1 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Mit den §§ 138d AO setzt der deutsche Gesetzgeber die Europäische Richtlinie (EU) 2018/822[1] um. Diese Richtlinie ändert die Amtshilfe-Richtlinie.[2] Sie ist als Reaktion des BEPS-Projekts der OECD von der EU erlassen worden. Damit soll den Mitgliedstaaten ermöglicht werden, auf immer neue Gestaltungen im internationalen Steuerrecht angemessen zu reagieren zu können. Im BEPS-Projekt ist im Aktionspunkt 12 (Mandatory Disclosure Rules) vorgeschlagen, dass bestimmte Gestaltungen einer Anzeigepflicht unterliegen. Diese Initiative ist von der EU aufgenommen und in der Amtshilfe-Richtlinie umgesetzt worden. Diese Richtlinie ist in den §§ 138d ff. AO in nationales Recht umgesetzt worden.

 

Rz. 2

Diskutiert wird auch die Einführung einer entsprechenden Meldepflicht für nationale (d. h. nicht grenzüberschreitende) Steuergestaltungen. Diese sollte zunächst gemeinsam mit der Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen eingeführt werden. Davon ist nunmehr abgesehen worden. Zunächst sollen die Wirkung und die praktischen Erfahrungen mit der Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen abgewartet und ausgewertet werden.

 

Rz. 3

Der § 138d ff. AO ist durch das Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen vom 21.12.2019[3] eingeführt worden.

 

Rz. 3a

Mit dem Kreditzweitmarktförderungsgesetz vom 29.12.2023[4] wurde der Gesetzeswortlaut des § 138d Abs. 5 AO (vgl. dazu Rz. 111ff.) auf die Neueinführung der Definition einer Personenvereinigung in § 14a AO angepasst. Durch die Änderung wurde eine Regelung aufgenommen, die die zivilrechtlichen Änderungen durch Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts vom 10.8.2021[5] adaptiert.[6]

[1] V. 21.6.2017, COM (2017), 335 bzw. v. 25.5.2018, ABl EU Nr. L 139, 1.
[2] RL 2018/822/EU v. 25.5.2018, ABl EU 2018, Nr. L 139/1.
[3] BGBl I 2019, 2875ff.
[4] Gesetz zur Förderung geordneter Kreditzweitmärkte und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2167 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer sowie zur Änderung weiterer finanzrechtlicher Bestimmungen, BGBl I 2023 Nr. 411.
[5] Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG, BGBl I 2021, 3436.
[6] Vgl. dazu auch die weitere Anpassung des AEAO an das MoPeG und das Kreditzweitmarktförderungsgesetz durch BMF v. 22.3.2024, IV D 1 – S 0062/23/10005 :002, Haufe-Index HI16232895.

2 Regelungsziel

 

Rz. 4

Die Einführung der Meldepflichten für grenzüberschreitende Steuergestaltungen dient ausweislich der Gesetzesbegründung[1] einem zweifachen Ziel. Zum einen sollen insbesondere auch neuartige Steuergestaltungen von der Finanzverwaltung frühzeitig erkannt werden. Damit soll es dem Gesetzgeber ermöglicht werden, möglichst zeitnah bei Bedarf durch Gesetzesänderungen reagieren zu können und unerwünschte Strukturen einer angemessenen Besteuerung zu unterwerfen.[2] Im Fokus stehen insbesondere sog. Steuervermeidungspraktiken und Gewinnverlagerungen, die zu einer Erosion des deutschen Steuersubstrats führen. Diese Gestaltungen widersprechen nach Auffassung des Gesetzgebers dem Prinzip der Steuergerechtigkeit.[3] Diese Einschränkung ist umso erstaunlicher, als tatsächlich von der Meldepflicht viele Gestaltungen erfasst sind, die aus operativen und damit nicht steuerlichen Gründen gemacht werden und die auch keine Steuervermeidung als Ziel haben. Dies wird auch mit dem Hinweis auf die sog. Cum-Ex-Gestaltungen begründet.[4] Dies ist aber eine nicht schlüssige Begründung, da zumindest in Deutschland diese Gestaltung in der Fachliteratur lange Zeit diskutiert worden ist, ohne dass der Gesetzgeber reagiert hat. Das Ziel, bestimmte Steuergestaltungen schneller zu erkennen bzw. von der Existenz zu erfahren, um dann eine Entscheidung treffen zu können, ob diese durch gesetzgeberische Maßnahmen verhindert oder höher besteuert werden, ist aber legitim.

Aus der Begründung zum Gesetzentwurf[5] ergibt sich zudem, dass die Finanzverwaltung zunehmend Sorge hat, "komplexe zivilrechtliche Strukturen" nicht mit allen ihren steuerlichen Konsequenzen zu erkennen. In der Begründung wird insoweit immer darauf abgestellt, dass dadurch "gesetzlich nicht vorgesehene Steuervorteile" erlangt werden. Diese Einschränkung findet sich in dem Gesetzestext aber nicht wieder. Im Rahmen der allg. juristischen Auslegungsmethoden kann dieser Sinn und Zweck berücksichtigt werden; allerdings ist das Kriterium des gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteils sehr unbestimmt und damit fast nicht nutzbar.

Außerdem soll die Meldepflicht "veranlagungsunterstützend" wirken. Dies bedeutet, dass die Finanzverwaltung in der Betriebsprüfung derartige Gestaltungen einfacher erkennen will, da sie ja bereits gemeldet sind.[6] Daher hat der Stpfl. die gemeldeten Gestaltungen in der Steuererklärung anzugeben, indem die jeweilige Meldenummer einzutragen ist.

 

Rz. 5

Die Meldung hat unmittelbar keine Wirkung auf die Besteuerung der Gestaltung. Die Finanzverwaltung kann daher aus einer erfolgten Meldung keine unmittelbaren Folgen zieh...

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