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Der Mangel nach Abs. 1 Nr. 1 kann unbegrenzt, d. h. noch im finanzgerichtlichen Verfahren, geheilt werden; die Heilung der übrigen Mängel ist nur bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens bzw., wenn kein Vorverfahren stattfindet, bis zur Erhebung der finanzgerichtlichen Klage zulässig.[1] Das Einspruchsverfahren ist abgeschlossen mit dem Wirksamwerden der Einspruchsentscheidung nach § 124 AO. Der Beteiligte soll spätestens zur Erhebung der Klage eine sichere Grundlage für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts haben, ohne dass eine spätere Heilung ihm den Boden für sein Rechtschutzbegehren entziehen kann.

Das bedeutet, dass eine Heilung durch Einspruchsentscheidung auch dann noch möglich ist, wenn Klage erhoben worden ist, ohne dass dadurch das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren beendet worden ist. Das ist bei der Untätigkeitsklage der Fall, da diese das Einspruchsverfahren nicht beendet, vielmehr trotz der Klageerhebung noch eine Einspruchsentscheidung ergehen muss. Damit liegt der Fall vor, dass die Heilung vor Abschluss des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens erfolgt ist; die Alternative, dass kein Einspruchsverfahren zu erfolgen habe, ist nicht gegeben.[2]

Wird dagegen Sprungklage erhoben, findet kein Einspruchsverfahren mehr statt; die Heilung ist dann nur bis zur Erhebung der Sprungklage zulässig. Den gesetzgeberischen Grund für die Einschränkung der Heilung der Mängel übersieht Rößler, DStZ/A 1978, 409, der meint, § 126 greife nur ein, wenn überhaupt keine Begründung gegeben werde (formeller Mangel), verhindere aber nicht das Nachschieben oder die Änderung von Gründen im Prozess (unrichtige Begründung als materieller Mangel). Abgesehen davon, dass diese Ansicht der gesetzgeberischen Absicht nicht gerecht wird, ist die Unterscheidung in materielle und formelle Mängel hinsichtlich der Begründung nicht haltbar. Der materielle Gehalt eines Verwaltungsakts, d. h. sein Regelungsgehalt, wird durch die fehlende oder falsche Begründung nicht berührt. Fehler in der Begründung sind immer formelle Fehler. Schließlich kennt § 126 AO, der i. V. m. § 121 AO zu sehen ist, nur eine erforderliche Begründung, d. h. eine Begründung, die zum Verständnis des Verwaltungsakts erforderlich ist. Hiervon ausgehend ist es ohne Bedeutung, ob die Begründung vollständig fehlt oder unrichtig ist; in beiden Fällen fehlt die zum Verständnis erforderliche Begründung.

Die Heilung kann auch in einer Einspruchsentscheidung erfolgen (z. B. Heilung des Fehlens der Begründung durch die Begründung der Einspruchsentscheidung), da der Verwaltungsakt nach § 44 Abs. 2 FGO in der Gestalt angefochten wird, die er durch die Einspruchsentscheidung erlangt hat.

Über den Wortlaut des § 126 AO hinaus gibt es keine zeitliche Grenze der Heilung. Eine Heilung von Verfahrens- und Formfehlern ist daher auch dann noch möglich, wenn sich der Verwaltungsakt materiellrechtlich bereits erledigt hat.[3] Von der Heilung nach § 126 Abs. 2 ist der Erlass eines neuen Verwaltungsakts zu unterscheiden, der auch noch im gerichtlichen Verfahren möglich ist.[4] Allerdings richten sich dann die Rechtswirkungen (z. B. Hemmung der Verjährung) nach dem Wirksamwerden des neuen Verwaltungsakts, nicht nach dem des alten, der aufgehoben wird.[5]

[1] Vgl. zum Nachschieben von Ermessensgesichtspunkten FG Baden-Württemberg v. 15.3.1978, V 242/73, EFG 1978, 474.
[3] A. A. FG Baden-Württemberg v. 8.3.1990, IV K 440/87, EFG 1990, 459.
[4] Vgl. § 132; § 68 FGO.
[5] Vgl. hierzu Ruppel, DStZ 1982, 272; Rößler, DStZ 1982, 428.

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