Rz. 57

Nach § 138e Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c AO liegt unter den Voraussetzungen des Main Purpose Tests ein Kennzeichen vor, wenn Transaktionen durch Einschaltung funktionsschwacher Unternehmen oder durch Transaktionen, die sich gegenseitig aufheben, für zirkuläre Vermögensverschiebungen genutzt werden. Hinzuweisen ist darauf, dass die Vorschrift sprachlich missglückt ist, da der letzte Halbsatz grammatikalisch nicht richtig an den vorhergehenden Text angeschlossen ist. Es kann daher zweifelhaft sein, auf was sich die "zirkulären Vermögensverschiebungen" beziehen müssen. Hier wird davon ausgegangen, dass sich dieser Teil der Vorschrift auf beide vorhergehende Tatbestände bezieht. Diese Auslegung wird dadurch gestützt, dass Anhang IV Teil II Buchst. B Nr. 3 der Richtlinie v. 25.5.2018 besser formuliert ist und insoweit klar den Begriff der "zirkulären Transaktion" auf beide Tatbestände bezieht.

 

Rz. 58

Der Tatbestand erfasst Gestaltungen, die bestimmte Formen von Transaktionen zum Gegenstand haben.[1] Der Begriff der "Transaktion" wird sonst in § 138e AO nicht verwendet. Zur Auslegung kann herangezogen werden, dass die Transaktion zu einer zirkulären Vermögensverschiebung führen muss. Eine "Transaktion" stellt daher einen oder mehrere rechtliche Schritte dar, die zu einer Änderung der Zuordnung eines bestimmten Vermögensgegenstands zu einer Person führt. Es handelt sich also um die gegenseitige, ggf. auch mehrteilige Übertragung von Gütern oder Rechten zwischen mindestens zwei Rechtsträgern. Rechtsträger können natürliche oder juristische Personen, Personengesellschaften und Vermögensmassen sein.[2] Im Wesentlichen dürfte es sich um die Übertragung des Eigentums oder von Forderungen und Verbindlichkeiten auf eine andere Person handeln. Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums, auch nur für eine logische Sekunde, ist ausreichend.[3]

 

Rz. 59

Im ersten Tatbestand erfolgt die Transaktion unter Verwendung zwischengeschalteter Unternehmen, die keine oder keine wesentliche Funktion ausüben, also funktionsschwach oder funktionslos sind. Die Rechtsform des Unternehmens ist nicht bestimmt. Es kann daher jede Rechtsform aufweisen. Praktisch wird es sich i. d. R. um Körperschaften handeln, jedoch sind auch Personengesellschaften denkbar. Einzelunternehmen dürften jedoch ausscheiden, da kein "Unternehmen" besteht, wenn es funktionslos ist, es sich in diesen Fällen auch um Strohmanngeschäfte handeln dürfte, die schon nach § 41 Abs. 2 AO unwirksam ist.

 

Rz. 60

Ist ein Unternehmen funktionslos, handelt es sich um eine "Briefkastengesellschaft", der Vermögen und Einkünfte nicht zugeordnet werden können. Funktionsschwach sind Unternehmen, die keine wesentliche wirtschaftliche Aktivität ausüben. Sie dürfen also überhaupt keine wesentliche Aktivität haben; es genügt nicht, dass nur eine von mehreren wirtschaftlichen Aktivitäten nicht wesentlich ist. Für die Frage, wann eine Aktivität nicht "wesentlich ist", enthält das Gesetz keine Hinweise. Die Tätigkeit muss auf jeden Fall gegenüber Dritten ausgeübt werden. Hilfstätigkeiten, wie eigene Verwaltungstätigkeit (eigene Geschäftsführung, eigene Buchhaltung, Finanz-, Rechts- und Steuerberatung und ähnliches) sind daher unwesentliche Tätigkeiten. Lieferungs- und Leistungsbeziehungen gegenüber Dritten, auch gegenüber verbundenen Unternehmen, sind nur dann unwesentlich, wenn sie gegenüber den zirkulären Transaktionen nicht ins Gewicht fallen, also relativ zu diesen Tätigkeiten, aber auch absolut geringfügig sind. "Unwesentlich" dürften daher i. d. R. nur solche Tätigkeiten sein, die nicht zu dem Geschäftszweck des Unternehmens gehören und nur unterhalten werden, um die Tätigkeit in den zirkulären Transaktionen "abzusichern". Erfasst werden daher "special purpose vehicles", deren alleiniger Hauptzweck in der Durchführung der zirkulären Transaktion besteht.

 

Rz. 61

Der zweite Tatbestand besteht in Transaktionen, die sich gegenseitig aufheben oder ausgleichen ("round tripping"). Die beteiligten Unternehmen brauchen nicht funktionslos oder funktionsschwach zu sein. Betroffen sind Unternehmen aller Rechtsformen, also Körperschaften, Personengesellschaften, Einzelunternehmen und Vermögensmassen. Erfasst werden Transaktionen, die zwar zur Änderung der Vermögenszuordnung führen, durch Zusammenfassung von zwei oder mehr Transaktionen aber wirtschaftlich keine Auswirkungen haben. Dies ist der Fall, wenn die wirtschaftlichen Wirkungen der ersten Transaktion durch eine oder mehrere gegenläufige Transaktionen aufgehoben oder ausgeglichen werden. Die Transaktionen heben sich auf, wenn die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Transaktion durch eine gegenläufige Transaktion beseitigt werden. Für die Beseitigung der rechtlichen Folgen genügt die Zuordnung nach den Grundsätzen des wirtschaftlichen Eigentums. Eine zirkuläre Transaktion in diesem Sinne liegt vor, wenn das Wirtschaftsgut nach Ende der Vertragslaufzeit an den ursprünglichen rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentümer zurückgelangt.[4]

 

Rz. ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge