Rz. 71

Unter den Voraussetzungen des Main Purpose Tests führen nach § 138e Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d AO Gestaltungen zu einem Kennzeichen, wenn der Stpfl. grenzüberschreitende Zahlungen an ein verbundenes Unternehmen leistet, die bei ihm als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, während das verbundene Unternehmen in dem Steuerhoheitsgebiet, in dem es ansässig ist, keiner oder einer Körperschaftsteuer nahe Null unterliegt. Die im ursprünglichen Gesetzentwurf fehlende Bezugnahme auf die Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe ist im Gesetzgebungsverfahren nachgeholt worden. Keine Mitteilungspflicht besteht, wenn kein Steuervorteil eintritt, beispielsweise weil die Gestaltung zur Anwendung der §§ 7ff. AStG führt. Bemerkenswert ist, dass das Gesetz diesen Tatbestand dem Main Purpose Test unterwirft. Nach der EU-Richtlinie vom 25.5.2018, a. a. O., ist das nach Anhang IV Teil II Buchst. C Nr. 1 Buchst. b) ii) nicht der Fall. Das Gesetz setzt die Richtlinie insoweit nicht richtig um.[1]

 

Rz. 72

Betroffen sind Zahlungen innerhalb verbundener Unternehmen. Zum Begriff der verbundenen Unternehmen § 138e Abs. 3 AO; hierzu Rz. 170ff. Die Rechtsform der beteiligten Unternehmen ist nur für das die Zahlung empfangende Unternehmen bestimmt. Da die Vorschrift auf die Körperschaftsteuer Bezug nimmt, muss das die Zahlung empfangende Unternehmen eine Körperschaft sein oder, wenn es sich um eine Personengesellschaft handelt, nach dem Recht ihres Steuerhoheitsgebiets der Körperschaftsteuer unterliegen (wie z. B. bei Staaten Mitteleuropas und Russlands). Der Zahlende kann jede Rechtsform haben, also Körperschaft, Personengesellschaft oder Einzelunternehmen sein.

 

Rz. 73

Erfasst werden "Zahlungen" ohne weitere Einschränkungen. Es kann sich um Zahlungen für jede Art von Leistungen handeln. Erforderlich ist nur, dass sie bei dem Zahlenden als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Daher fallen m. E. solche Zahlungen nicht unter die Vorschrift, die bei dem Zahlenden zu aktivieren sind. Nicht erfasst werden daher Zahlungen für den Erwerb von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens und des Umlaufvermögens. Zahlungen für Anlagevermögen führen nicht unmittelbar zu Betriebsausgaben, sondern werden nur über Abschreibungen, bei nicht abschreibbaren Wirtschaftsgütern erst bei Veräußerung, verrechnet. Zahlungen für Umlaufvermögen (Waren, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe) werden nur bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns berücksichtigt, also ebenfalls nicht als Betriebsausgaben. Es kommt nur darauf an, dass die Zahlung als Betriebsausgabe "abzugsfähig" ist. Ohne Bedeutung ist, ob sie tatsächlich als Betriebsausgabe geltend gemacht werden, obwohl, wenn dies nicht der Fall ist, kaum steuerliche Vorteile erlangt werden können. Nicht zu einem Kennzeichen führt es, wenn die Zahlungen steuerlich nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, z. B. aufgrund des § 4 Abs. 5 EStG. Bei der Zinsschranke nach § 4h EStG, § 8a KStG ist zu berücksichtigen, dass es für die Mitteilung nicht auf die einzelne Zinszahlung ankommt, sondern diese an die Gestaltung, also den Abschluss des Darlehensvertrags, anknüpft. Zinszahlungen sind aber grundsätzlich als Betriebsausgaben abzugsfähig, auch wenn einzelne Zinszahlungen aufgrund der Zinsschranke erst später oder überhaupt nicht verrechnet werden können. Der Darlehensvertrag erfüllt nach dieser Auslegung daher den Tatbestand des Kennzeichens.

 

Rz. 74

Betroffen sind nur grenzüberschreitende Zahlungen. Die Ansässigkeit des zahlenden und des empfangenden Unternehmens sind daher ohne Bedeutung, abgesehen davon, dass das empfangende Unternehmen in einem niedrig oder nicht besteuernden Steuerhoheitsgebiet ansässig sein muss. Allerdings wird die Vorschrift nur eingreifen, wenn der Zahlende in der Bundesrepublik steuerpflichtig ist. Das kann der Fall sein, wenn er in der Bundesrepublik ansässig ist, jedoch auch, wenn er hier eine Betriebsstätte unterhält und die Zahlung bei der Betriebsstätte als Betriebsausgabe abzugsfähig ist. Die Zahlung ist auch dann grenzüberschreitend, wenn sie von einer im Inland belegenen Betriebsstätte des zahlenden Unternehmens an eine im Ausland belegene Betriebsstätte des empfangenden Unternehmens erfolgt.

 

Rz. 75

Nach dem Wortlaut ist der wirtschaftliche Grund der Zahlungen unbeachtlich. Allerdings unterliegt dieses Kennzeichen dem Main Purpose Test, sodass die Steuerersparnis einer der Hauptvorteile der Gestaltung sein muss. Daher kann auch die Darlehensgewährung einer Finanzierungsgesellschaft, die einem Steuersatz von Null oder nahe Null unterliegt, zur Finanzierung einer Akquisition zu einem Kennzeichen führen, wenn die Voraussetzungen des Main Purpose Tests erfüllt sind.[2]

 

Rz. 76

Das empfangende Unternehmen muss in einem Steuerhoheitsgebiet ansässig sein, das keine Körperschaftsteuer oder eine Körperschaftsteuer von Null oder nahe Null erhebt. Zum Begriff des "Steuerhoheitsgebiets" Rz. 43. "Ansässig" ist der Empfänger dort, wo er nicht nur mit Einkünften aus in diesem Staat belegenen Quellen steuerpflichtig ist, al...

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