Rz. 83

Nach § 138e Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e AO bilden Gestaltungen unter den Voraussetzungen des Main Purpose Tests ein Kennzeichen, wenn eine als Betriebsausgaben abzugsfähige Zahlung an ein verbundenes Unternehmen erfolgt und die Zahlung bei dem empfangenden Unternehmen in seinem Ansässigkeitsstaat vollständig von der Steuer befreit ist oder einer steuerlichen Präferenzregelung unterliegt. Die im ursprünglichen Gesetzentwurf fehlende Bezugnahme auf die Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe ist im Gesetzgebungsverfahren nachgeholt worden.

 

Rz. 84

Die einzelnen Tatbestandsmerkmale entsprechen weitgehend denen des Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d. Es wird daher auf Rz. 71ff. verwiesen. Das gilt auch für die Abweichung von der Richtlinie v. 25.5.2018, wo dieser Tatbestand nicht dem Main Purpose Test unterworfen ist, wie das nach § 138e Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e AO i. V. m. § 138d Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a AO der Fall ist.[1] Der Unterschied zu Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d besteht darin, dass dort der Zahlungsempfänger selbst keiner oder einer geringfügigen Körperschaftsteuer unterliegt, wobei es auf die konkrete Steuerbelastung der Zahlung nicht ankommt. Bei Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e kommt es umgekehrt nur auf die konkrete Steuerbelastung der Zahlung an, nicht dagegen darauf, in welcher Höhe der Zahlungsempfänger einer Steuerbelastung unterliegt. Ein weiterer Unterschied zu Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d besteht darin, dass die steuerliche Belastung nicht in "Körperschaftsteuer" bestehen muss. Es genügt jede steuerliche Belastung der Zahlung unabhängig von der Art der Steuer. Damit kann der Empfänger der Zahlung jede Rechtsform haben, also auch Personengesellschaft oder eine natürliche Person sein. Es muss sich aber um ein "verbundenes Unternehmen", und damit um ein "Unternehmen" handeln. Unterhält eine natürliche Person ein Unternehmen, das Mutterunternehmen von anderen verbundenen Unternehmen ist, kommt es daher auf die Belastung der Zahlung mit Einkommensteuer an.

 

Rz. 85

Ein Kennzeichen liegt vor, wenn die empfangende Körperschaft in ihrem Ansässigkeitsstaat mit der Zahlung vollständig von der Körperschaftsteuer befreit ist oder mit dieser Zahlung einer steuerlichen Präferenzregelung unterliegt. Es kommt nur darauf an, ob die Zahlung von der Besteuerung ausgenommen ist. Ob und in welcher Höhe die übrigen Einkünfte des empfangenden Unternehmens einer Besteuerung unterliegen, ist ohne Bedeutung. Maßgebend ist, dass die Steuerbefreiung und die Präferenzregelung auf dem Recht des Ansässigkeitsstaates beruht. Es genügt für die Annahme eines Kennzeichens nicht, dass die Zahlung tatsächlich entgegen dem Steuerrecht des Ansässigkeitsstaates nicht oder niedriger besteuert wird, etwa weil sie den Steuerbehörden des Ansässigkeitsstaates nicht bekannt ist oder weil bei der Besteuerung ein Rechts- oder Tatsachenfehler unterlaufen ist.

 

Rz. 86

Beteiligt sein können zwei oder mehr verbundene Unternehmen. Zum Begriff des verbundenen Unternehmens Rz. 170. Es führt daher auch zu einem Kennzeichen, wenn die Zahlung durch eine Kette von verbundenen Unternehmen hindurch läuft und nur bei dem letzten Empfänger von der Steuer befreit ist oder einer Präferenzregelung unterliegt.[2]

 

Rz. 87

Die erste Alternative ("vollständig von der Steuer befreit") erfordert, dass die Zahlung in vollem Umfang steuerbefreit ist, also für die Zahlung überhaupt keine steuerliche Belastung eintritt. Die Steuerbefreiung kann auf einer persönlichen oder sachlichen Steuerbefreiung beruhen. Grundlage für die Steuerbefreiung ist, dass die Zahlung in dem Steuerhoheitsgebiet, in dem der Empfänger der Zahlung ansässig ist, nicht in die steuerliche Bemessungsgrundlage einbezogen wird.[3] Entgegen dieser Definition will der BMF aber auch Fälle in das Merkmal einbeziehen, in denen die Steuerbefreiung auf einem Erlass der Steuer beruht, obwohl in diesen Fällen die Zahlung in die Bemessungsgrundlage einbezogen worden ist.[4] Eine Steuerbefreiung soll danach auch vorliegen, wenn die Steuer nach den einschlägigen Steuergesetzen zwar entsteht, aber bestimmungsgemäß erlassen wird. Jede Art von Steuer, die konkret auf der Zahlung in dem Ansässigkeitsstaat des empfangenden Unternehmens lastet, schließt diesen Tatbestand aus. Es muss sich also nicht um Körperschaftsteuer handeln; auch die Belastung mit Einkommensteuer oder einer sonstigen Unternehmenssteuer ist zu berücksichtigen. Bei der steuerlichen Belastung muss es sich aber um eine Steuer i. S. d. § 3 Abs. 1 AO handeln. Stempelabgaben und ähnliche Abgaben sind keine Steuern in diesem Sinne. Sind die Zahlungen mit Abgaben dieser Art belastet, schließt dies die Annahme eines Kennzeichens nicht aus. M.E. muss die Steuerbefreiung auf unilateralem Recht beruhen. Steuerbefreiungen aufgrund eines DBA durch Anwendung der Freistellungsmethode sollten nicht zu einem Kennzeichen führen.[5]

 

Rz. 88

Eine Steuerbefreiung liegt vor, wenn die Erträge nach nationalem Recht nicht besteuert werden können, weil sie nicht steuerbar oder steuerbefreit sind oder der Stpfl. persönli...

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