über einen bestimmten Steuerbetrag lauten, wie Feststellungsbescheide, sind daher keine Steuerbescheide, auch wenn sie z. T. wie Steuerbescheide behandelt werden.[10] Nicht zum Steuerbescheid gehört das Leistungsgebot.[11] Das Fehlen des Leistungsgebots oder ein fehlerhaftes Leistungsgebot kann die Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit des Steuerbescheids daher nicht beeinflussen.

 

Rz. 12

Die Vorschrift ist auf Haftungsbescheide unmittelbar nicht anwendbar. Als Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes von der hinreichenden Bestimmtheit kann § 157 AO aber für Haftungsbescheide und andere Bescheide, die nicht wie Steuerbescheide behandelt werden, entsprechend herangezogen werden. Auch ein Haftungsbescheid muss daher inhaltlich hinreichend bestimmt angeben, wer in Haftung genommen wird, wegen welchen Tatbestands die Haftung geltend gemacht wird, für welche Steuer gehaftet werden soll und in welcher Höhe die Haftungsschuld festgesetzt wird.[12]

[3] Vgl. zu einem Sonderfall FG Düsseldorf v. 23.5.1977, II 203/77 F, EFG 1978, 55, wo zwei Bescheide mit dem gleichen persönlichen, sachlichen und zeitlichen Regelungsbereich zur gleichen Zeit erlassen wurden; beide Bescheide sind nichtig, da nicht, wegen des gleichen Erlasszeitpunkts auch nicht mithilfe des § 174 AO, festgestellt werden kann, welcher Bescheid Vorrang hat.
[5] Zur Bestandskraft vgl. Vor §§ 172177 AO Rz. 1ff.
[6] Rz. 13.
[7] Rz. 27.
[8] Rz. 41.

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