3.2.1 Grundsatz

 

Rz. 15

Zum Inhalt der Steuererklärungsvordrucke trifft die AO ansonsten keine Regelung. Die Mitwirkungspflicht der Beteiligten in der besonderen Form der Steuererklärungspflicht besteht aber nur hinsichtlich der Bekanntgabe der für die Besteuerung erheblichen Tatsachen[1] und ggf. der Selbstberechnung der Steuern (Rz. 14). In den Steuererklärungen dürfen demgemäß nur Angaben verlangt werden, die unmittelbar oder mittelbar für die Festsetzung der Steuer des Erklärungspflichtigen von Bedeutung sind. Angaben über die steuerlichen Verhältnisse Dritter können nicht über die Steuererklärung erlangt werden.[2]

 

Rz. 16

Abgefragt werden können auch mittelbare Angaben, Indizien oder Hilfstatsachen, wenn diese geeignet sind, Rückschlüsse auf erklärte Besteuerungsgrundlagen zuzulassen.[3] Sie haben der Schlüssigkeitsprüfung der Steuererklärungen zu dienen.[4] Das Fragerecht findet seine Grenzen an dem Recht auf eine geschützte Privatsphäre[5], allerdings sind Fragen nach dem "Getrenntleben"[6] und der Religionszugehörigkeit zulässig[7], da diese für die zutreffende Steuerfestsetzung relevant sind.

[2] Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 150 AO Rz. 6.
[3] v. Wedelstädt, DB 1990, 2141.
[4] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 150 AO Rz. 37ff.
[5] Schick, StuW 1988, 308.
[6] BFH v. 27.8.1971, VI R 206/68, BStBl II 1972, 173; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 150 AO Rz. 39.
[7] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 150 AO Rz. 39; Koenig/Haselmann, AO, 4. Aufl. 2021, § 150 Rz. 11.

3.2.2 Angaben für nichtsteuerliche Zwecke

 

Rz. 17

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz der steuerlichen Relevanz der geforderten Angaben (Rz. 15) normiert § 150 Abs. 5 AO insoweit, als in die Vordrucke auch Fragen aufgenommen werden können, die für steuerstatistische Zwecke erforderlich sind.[1] Der Erklärungspflichtige ist selbst dann zur Beantwortung der Fragen verpflichtet, wenn die Finanzbehörde die Angaben auch aus anderen Unterlagen entnehmen könnte.[2] Die Pflichterfüllung kann ggf. erzwungen werden.[3]

 

Rz. 18

Nach § 150 Abs. 5 AO können die Finanzbehörden vom Erklärungspflichtigen Auskünfte verlangen, die für die Durchführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes erforderlich sind.[4] Die geforderten Angaben müssen unmittelbar oder mittelbar für die Gewährung oder den Umfang der Ausbildungsförderung erheblich sein. Die Zuordnung dieser Vorschrift zu § 150 AO zeigt, dass diese Angaben in den Steuererklärungen verlangt werden können.[5] Nach der Formulierung der Vorschrift ergibt sich hier aber eine allgemeine Mitwirkungspflicht gegenüber den Finanzbehörden, sodass diese die Auskunftserteilung auch unabhängig von Steuererklärungen verlangen können. Werden die Auskünfte nicht freiwillig erteilt, kann die Auskunftserteilung auch nach § 328 AO erzwungen werden. § 150 Abs. 5 S. 3 AO begründet – ergänzend zur Mitwirkungspflicht – die Ermittlungsbefugnis der Finanzbehörden. Sie können die Auskünfte auf ihre Richtigkeit hin überprüfen und sich hierbei der durch die AO eingeräumten Beweismittel bedienen.[6] § 150 Abs. 5 S. 3 AO begründet insoweit die funktionelle und sachliche Zuständigkeit der Finanzbehörden für nichtsteuerliche Ermittlungen und gibt die Rechtsgrundlage für das Verwaltungshandeln.

[1] Gesetz über Steuerstatistiken v. 11.10.1995 (BStBl I 1995, 1250, 1409), geändert durch Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010) v. 8.12.2010 (BGBl I 2010, S. 1768); verfassungsrechtliche Bedenken Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 150 AO Rz. 48; einschränkend Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 150 AO Rz. 40.
[3] Dißars, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 149 AO Rz. 6; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 150 AO Rz. 40.
[4] S. auch Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 150 AO Rz. 41.
[6] Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 150 AO Rz. 49; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 150 AO Rz. 41.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge