Rz. 14

Das Prinzip der Amtshilfe nach Art. 35 GG kann nur für die Behörden, Gerichte usw. im Geltungsbereich des GG wirken. Wenn deshalb auch die zwischenstaatliche Amtshilfe nicht aus diesem Prinzip hergeleitet werden kann, sondern ihre Grundlage faktisch im gegenseitigen Interesse und in dem auch in den anderen Staaten vorhandenen Erfordernis einer Hilfe und rechtlich meist im Völkerrecht hat, sind auf diese Amtshilfe doch die Grundregeln des nationalen Amtshilferechts weitgehend übertragbar. Diese Grundregeln haben u. a. in den §§ 111ff. AO Ausdruck gefunden. Das Amtshilfeersuchen an eine ausländische Finanzverwaltung über Vorgänge, die dieser ohnehin bekannt sind oder von ihr erst ermittelt werden müssen, ist danach keine Befragung einer dritten Person, sondern die Bitte um den eventuellen Einsatz hoheitlicher Mittel zur Hilfe für die deutschen Finanzbehörden. Dasselbe gilt umgekehrt für die Amtshilfe der deutschen Finanzbehörden auf das Ersuchen einer ausländischen Finanzbehörde. Auch im nationalen Bereich wird das Amtshilfeersuchen nach § 111 AO scharf von der Forderung einer Auskunft nach § 93 AO bzw. Vorlage nach § 97 AO getrennt.[1] Das Gesetz musste daher in § 111 Abs. 5 AO ausdrücklich §§ 105, 106 AO für entsprechend anwendbar erklären.

 

Rz. 15

Da das Amtshilfeersuchen nicht das Auskunftsverlangen an einen Dritten darstellt, kann § 93 Abs. 1 S. 3 AO nicht unmittelbar gelten, demzufolge andere Personen als die Beteiligten erst dann zur Auskunft angehalten werden sollen, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.[2] Allerdings enthält § 93 Abs. 1 S. 3 AO einen allgemeinen Grundgedanken, der nach h. M. auch bei der Amtshilfe zu berücksichtigen ist. Dies gilt auch für die zwischenstaatliche Amtshilfe.[3] Einer Anwendung des § 93 Abs. 1 S. 3 AO bedarf es jedoch schon deswegen nicht, weil nur die erforderliche Amtshilfe verlangt und gewährt werden darf.[4] Solange eine Auskunft, Vorlage o. Ä. vom Stpfl. selbst oder auf sonstige Weise im Inland erlangt werden kann und durch das Vorgehen nicht irgendeine Gefahr für die Durchsetzung der Steuer hervorgerufen wird, ist ein Amtshilfeersuchen nicht zulässig. Dies gilt auch für Amtshilfeersuchen, die über die Grenze hinausgehen.

Beim zwischenstaatlichen Amtshilfeverkehr sind gegenüber der Amtshilfe im nationalen Bereich einige Besonderheiten zu beachten. Beim Austausch von Informationen, bei ihrer Beschaffung und Verwertung im nationalen Bereich spielt sich die Amtshilfe ausschließlich im Geltungsbereich der deutschen Gesetze ab. Ihre Einhaltung kann durch die deutschen Gerichte nachgeprüft werden. Geht der Informationsfluss über die Grenze hinaus in einen anderen Rechtskreis, so gilt dort ein anderes nationales Recht, das vielfach weit vom hiesigen abweicht und in seiner Anwendung vom Inland her häufig nicht vollständig erkannt werden kann. Die Informationen können dadurch eine völlig andere Bedeutung erlangen. Das gilt umso mehr, als das Steuerrecht in den Rechtskreisen beider oder aller betroffenen Staaten nur einen Teil des gesetzten Rechts in den betroffenen Staaten bildet. Bereits die für die Steuertatbestände maßgebenden Grundlagen des Zivil-, Handels- und Gesellschaftsrechts gehen weit auseinander.

 

Rz. 16

Die völkerrechtlichen Vereinbarungen und § 117 Abs. 3 AO engen aus genau diesem Grund der Erkennbarkeit des Rechts im anderen Rechtskreis und aus ähnlichen Gründen zum Schutz der Betroffenen den zwischenstaatlichen Amtshilfeverkehr durch das Aufstellen besonderer Voraussetzungen und die Anordnung eines besonderen Wegs für den Amtshilfeverkehr ein. Die Abwicklung des Amtshilfeverkehrs über das BMF nach Abs. 3 S. 2 und § 3 EUAHiG v. 26.6.2013[5] mit Wirkung ab 1.1.2013 bzw. § 1a Abs. 1 EGAmtshG vor dem 1.1.2013[6] dient dem gleichen Schutzgedanken. Dasselbe gilt weiterhin, obwohl das BMF die Zuständigkeit für die zwischenstaatliche Amtshilfe bei der Steuerfestsetzung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 5 FVG durch Erlass v. 20.6.2011[7] auf das Bundeszentralamt für Steuern übertragen hat[8] und weitere Übertragungsmöglichkeiten gem. § 3 EUAHiG[9] genutzt worden sind. Ausnahmsweise ist ein unmittelbarer Amtshilfeverkehr mit Österreich zwischen den Oberfinanzdirektionen oder ihren Nachfolgestellen einerseits und den österreichischen Finanzlandesdirektionen zugelassen. Durch die deutsch-österreichische Konsultationsvereinbarung v. 6.11.2013[10] wurde die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich des Informationsaustauschs in Steuersachen an die neue Rechtslage in der EU angepasst. Danach sind mit Wirkung v. 1.1.2013 für den Informationsaustausch in Steuersachen mit Österreich die Bestimmungen der EUAHiRL vorrangig gegenüber dem deutsch-österreichischen Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen v. 4.10.1954[11] und dem zwischen den Vertragsstaaten abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen v. 24.8.2000 (DBA-Österreich) i. d. F. des Änderungsprotokolls v. 29.12.2010 anzuwenden. Die Bestimmungen...

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