Rz. 100

Zahlungen zwischen verbundenen Unternehmen führen nach Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a aa) dann zu einem Kennzeichen, wenn der Empfänger der Zahlung in keinem Steuerhoheitsgebiet ansässig ist. Zum Begriff des Steuerhoheitsgebietes Rz. 43. Fälle, in denen der Empfänger der Zahlung in keinem Steuerhoheitsgebiet ansässig ist, dürften praktisch selten sein. Möglich ist dies jedoch, wenn die zwei Steuerhoheitsgebiete die Ansässigkeit jeweils unterschiedlich definieren und jedes Steuerhoheitsgebiet daher die Ansässigkeit in dem jeweils anderen Steuerhoheitsgebiet annimmt.[1] Besteht zwischen dem Staat des zahlenden und dem Steuerhoheitsgebiet, in das die Zahlung erfolgt, ein DBA, ermöglicht Art. 4 OECD-MA i. d. R. die Bestimmung der Ansässigkeit. Auch bei Bestehen eines DBA kann es zu einer Nichtansässigkeit kommen, wenn die beteiligten Staaten die Begriffe des DBA unterschiedlich auslegen.[2]

 

Rz. 101

Ist der Empfänger eine Körperschaft, gilt sie im Zweifel häufig in dem Steuerhoheitsgebiet ansässig, nach dessen Recht sie gegründet worden ist. Bei Körperschaften ist es daher nur in Ausnahmefällen denkbar, dass sie in keinem Steuerhoheitsgebiet ansässig sind, da sie nach dem Recht eines Staates gegründet worden sein müssen. Denkbar ist aber eine fehlende Ansässigkeit, wenn nach den Rechtsordnungen der beteiligten Steuerhoheitsgebiete Qualifikationskonflikte hinsichtlich der Ansässigkeit bestehen. Das kann der Fall sein, wenn beide Staaten den Begriff des "Ortes der Geschäftsleitung" unterschiedlich auslegen und danach die Gesellschaft nach den jeweiligen Auslegungen in keinem Staat den Ort der Geschäftsleitung hat. Eine in keinem Steuerhoheitsgebiet ansässige Gesellschaft kann auch vorliegen, wenn der eine Staat die Ansässigkeit nur vom Ort der Geschäftsleitung abhängig macht, der zweite Staat allein vom Ort der Gründung der Gesellschaft. Wird nun die Körperschaft im ersten Staat gegründet und hat sie ihre Geschäftsleitung im zweiten Staat, gilt sie als in keinem Staat ansässig.[3]

 

Rz. 102

Bei Personengesellschaften, die in beiden Steuerhoheitsgebieten transparent besteuert werden, ist auf die Ansässigkeit der einzelnen Gesellschafter abzustellen, nach Ansicht der Finanzverwaltung allerdings nur, soweit ihnen die Einkünfte nach dem Recht ihres Ansässigkeitsstaates zuzurechnen sind.[4] Wird die Personengesellschaft in dem anderen Steuerhoheitsgebiet intransparent besteuert, ist sie zwar nach deutscher Auffassung nicht ansässig, für Zwecke des Kennzeichens soll sie aber nach der Finanzverwaltung im Gründungs- oder Sitzstaat als ansässig gelten. Danach soll nur für Zwecke der Mitteilung der Steuergestaltungen ein besonderer Begriff der Ansässigkeit gelten. Bei solchen hybriden Gesellschaften sollen Zahlungen immer mitteilungspflichtig sein.[5] Es bleibt in diesen Fällen unklar, wer der Regelungsadressat der Anzeigepflicht ist. M. E. entspricht es nur dem Gesetz, wenn eine solche nach deutscher Auffassung transparente, nach ausländischer Auffassung aber intransparente Personengesellschaft für die Mitteilungspflichten nach deutschem Recht als transparent angesehen wird und die Mitteilungspflicht daher für die einzelnen Gesellschafter zu erfüllen ist. Natürliche Personen sind im Zweifel in dem Steuerhoheitsgebiet ansässig, dessen Staatsangehörigkeit sie haben. Hat die natürliche Person keine Staatsangehörigkeit, regeln die beteiligten Staaten die Ansässigkeit im gegenseitigen Einvernehmen. Bei Bestehen eines DBA können daher nicht ansässige Personen nur natürliche Personen sein, die keine Staatsangehörigkeit besitzen, in der Zeit bis zu einer Vereinbarung der beiden beteiligten Steuerhoheitsgebiete. Besteht dagegen kein DBA, gilt diese Regelung nicht. Dann kann die Ansässigkeit bei Körperschaften und natürlichen Personen fehlen, d. h. sie sind dann in keinem Steuerhoheitsgebiet ansässig.

 

Rz. 103

Möglich ist eine fehlende Ansässigkeit auch bei natürlichen Personen, die ihre Geschäftsleitung bzw. ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb eines Steuerhoheitsgebietes haben, z. B. auf einem Schiff oder bei ständig wechselnden Aufenthalten.

 

Rz. 104

Erfolgt die Zahlung in eine Betriebsstätte des die Zahlung empfangenden Unternehmens, kommt es darauf an, ob das Unternehmen in einem Steuerhoheitsgebiet ansässig ist, nicht auf die Belegenheit der Betriebsstätte in einem Steuerhoheitsgebiet. Es führt daher auch dann zu einem Kennzeichen, wenn die Betriebsstätte in einem Hochsteuerland belegen ist und das Unternehmen dort der beschränkten Steuerpflicht unterliegt, das Unternehmen selbst aber in keinem Steuerhoheitsgebiet ansässig ist.

[1] BMF v. 29.3.2021, IV A 3 – S 0304/19/10006:010, BStBl I 2021, 582, Rz. 158.
[2] BMF v. 29.3.2021, IV A 3 – S 0304/19/10006:010, BStBl I 2021, 582, Rz. 159.
[3] "Ghost company"; zu den genannten Beispielen BR-Drs. 489/19, 37; BMF v. 29.3.2021, IV A 3 – S 0304/19/10006:010, BStBl I 2021, 582, Rz. 158f.
[4] BMF v. 29.3.2021, IV A 3 – S 0304/19/10006:010, BStBl I 2021, 582, Rz. 160.
[5] BMF v. 29.3.2...

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