Rz. 117

Nach § 138e Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO führen Gestaltungen zu einem Kennzeichen, durch das Vermögensgegenstände übertragen oder überführt werden, soweit sich die Bewertung dieser Vermögensgegenstände in den beteiligten Steuerhoheitsgebieten wesentlich unterscheiden.[1] Der Begriff der "Vermögensgegenstände" dürfte mit dem steuerlichen Begriff der Wirtschaftsgüter identisch sein. Auffällig ist, dass in Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b aa) von "Vermögenswert" gesprochen wird, in Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c dagegen von "Vermögensgegenständen". In der Richtlinie vom 25.5.2018 wird in beiden Fällen von "Vermögenswert" gesprochen. Daraus wird man schließen können, dass die Begriffe "Vermögenswert" und "Vermögensgegenstand" identisch sind. Der Qualität des Gesetzgebers stellt diese unterschiedliche Begriffswahl aber kein gutes Zeugnis aus. Zum Begriff des Steuerhoheitsgebiets vgl. Rz. 43.

 

Rz. 118

Die an der Gestaltung Beteiligten können jede Rechtsform aufweisen. Sie können also Körperschaften, Personengesellschaften und natürliche Personen sein. Es müssen auch nicht zwei Stpfl. beteiligt sein. Es kann sich auch um eine Überführung von Vermögensgegenständen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte handeln. Ist mehr als ein Stpfl. beteiligt, muss es sich nicht um verbundene Unternehmen handeln. Der oder die Beteiligten müssen auch keine "Unternehmen" sein. Eine Gestaltung zwischen Privatpersonen oder die Verlagerung eines Vermögensgegenstands durch eine natürliche Person in eine andere Steuerjurisdiktion, um Erbschaftsteuer zu sparen, kann daher den Tatbestand dieses Kennzeichens erfüllen.

 

Rz. 119

Betroffen ist die Übertragung oder Überführung des Vermögensgegenstands. Der Begriff der Übertragung bedeutet die Übertragung von rechtlichem oder wirtschaftlichem Eigentum auf eine andere Person. Es müssen also mindestens zwei Personen beteiligt sein. Es kann sich um die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter handeln, aber auch um eine Übertragung im Wege der Gesamt- oder Teilrechtsnachfolge, wie bei einer Umwandlung, Verschmelzung oder Spaltung. Ebenfalls erfasst werden Einbringung und Anteilstausch, Sachausschüttungen sowie Liquidationen, bei denen Wirtschaftsgüter auf den Anteilsinhaber übertragen werden.[2] Da es sich um eine "Gestaltung" handeln muss, wird nur eine rechtsgeschäftliche Übertragung erfasst, nicht also eine Übertragung von Todes wegen. Übertragungen zur vorweggenommenen Erbfolge fallen aber unter den Tatbestand.

 

Rz. 120

"Überführung" bezieht sich auf die Verlagerung des Vermögensgegenstands in ein anderes Steuerhoheitsgebiet ohne Übertragung des Eigentums. Anhang IV Teil II C Nr. 4 der Richtlinie v. 25.5.2018 erwähnt nur die "Übertragung", doch dürfte dies eine "Überführung" einschließen. An einer Überführung ist nur ein einziger Stpfl. beteiligt. Es kann sich um eine Überführung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte, zwischen zwei Betriebsstätten desselben Stpfl. oder die Verlagerung eines Vermögensgegenstands einer Privatperson handeln. Damit werden auch Fälle des Wegzugs einer natürlichen Person erfasst, wenn es hinsichtlich steuerverstrickter Wirtschaftsgüter, wie Kapitalanteilen, zu einer unterschiedlichen Bewertung kommt.[3] Ebenfalls erfasst wird die Verlagerung des Vermögensgegenstands im Verhältnis zwischen einer Personengesellschaft und ihrem Gesellschafter. Ist mehr als eine Person beteiligt, braucht die Übertragung nicht in das Steuerhoheitsgebiet zu erfolgen, in dem der Empfänger der Übertragung ansässig ist. Es kann auch eine Übertragung in ein anderes Steuerhoheitsgebiet, in dem beispielsweise eine Betriebsstätte des Übertragungsempfängers belegen ist, erfolgen.

 

Rz. 121

Ein Kennzeichen liegt nur vor, wenn sich die steuerliche Bewertung des Vermögensgegenstands in den beiden Steuerhoheitsgebieten wesentlich unterscheidet. Sind Gesellschaften betroffen, kann der Wertunterschied sowohl auf der Gesellschaftsebene als auch der Gesellschafterebene eintreten.[4] Hintergrund für die Einführung dieses Kennzeichens ist die Gefahr, dass der Stpfl. Bewertungsunterschiede zwischen den beteiligten Steuerhoheitsgebieten zur Erlangung steuerlicher Vorteile ausnutzt. Es ist aber nicht Voraussetzung, dass die Annahme gerechtfertigt ist, dass diese Steuervorteile einer der Hauptgründe der Gestaltung war. Der Main Purpose Test des § 138d Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a AO gilt nicht für dieses Kennzeichen. Es braucht also weder die Absicht vorzuliegen, einen Steuervorteil durch Ausnutzen der Bewertungsunterschiede zu erreichen, noch ist erforderlich, dass solche Steuervorteile tatsächlich eintreten oder objektiv möglich sind. Die Mitteilungspflicht besteht daher auch dann, wenn Steuervorteile durch die Übertragung oder Überführung nicht eintreten und nach den jeweiligen gesetzlichen Regeln auch nicht eintreten können. Es führt nicht zu einem Kennzeichen, wenn eine Umwandlung, Verschmelzung oder Spaltung innerhalb der EU in den beteiligten Staaten einheitlich zum Buchwert oder zu Zwischenwerten oder gemeinen Werten abgewickelt wird. ...

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