Rz. 1

Diese Vorschrift entspricht § 47 VwVfG, § 43 SGB X.

Der UZK enthält keine entsprechende Regelung, sodass § 128 AO nicht überlagert wird, sondern auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben anwendbar ist.

Die Vorschrift dient, ebenso wie §§ 126 und 127 AO, dazu, nur formelle Aufhebungen von Verwaltungsakten zu verhindern. Es soll vermieden werden, dass ein Verwaltungsakt wegen eines Fehlers aufgehoben werden muss, obwohl er den Voraussetzungen eines anderen, gleichartigen Verwaltungsakts genügt.

Die Vorschrift hat im Besteuerungsverfahren nur geringe Bedeutung erlangt.

 

Rz. 2

Die Vorschrift ist anwendbar auf alle fehlerhaften Verwaltungsakte, deren Fehler weder nach § 126 AO geheilt wurden noch nach § 127 AO unbeachtlich sind; auch nichtige Verwaltungsakte unterliegen der Umdeutung. Sie ist auf Steuerbescheide und sonstige Verwaltungsakte anwendbar. Nicht anwendbar ist die Vorschrift auf nicht bekanntgegebene Verwaltungsakte und auf Nichtakte.[1] Ebenfalls nicht anwendbar ist die Vorschrift auf fehlerfreie Verwaltungsakte; diese können nicht umgedeutet, sondern nur nach § 131 AO widerrufen werden.

Eine Umdeutung kommt nach der Rechtsprechung nur bei fehlerhaften Verwaltungsakten in Betracht, die von der Finanzverwaltung erlassen worden sind. Damit sind Steueranmeldungen, die wie eine Festsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung wirken, gleichgestellt.[2] Diese Auffassung überzeugt m. E. nicht. Wenn eine Steueranmeldung einer Festsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichgesetzt wird, muss dies auch für die Änderungsvorschriften bzw. die Umdeutung gem. § 128 AO gelten.

Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, der, abgesehen von nur unwesentlichen Unterschieden, die gleiche materiell-rechtliche Wirkung hat, wie sie der fehlerhafte Verwaltungsakt haben sollte, der von der Behörde, die den fehlerhaften Verwaltungsakt erlassen hat, in der gleichen Verfahrensweise und Form hätte erlassen werden können und dessen Voraussetzungen vorliegen.[3] Damit müssen für eine Umdeutung auch die örtlichen und sachlichen Zuständigkeitsvoraussetzungen vorliegen[4], sofern diese nicht unbeachtlich sind. Ein Bescheid über Aussetzung der Vollziehung kann z. B. in eine ­Stundungsverfügung umgedeutet werden.[5]

Der Verwaltungsakt, in den umgedeutet wird, muss in dem fehlerhaften Verwaltungsakt bereits "enthalten" sein; es dürfen zwischen beiden keine wesentlichen rechtlichen Unterschiede im persönlichen, sachlichen und zeitlichen Regelungsgehalt bestehen. Daher darf z. B. eine gebundene Entscheidung nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden (vgl. Abs. 3). Durch Umdeutung kann auch nicht der Rechtsnachfolger an die Stelle des verstorbenen Adressaten des Verwaltungsakts gesetzt werden.[6] Ebenso kann nicht durch Umdeutung eine andere Person als Stpfl. bestimmt werden.[7] Auch der Sachverhalt, bei Steuerbescheiden die Steuerart und der Besteuerungszeitraum dürfen nicht verändert werden. Ein Bescheid mit einem bestimmten Regelungsgehalt (Wertfortschreibung für eine bestehende wirtschaftliche Einheit) kann nicht in einen Bescheid mit einem anderen Regelungsgehalt (Nachfeststellung für eine neue wirtschaftliche Einheit) umgedeutet werden.[8] Möglich ist aber die Umdeutung eines als Erstbescheid erlassenen Verwaltungsakts in einen Änderungsbescheid, wenn übersehen worden war, dass bereits ein Erstbescheid ergangen war.[9]

 

Rz. 3

Kein Fall der Umdeutung liegt jedoch vor, wenn der Verwaltungsakt lediglich eine falsche Bezeichnung trägt (z. B. Haftungsbescheid statt Steuerbescheid), da eine falsche Bezeichnung den Verwaltungsakt grundsätzlich nicht fehlerhaft macht, wenn die tatsächliche Rechtsnatur des Verwaltungsakts eindeutig erkennbar ist.[10] Ebenfalls keine Umdeutung liegt vor, wenn der Verwaltungsakt ausgelegt oder eine Begründung nachgeschoben wird. Durch Auslegung wird der vorhandene Inhalt des Verwaltungsakts ermittelt, nicht aber ein anderer Verwaltungsakt an seine Stelle gesetzt. Auch eine Berichtigung des Verwaltungsakts nach §§ 119, 177 AO oder eine Änderung nach §§ 130, 131, 172ff. AO ist keine Umdeutung.

 

Rz. 4

Die Umdeutung ist in jedem Stadium des Verfahrens möglich. Sie kann auch im Gerichtsverfahren durch das FG oder den BFH erfolgen.[11]

 

Rz. 5

Abs. 2 enthält zwei wichtige Einschränkungen der Umdeutbarkeit (Konvertierbarkeit):

  • Der neue Verwaltungsakt darf für den Betroffenen nicht ungünstiger sein als der fehlerhafte. Sind die Rechtsfolgen für den Betroffenen zwar nicht ungünstiger, hätte die Behörde aber den anderen Verwaltungsakt erkennbar nicht erlassen, wenn sie die Fehlerhaftigkeit des alten Verwaltungsakts erkannt hätte, entfällt ebenfalls die Möglichkeit der Umdeutung.
  • Die zweite Einschränkung besteht darin, dass eine Umdeutung nicht möglich ist, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte. Es müssen bei sonstigen Verwaltungsakten also die Voraussetzungen des § 130 AO vorliegen. Bei Steuerbescheiden, bei denen § 130 AO nicht gilt, müssen die Voraussetz...

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