Rz. 4

Bekanntgabe bedeutet, dem Beteiligten, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Möglichkeit zu verschaffen, vom Inhalt des Verwaltungsakts Kenntnis zu nehmen.

Die Bekanntgabe ist Voraussetzung für die Wirksamkeit des Verwaltungsakts. Sie ist das Ergebnis des Bekanntgabevorgangs. Der Bekanntgabevorgang ist unterschiedlich ausgestaltet (einfache Bekanntgabe, öffentliche Bekanntgabe, Zustellung usw.). Er besteht z. B. bei der einfachen Bekanntgabe in der Aufgabe zur Post (zum Begriff der "Post" vgl. Rz. 153ff.) und dem Zugang, der u. U. nach § 122 Abs. 2 AO vermutet wird.

Die Bekanntgabegrundsätze gelten für alle Verwaltungsakte (Steuerbescheide, Haftungsbescheide, Prüfungsanordnung, Aufforderung zur Abgabe von Steuererklärungen, Androhung und Festsetzung von Zwangsgeldern usw.).

1.2.1 Bekanntgabe durch die zuständige Behörde

 

Rz. 5

Seitens des Bekanntgebenden setzt die Bekanntgabe voraus, dass die bekannt gebende Person willentlich alles getan hat, was nach Gesetz oder Verkehrsauffassung erforderlich ist, damit der Verwaltungsakt den Adressaten erreicht. Eine wirksame Bekanntgabe durch die Behörde setzt voraus, dass sie von dem zum Erlass des Verwaltungsakts befugten Beamten veranlasst wird. Ferner muss der zum Erlass des Verwaltungsakts befugte Beamte mit dem Willen zur Bekanntgabe des Verwaltungsakts gehandelt haben. Der Bekanntgabewille wird regelmäßig dadurch gebildet, dass der zeichnungsberechtigte Beamte den Verwaltungsakt abzeichnet und in den Geschäftsgang zur Poststelle zur Durchführung der Bekanntgabe gibt.[1]

An einer wirksamen Bekanntgabe fehlt es daher, wenn der Verwaltungsakt ohne oder gegen den Willen des zuständigen Beamten zur Post gegeben und dem Empfänger zugesandt wird (vgl. auch Rz. 7). Zuständiger Bearbeiter ist dabei der für die Steuerfestsetzung zuständige Beamte, also regelmäßig der Sachbearbeiter oder Sachgebietsleiter, nicht die Postabsendestelle.[2] Ist die Bekanntgabe von einer Person veranlasst worden, die nach ihrer Stellung nicht zum Erlass eines Verwaltungsakts befugt ist, ist die Bekanntgabe nicht durch die Behörde veranlasst und entfaltet daher keine Rechtswirkungen. Das gilt sowohl, wenn die Bekanntgabe ohne oder gegen den Willen der zum Erlass des Verwaltungsakts berechtigten Person durch eine behördliche Stelle, die in den Bekanntgabevorgang eingeschaltet ist, veranlasst ist[3], als auch, wenn die Bekanntgabe durch einen gänzlich Unbefugten (Pförtner, Putzfrau usw.) verursacht wird.

1.2.2 Nachträgliche Aufgabe des Bekanntgabewillens

 

Rz. 6

Der Bekanntgabewille muss während des ganzen Bekanntgabevorgangs bis zu dem Zeitpunkt bestehen, zu dem der Verwaltungsakt den Machtbereich der Behörde verlässt.[1] Hatte der zuständige Beamte ursprünglich den Bekanntgabewillen, hat er diesen aber vor Aufgabe des Verwaltungsakts zur Post oder der elektronischen Absendung aufgegeben, ist die Bekanntgabe grundsätzlich unwirksam, da sie nicht (mehr) vom Bekanntgabewillen der Behörde (des zuständigen Beamten) getragen wird.[2] Allerdings darf die Aufgabe des Bekanntgabewillens keine innere Tatsache des Beamten bleiben. Die Aufgabe des Bekanntgabewillens ist nur dann beachtlich, wenn sie sich in einer ausdrücklichen Aufhebung der Verfügung (Aktenvermerk o. Ä. vor Absendung des Verwaltungsakts) zum Erlass des Verwaltungsakts niederschlägt.[3]

 

Rz. 7

Wird der Bekanntgabewille nach dem maßgebenden Zeitpunkt der Aufgabe zur Post oder der elektronischen Absendung aufgegeben, ist dies grundsätzlich unbeachtlich, da sich der Verwaltungsakt dann nicht mehr in der Organisationsgewalt der Behörde befand, ihr entgegenstehender Wille also keine Geltung mehr erlangen konnte.[4] Auch in diesem Fall liegt aber keine wirksame Bekanntgabe vor, wenn dem Bekanntgabeempfänger vor oder gleichzeitig mit der Bekanntgabe von der Behörde mitgeteilt wird, der Bescheid solle nicht gelten[5] In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es sich bei der Zugangsfiktion gem. § 122 Abs. 2 AO um eine echte Zugangsfiktion und nicht um eine Zugangsvermutung handelt. Steuerlich wird der Zugang unabhängig von einem tatsächlichen früheren Zugang gem. § 122 Abs. 2 AO fingiert.[6] Da der Zugang eines zur Post aufgegebenen Verwaltungsakts daher nach drei Tagen erfolgt, kann innerhalb dieser Frist ein Widerruf erfolgen. Auch wenn der Bescheid dem Stpfl. nachweislich tatsächlich früher zugegangen ist, handelt es sich rechtlich um einen Widerruf vor Zugang.[7]

 

Rz. 8

Da es sich bei einem Verwaltungsakt um eine empfangsbedürftige Willensäußerung handelt, die erst mit Bekanntgabe Wirkung entfaltet, können ergänzend die Regelungen des BGB über empfangsbedürftige Willenserklärungen[8] herangezogen werden.[9] Für den Zugang ist insbesondere die Regelung des § 130 BGB von Bedeutung. Gem. § 130 Abs. 1 S. ...

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