Rz. 37

Seit der Neufassung der Regelung durch das JStG 2020 ist danach zu differenzieren, ob die Verlagerung in das EU-Ausland erfolgen soll oder in einen sog. Drittstaat, um den europarechtlichen Bedenken an der bisherigen Rechtslage zu begegnen.[1] Nach § 146 Abs. 2a Satz 1 AO ist für eine Verlagerung in einen anderen EU-Mitgliedsstaat – oder nunmehr auch in mehrere EU-Mitgliedstaaten – kein Antrag oder eine Anzeige an die Finanzbehörden mehr erforderlich.[2] Der alte Wortlaut der Regelung konnte nahelegen, dass allein die Verlagerung ein anderes Mitgliedsland zulässig ist. Man konnte jedoch davon auszugehen haben, dass die Verlagerung auch in mehrere verschiedene Länder erfolgen durfte.[3] Dass die Verlagerung in mehrere Mitgliedstaaten zulässig ist, hat jetzt der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt. Der Stpfl. hat nach § 146 Abs. 2a Satz 2 AO für den Fall, dass er von der Verlagerung in das EU-Ausland Gebrauch macht, sicherzustellen, dass der Datenzugriff nach § §146b Abs. 2 Satz 2, 147 Abs. 6 AO und § 27b Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG in vollem Umfang möglich ist.[4] Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Voraussetzung für die Verlagerung. Demgemäß kann auch keine Rückverlagerung in das Inland verlangt werden, wie dies bei einer Verlagerung in einen Drittstaat der Fall ist. Allerdings kann im Fall, dass kein Datenzugriff besteht, insbesondere eine Schätzung erfolgen.[5]

 

Rz. 37a

Weiterhin engeren Voraussetzungen unterliegt die Verlagerung der elektronischen Buchführung in einen Drittstaat. Die Regelung hierzu findet sich nunmehr in § 146 Abs. 2b AO.[6] Durch das DAC-7-Umsetzungsgesetz[7] wurde nunmehr die Möglichkeit geschaffen, auch eine Verlagerung in mehrere Drittstaaten durchzuführen. Wie bisher besteht die Möglichkeit auch weiterhin nicht für die Verlagerung der Papierbuchführung. Dies betrifft insbesondere in Papier vorliegende Rechnungen. Europarechtliche Bedenken bestehen deshalb weiterhin.[8]

 

Rz. 37b

Erste Voraussetzung ist die Stellung eines Antrags seitens des Stpfl., der seine elektronische Buchführung in das Ausland verlagern will. Für den Antrag ist die Schriftform[9] oder die elektronische Form erforderlich. Der Antrag kann auch konkludent gestellt werden.[10] Die Bewilligung erfolgt durch einen Verwaltungsakt, der im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde steht.[11] Die Bewilligung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden.[12] Wird die Bewilligung abgelehnt, kann gegen die Ablehnung ein Einspruch und Klage eingelegt werden. Gleiches gilt, wenn eine einmal erteilte Bewilligung widerrufen wird. Einstweiliger Rechtsschutz kommt durch eine einstweilige Anordnung[13] im Hinblick auf die Erteilung der Bewilligung bzw. Aussetzung der Vollziehung[14] bei einem Widerruf der Bewilligung in Betracht.

 

Rz. 38

Die Genehmigung der Behörden des Staates zum Zugriff vor Verlagerung der Buchführung ist nach der Gesetzesfassung des JStG 2010 nicht mehr erforderlich. Die entsprechende Bestimmung wurde gestrichen.

 

Rz. 39

Der Buchführungspflichtige muss gem. § 146 Abs. 2b S. 2 Nr. 1 AO den Standort des Datenverarbeitungssystems und bei Beauftragung eines Dritten dessen Namen und Anschrift den Finanzbehörden gegenüber angeben. Änderungen sind unverzüglich anzuzeigen.[15]

 

Rz. 40

Im Hinblick auf die Notwendigkeit der Kontrolle der Buchführungspflichtigen darf die Verlagerung gem. § 146 Abs. 2b S. 2 Nr. 2 AO nur bei solchen Stpfl. bewilligt werden, die ihre sich aus §§ 90, 93, 97, 140 bis 147 AO und § 200 Abs. 1 und 2 AO ergebenden Pflichten ordnungsgemäß erfüllt haben, die sich also in der Vergangenheit kooperativ gezeigt haben und von denen anzunehmen ist, dass sie dies auch in Zukunft sein werden. Allerdings darf die entsprechende Prüfung nicht so weit gehen, dass jedes Verhalten seitens des Stpfl., welches im Gegensatz zu den Interessen der Finanzverwaltung steht, als schädlich anzusehen ist. Nur erhebliche Pflichtenverstöße sind relevant.[16]

 

Rz. 41

Die Verlagerung der Buchführung und Aufzeichnungen darf schließlich nach § 146 Abs. 2b S. 2 Nr. 3 AO nur dann bewilligt werden, wenn der Datenzugriff nach §§ 146b Abs. 2 Satz 2 AO, 147 Abs. 6 AO und § 27b Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG durch die deutschen Finanzbehörden in vollem Umfang möglich ist.[17] Zur Sicherstellung und Beschlagnahme von Daten auf einem ausländischen Server Beyer, AO-StB 2013, 29.

 

Rz. 41a

Schließlich ist nach § 146 Abs. 2b S. 2 Nr. 4 AO erforderlich, dass durch die Verlagerung der Buchführung die Besteuerung nicht beeinträchtigt wird.[18] Dies kann nur so zu verstehen sein, dass durch die Verlagerung nicht nur die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten nicht beeinträchtigt werden dürfen, sondern sämtliche steuerlichen Verpflichtungen.[19]

 

Rz. 42

Werden der Finanzbehörde Tatsachen bekannt, die zu einer Beeinträchtigung der Besteuerung führen, hat sie nach § 146 Abs. 2b S. 3 AO die Bewilligung zu widerrufen, und sie hat die unverzügliche Rückverlagerung der elektronischen Bücher und sonstigen Aufzeichnungen in den Geltungsbereich der AO anzuordnen.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge