Rz. 11

Nach § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, Bilanzen sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen aufzubewahren.[1] Rein private Unterlagen[2] sind also nicht aufzubewahren, es sei denn, die Sonderbestimmung des § 147a AO[3] greift ein. Unterlagen i. S. d. Bestimmung sind:

  • Bücher und Aufzeichnungen i. S. d. Vorschrift sind nicht nur die im Rahmen der Buchführung geführten, sondern alle für steuerliche Zwecke vorzunehmenden Aufzeichnungen.[4] Hierbei ist also nicht Voraussetzung, dass es sich um Handelsbücher i. S. d. HGB handelt und diese Bücher auch in Buchform, der historischen Grundlage des Buchführungswesens[5], geführt werden. Je nach Organisation der Buchführung und dem Stand der jeweiligen technischen Entwicklung[6] können auch Belegsammlungen, Karteien, Lochkarten, Magnetbänder (so noch im Einsatz) oder Plattenspeicher Buchfunktion erfüllen.[7] Buchfunktion i. d. S. haben alle Datenträger, auf denen Buchungen gespeichert sind.[8]
  • Umgekehrt werden in klassischer Buchform vorgenommene Aufzeichnungen, die ausschließlich der internen Betriebskontrolle und nicht auch steuerlichen Zwecken dienen, wie z. B. Fahrten- oder Tagesnotizbücher, nicht zu Büchern i. S. d. Bestimmung.[9]
 

Rz. 12

  • Inventare sind die Zusammenfassung der Ergebnisse der Inventur, d. h. der körperlichen Bestandsaufnahme des Betriebsvermögens.[10] Die Aufbewahrungspflicht besteht nicht nur für das Inventar selbst, sondern auch für Unterlagen, die im Zuge der Bestandsaufnahme erstellt werden.[11] Die Inventurunterlagen sind nur dann ordnungsgemäß aufbewahrt, wenn eine angemessene Überprüfung hinsichtlich der Vollständigkeit der Bestandsaufnahme möglich ist.[12] Zu den nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO (s. Rz. 19) aufzubewahrenden Inventurunterlagen zählen Aufnahmelisten, Wiegescheine und ggf. Lagerbücher bzw. -karteien, grundsätzlich nicht jedoch vorbereitende Aufzeichnungen und Schmierzettel, wenn sie lediglich Grundlage und Gedächtnisstütze für die einzelnen Unterlagen bilden.[13]
 

Rz. 13

  • Jahresabschluss, hierzu zählen die Bilanz, d. h. nach § 242 Abs. 1 HGB der das Verhältnis des Vermögens und der Schulden darstellende Abschluss, und die Gewinn- und Verlustrechnung[14] und bei Kapitalgesellschaften sowie diesen gleichgestellten Personengesellschaften der Anhang.[15] Aufzubewahren sind auch die Eröffnungsbilanz sowie etwaige Zwischenbilanzen.[16] Der Lagebericht, den mittelgroße und große Kapitalgesellschaften sowie diesen gleichgestellte Personengesellschaften aufzustellen haben, ist nicht Bestandteil des Jahresabschlusses, sondern steht eigenständig neben diesem.[17] Auch Lageberichte sind nach § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO aufzuheben.[18] Demgegenüber besteht nach § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO keine Aufbewahrungspflicht für Konzernabschlüsse, da diese steuerlich zumindest direkt keine Bedeutung haben.[19] Konzernabschlüsse sind allerdings ebenso wie Konzernlageberichte und IFRS-Einzelabschlüsse nach § 325 Abs. 2 HGB gem. der handelsrechtlichen Parallelbestimmung des § 257 Abs. 1 Nr. 1 HGB aufzubewahren.
 

Rz. 14

  • Aufzubewahren sind auch die zum Verständnis der aufbewahrungspflichtigen Unterlagen erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen[20], da erst diese die Überprüfung ermöglichen und die Übersichtlichkeit[21] gewährleisten.[22] Hierzu zählen z. B. Kontenpläne, Kontenplanänderungen und ggf. die Hauptabschlussübersicht.
  • Zu den gem. § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO aufzubewahrenden Organisationsunterlagen gehören auch die Bedienungsanleitung und die Dokumentation der Programmierung von Registrierkassen.[23] Besondere Bedeutung gewinnt diese Vorschrift bei der Verwendung elektronischer Datenverarbeitungsanlagen. Hier muss die gesamte Programm- und Systemdokumentation einschließlich vorgenommener Änderungen aufbewahrt werden, wie z. B. Problembeschreibungen, Systemanalysen, Diagramme, Verarbeitungsregeln, Datensicherungsmaßnahmen, Konsolenprotokolle usw.[24] Die Dokumentation hat nach Maßgabe DV-gestützter Buchführungssysteme[25] zu erfolgen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch § 146a AO zu beachten.[26]
 

Rz. 15

Die Aufbewahrungspflicht bleibt auch bestehen, wenn innerhalb der Aufbewahrungsfrist ein Maschinen- oder Programmwechsel erfolgt.[27] Die Überleitbarkeit, Verarbeitungs- und Darstellungsfähigkeit der verarbeiteten Daten müssen gewährleistet sein.

[1] Zugmaier/Nöcker/Kahl-Hinsch, AO, 1. Aufl. 2022, § 147 Rz. 24ff.
[2] Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022, § 147 Rz. 15.
[4] S. GoBD Rz. 113ff.; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 147 AO Rz. 4.
[7] Einzelheiten in den Grundsätzen zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff – GoBD, BMF v. 28.11.2019, IV A 4...

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