Rz. 18a

Im Falle der Insolvenz geht die Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter über. Damit einher geht die Geschäftsleitung dorthin über, von wo aus der Insolvenzverwalter die maßgebenden Entscheidungen trifft. Dies gilt auch schon bei der Bestellung eines vorläufigen starken Insolvenzverwalters. Ein ("starker") Insolvenzverwalter übt i. d. R. ebenso die Geschäftsleitung des Insolvenzunternehmens aus.[1] Bei einem "schwachen" Insolvenzverwalter ist dies dagegen nicht anzunehmen, da er allenfalls ein "Veto-Recht", aber kein Entscheidungsrecht hat.[2]

 

Rz. 18b

Eine "Zweckgesellschaft", die eine "Asset-Backed-Securities"-Tätigkeit entfaltet, verfügt über eine Geschäftsleitung beim "Originator", wenn dieser mangels personeller und sächlicher Ausstattung der Gesellschaft die Tagesgeschäfte selbst abwickelt.[3] Eine bloße Inkassotätigkeit des "Originators" wird insoweit i. d. R. nicht für die Annahme einer Geschäftsleitung genügen.[4]

 

Rz. 18c

Die Geschäftsleitung einer reinen Briefkastenfirma und bei vorgeschaltetem "Strohmann" befindet sich i. d. R. dort, von wo aus die hinter dem Unternehmen stehende Person die maßgebenden Entscheidungen trifft. Eine Basisgesellschaft liegt vor, wenn eine Kapitalgesellschaft in einem Niedrigsteuerland von einer Person errichtet oder beherrscht wird, die in einem Hochsteuerland ansässig ist, und sich die Tätigkeit der Gesellschaft überwiegend auf andere Staaten als den Sitzstaat erstreckt.[5] Eine ausländische Basis- oder Domizilgesellschaft setzt voraus, dass eine Geschäftsleitung im Inland fehlt. Sofern dagegen eine Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland[6] besteht, liegt somit keine Basisgesellschaft vor.[7]

 

Rz. 18d

Holdinggesellschaft: Die Verwaltung von Beteiligungen an anderen Gesellschaften beinhaltet i. d. R. nicht die Leitung der Geschäfte dieser Gesellschaften. Der Ort der Geschäftsleitung einer Holdinggesellschaft ist nur identisch mit der Geschäftsleitung der Beteiligungsgesellschaften, wenn (auch) deren laufende Geschäfte faktisch von den Verantwortlichen der Holdinggesellschaft geführt bzw. beeinflusst werden.[8] Der Ort der Geschäftsleitung der Holdinggesellschaft bestimmt sich wie bei anderen vermögensverwaltenden Gesellschaften danach, an welchem Ort die laufenden Kontrollen ausgeübt, die Beteiligungen verwaltet und die Steuererklärungen unterschrieben werden.[9]

 

Rz. 18e

Eine Koordinierungsniederlassung eines internationalen Konzerns. kann im Einzelfall die Geschäftsleitung der ihr unterstellten Gesellschaften innehaben, wenn diese (zumindest) überwiegend die für die Geschäftsführung nötigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit bestimmt.

 

Rz. 18f

"Outsourcing": Eine Verlagerung der Geschäftsführungsaufgaben auf eine "Management-Gesellschaft" kann zur Folge haben, dass der Ort der Geschäftsleitung des delegierenden Unternehmens sich dort befindet, wo die die "Management-Gesellschaft" leitenden Personen tätig werden. Dies gilt allerdings nicht, wenn faktisch das Schwergewicht der geschäftlichen Willensbildung weiterhin bei dem satzungsgemäßen Leitungsorgan des delegierenden Unternehmens liegt.[10] Ob die Einschaltung der "Management-Gesellschaft" erforderlich war, ist dabei irrelevant. Vielmehr ist die unternehmerische Entscheidung, hiermit einen Dritten zu beauftragen, – auch im Falle einer gesellschaftsrechtlichen Verflechtung – grundsätzlich anzuerkennen, wenn sie tatsächlich durchgeführt wird.[11]

 

Rz. 18g

Spaltgesellschaften (= rechtlich verselbstständigte inländische Restvermögen von im Sitzstaat entschädigungslos enteigneten ausländischen Gesellschaften) haben ihre Geschäftsleitung grds. dort, von wo aus das Restvermögen verwaltet wird.[12] Bei Bestellung eines Abwesenheitspflegers für das Restvermögen im Inland liegt die Geschäftsleitung der Spaltgesellschaft allerdings nur dann im Inland, wenn sich der Wirkungsbereich des Pflegers auf alle Staaten erstreckt, in denen die Gesellschaft nicht nur geringfügiges Vermögen hat.[13]

[1] Buciek, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 10 AO Rz. 17.
[3] Schmidt/Dammer, IStR 2001, 1 f.
[4] Einzelfallabhängige Entscheidung; Buciek, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 10 AO Rz. 35; Koenig/Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 10 Rz. 10; a. A. Witzani BB 2000, 2125.
[5] Koenig/Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 10 Rz. 10.
[8] Birk, in HHSp, AO/FGO, § 10 AO Rz. 20; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 10 AO Rz. 11.
[9] Rz. 8.
[10] Buciek, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 10 AO Rz. 35.
[11] Buciek, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 10 AO Rz. 35.
[12] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 10 AO Rz. 3.
[13] BFH v. 1.3.1966, I 13, 14/65, BStBl III 1966, 207.

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