Rz. 4

§ 12 AO definiert den Begriff der Betriebstätte, während in den Einzelsteuergesetzen die Rechtsfolgen bei Vorliegen einer Betriebstätte geregelt werden. In Einzelsteuergesetzen können auch Ergänzungen zum Begriff der Betriebstätte enthalten sein.[1]

Bei der Bedeutung des Begriffs der Betriebstätte ist zwischen nationalem und internationalem Steuerrecht zu unterscheiden; dies auch schon deshalb, weil im internationalen Steuerrecht häufig nicht die Definition des § 12 AO, sondern die des jeweiligen DBA anzuwenden ist.

 

Rz. 5

Im nationalen Steuerrecht hat der Begriff der Betriebstätte z. B. in folgenden Vorschriften Bedeutung:

  • § 6b Abs. 4 Nr. 2, 3 EStG: Die veräußerten und angeschafften bzw. hergestellten Wirtschaftsgüter müssen zu einer inländischen Betriebstätte gehören;
  • § 7g Abs. 2 Nr. 2 EStG: Verbleiben des Wirtschaftsguts in einer inländischen Betriebstätte;
  • § 38 EStG: Definition des inländischen Arbeitgebers (Unterhalten einer Betriebstätte);
  • § 2 Abs. 1 S. 3 GewStG: Der Begriff der Betriebstätte ist konstituierend für die GewSt;
  • § 9 Nr. 3 GewStG: Kürzung der Einkünfte einer ausländischen Betriebstätte;
  • § 2 Nr. 2 FördergebietG: Zugehörigkeit zu und Verbleiben in einer Betriebstätte im Fördergebiet;
  • § 2 InvZulG: Zugehörigkeit zu und Verbleiben in einer Betriebstätte im Fördergebiet;
  • § 3a UStG: Anknüpfungspunkt für den Ort der sonstigen Leistung;
  • §§ 18ff.: Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit;
  • §§ 138ff.: Anknüpfungspunkt für Anzeigepflichten.

    Auch im Rahmen des Investitionszulagenrechts ist auf die Betriebstättendefinition des § 12 AO abzustellen.[2]

 

Rz. 6

Im internationalen Steuerrecht hat der Begriff der Betriebstätte Bedeutung für die Einordnung als inländische oder ausländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb.[3] Bei Bestehen eines DBA verdrängt jedoch die materielle Definition der Betriebstätte in dem DBA die des § 12 AO.[4] Sofern es aber nicht um die materielle Definition geht, sondern z.B. an das Vorliegen einer Betriebstätte Compliance-Anforderungen gestellt werden[5], gilt auch bei Bestehen eines DBA die Definition nach nationalem Recht. Das DBA regelt keine Verfahrens- bzw. Anzeigepflichten.

Für die unbeschränkte Steuerpflicht hat diese Einordnung deshalb Bedeutung, weil bei Bestehen eines DBA Einkünfte aus einer im Ausland belegenen Betriebstätte regelmäßig von der inländischen Steuer freigestellt werden. Unabhängig von der Anwendung der Freistellungsmethode im Rahmen der Einkommen- oder Körperschaftssteuer sind für Gewerbesteuerzwecke die Einkünfte, die einer ausländischen Betriebstätte zuzuordnen sind, gem. § 9 Nr. 3 GewStG zu kürzen. Ist nicht die Freistellungsmethode anzuwenden, sondern die Anrechnungsmethode, kommt der Betriebstätte im Rahmen der Gewinnaufteilung zwischen Stammhaus und Betriebstätte entscheidende Bedeutung zu. Nach der Rechtsprechung des BFH[6] sind Einkünfte, die in Deutschland der Hinzurechnungsbesteuerung gem. § 7 ff. AStG unterliegen, im Rahmen der Gewerbesteuer wieder zu kürzen, wenn und soweit sie auf eine ausländische Betriebstätte entfallen. Dies gilt unabhängig davon, ob für ausländische Betriebstätten die Freistellungsmethode nach einem DBA Anwendung findet oder die Anrechnungsmethode. Für die beschränkte Steuerpflicht hat die Abgrenzung Bedeutung, weil nur Einkünfte aus im Inland belegenen Betriebstätten von der beschränkten Steuerpflicht erfasst werden, während Einkünfte aus im Ausland belegenen Betriebstätten im Inland nicht steuerbar sind. Dadurch wird die Zuordnung von Gewinnen (d. h. von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben) zu der Betriebstätte und die Abgrenzung von den Gewinnen anderer Betriebstätten und dem Stammhaus erforderlich.[7]

Dies gilt nicht nur für die Einnahmen und Ausgaben während des Bestehens einer Betriebstätte. Die Existenz einer Betriebstätte hat nachlaufende Wirkung. So sind Einnahmen und Ausgaben, die nach Beendigung der Betriebstätte entstehen, weiterhin der (dann fiktiven) Betriebstätte zuzuordnen.[8]

Ebenso sind nach Auffassung des BFH[9] zumindest Aufwendungen, die zur Begründung einer Betriebstätte aufgewendet werden, dieser Betriebstätte zuzuordnen. Dies soll nach der Auffassung des BFH auch gelten, wenn es gar nicht zu einer Betriebstättenbegründung kommt. Konsequenter Weise müsste dies auch für Erträge gelten, die bereits im Hinblick auf eine spätere Betriebstättengründung erzielt werden, auch wenn tatsächlich (noch) keine Betriebstätte vorliegt. Eine derartige Zuordnung von vorgelagerten Erträgen und Aufwendungen zu einer niemals bestehenden Betriebstätte ist m.E. systematisch nicht korrekt. Wenn es nicht zur tatsächlichen Begründung einer Betriebstätte kommt, kann dieser (nur fiktiv bestehenden) Betriebstätte auch kein Aufwand (und kein Ertrag) zugeordnet werden. Es fehlt insoweit an dem im internationalen Steuerrecht erforderlichen Zusammenhang zum Betriebstättenstaat. Eine Aufwandsaufteilung nur an Hand fiktiver Kriterien ist dem internationalen (deutschen) Steuerrecht unbekannt; es sind zur Ergebnisabgrenzung in §§ ...

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