Rz. 2

Die erste Stufe der Wirksamkeit eines Verwaltungsakts besteht in den Regelungen, die zur Entstehung des Verwaltungsakts führen. Dies ist in § 124 AO nicht ausdrücklich geregelt, vielmehr setzt § 124 AO die Entstehung des Verwaltungsakts voraus. Aus § 124 AO kann man aber schließen, dass der Verwaltungsakt mit der Bekanntgabe entsteht.[1] "Entstehen" bedeutet, dass der Verwaltungsakt nicht mehr nur ein behördeninterner Vorgang (ein Entwurf) ist, sondern nach außen in Erscheinung getreten und daher in der Lage ist, Rechtswirkungen nach außen zu entfalten.[2] Dagegen ist mit dem Entstehen noch nicht verbunden, dass der Verwaltungsakt einer bestimmten Person gegenüber Rechtswirkungen entfaltet; das ist eine Frage der Wirksamkeit. Ein Verwaltungsakt ist entstanden, wenn er nur einem (von mehreren) Adressaten gegenüber bekannt gegeben worden ist[3]; die Wirksamkeit gegenüber einer bestimmten Person hängt davon ab, dass der Verwaltungsakt gerade dieser Person bekannt gegeben worden ist.

Soweit ein Verwaltungsakt nur einen Adressaten hat, wird das Entstehen mit der Wirksamkeit praktisch zusammenfallen; bei mehreren Adressaten können die beiden Zeitpunkte aber auseinanderfallen.

 

Rz. 3

Der Verwaltungsakt entsteht durch die Bekanntgabe an einen Adressaten.[4] Dafür ist Zugang bei dem Adressaten erforderlich. Der Verwaltungsakt entsteht daher nicht bereits mit Aufgabe des Verwaltungsakts zur Post.

Vor dem Entstehen liegt noch kein Verwaltungsakt vor. Das bedeutet, dass keine Bindung der Behörde oder des Adressaten eingetreten sein kann. Die Behörde kann den Inhalt des (beabsichtigten) Verwaltungsakts noch beliebig ändern oder auf den Erlass des Verwaltungsakts vollständig verzichten.[5]

 

Rz. 4

Der Zeitpunkt der Bekanntgabe, und damit der Wirksamkeitszeitpunkt, ist grundsätzlich der des Zugangs bei dem Empfänger (einschließlich des Bekanntgabeadressaten oder Empfangsbevollmächtigten). Vor diesem Zeitpunkt, d. h. dem Zeitpunkt, zu dem der Adressat von dem Inhalt Kenntnis nehmen kann[6], kann der Verwaltungsakt keine Wirkungen entfalten. Andere Zeitpunkte, so das Datum des Verwaltungsakts[7], die Zeichnung oder Absendung durch die Behörde oder die Aufgabe zur Post, führen allein nicht zur Wirksamkeit des Verwaltungsakts. Der Zeitpunkt, zu dem der Verwaltungsakt den Bereich der Behörde verlässt (Aufgabe zur Post), ist nur maßgebend für die Zugangsfiktion nach § 122 AO sowie für bestimmte Rechtswirkungen, die auf den Zeitpunkt der Aufgabe zur Post zurückverlegt werden, jedoch nur, wenn der Verwaltungsakt später tatsächlich äußerlich wirksam wird.[8] Dies führt aber nicht dazu, dass der Verwaltungsakt auf diesen Zeitpunkt auch entsteht.

 

Rz. 5

Voraussetzung des Eintritts der äußeren Wirksamkeit ist, dass überhaupt ein Verwaltungsakt vorliegt. Ist das nicht der Fall, d. h., liegt ein "Nichtakt" vor, stellt sich die Frage der äußeren und damit auch der inneren Wirksamkeit nicht. Ein Verwaltungsakt i. d. S. ist eine mit Anspruch auf Verbindlichkeit ausgestattete Entscheidung, die der Behörde zuzurechnen ist und die mit ihrem Willen in den Rechtsverkehr gelangt (Bekanntgabewille). Der Bekanntgabewille wird mit der letzten, abschließenden Zeichnung des Verwaltungsakts ausgeübt und wirkt fort bis zur Durchführung der Bekanntgabe.[9] Verwaltungsakt i. d. S. ist auch ein nichtiger Verwaltungsakt; er ist Verwaltungsakt, d. h. eine mit Anspruch auf Geltung erlassene Entscheidung der Behörde, wenn er auch wegen der schweren Fehlerhaftigkeit ohne Wirkungen bleibt.

Ein Nichtakt liegt vor, wenn die Entscheidung der Behörde nicht zuzurechnen ist (ein Dritter erlässt die Entscheidung unter der Bezeichnung der Behörde – Scheinverwaltungsakt), wenn ein Entwurf versehentlich (d. h. ohne Bekanntgabewillen der Behörde) in den Geschäftsgang gerät und bekannt gegeben wird[10], oder wenn das Schriftstück nicht von dem Willen der Behörde getragen wurde, eine Entscheidung mit Außenwirkung zu erlassen.[11]

 

Rz. 6

Der Finanzbehörde zuzurechnen sind Handlungen des Sachgebietsleiters und des Sachbearbeiters; wollten sie einen Verwaltungsakt dieses Inhalts nicht erlassen oder ihn nicht bekannt geben, liegt noch kein Verwaltungsakt vor.[12] Nicht entscheidend ist, ob das Schriftstück mit Willen der Postabsendestelle bekannt gegeben wird.

 

Rz. 7

Dafür, dass das bekannt gegebene Schriftstück kein Verwaltungsakt ist, weil es selbst oder die Bekanntgabe nicht vom Willen der Behörde getragen wird, ist die Behörde beweispflichtig. Sie kann sich dabei aller Beweismittel bedienen.[13]

Wollte der Beamte dagegen den Entwurf in den Geschäftsgang gelangen und bekannt geben lassen, liegt ein wirksamer Verwaltungsakt, kein Nichtakt vor, auch wenn sich der Beamte über Inhalt und Tragweite des Schriftstücks im Unklaren war. Die Wirkungen dieses Schriftstücks sind dann nach den Grundsätzen in Rz. 23 (Erklärungstheorie) zu bestimmen.[14]

 

Rz. 8

Ein Verwaltungsakt liegt auch dann vor mit der Folge, dass er innerlich und äußerlich wirksam werden kann, wenn ein Beamter unter Überschrei...

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